Bukarest 2025: Stadterkundung mit Musik

Ihr Lieben,

zu Beginn eine Korrektur. Viele (danke dafür) wiesen mich darauf hin, dass das mit dem Bollerwagen und den Vätern ja schon vor ein paar Wochen war. Sie haben natürlich recht, ich blicke bei den vielen Feiertagen nicht mehr durch… 🤣

Und es geht vorerst mit gestern weiter: Die Metro fährt leider nachts nicht so lange, daher musste ich spätabends noch ein wenig durch die Stadt irren, um den Nachtbus zu finden. Dabei lief ich an der Universität vorbei (sehr schön beleuchtet) und hatte ein bisschen Bukarest-bei-Nacht-Feeling. Leider stieg ich dann zu früh aus und musste noch einen dreiviertel Kilometer durch dunkle Gassen irren. Aber die Anzeige im Bus war ausgefallen und ich hatte mich wohl mit den Haltestellen verzählt.

Gestern Abend traf ich übrigens noch zwei Bamberger, die saßen, während ich am Nachbartisch das Tagebuch schrieb, auch im Grill. Als ich ging, konnte ich es mir nicht verkneifen, sie anzusprechen. „Immer diese Deutschen, man kann ihnen nicht entkommen!“. Wir haben dann noch kurz geplaudert, einer von beiden hat sogar in Köln studiert. Die Welt ist klein.

Nun aber das fast wichtigste an jedem Urlaub: Wie war das Frühstück? Ich sachma so… äh… nun ja. Nehmt die rechte der beiden Kaffeemaschinen, der Kaffee ist deutlich wärmer. Und die Tomaten waren gar nicht schlecht.

Um viertel vor 10 musste ich mich am Treffpunkt für den Stadtrundgang einfinden. Den hatte ich schon von zuhause aus gebucht. Aus den vorgesehenen zweieinhalb Stunden wurden mehr als drei, weil wir ein gebrechliches Pärchen dabei hatten, die aber ganz tapfer die ganze Tour bis zum Ende mitliefen. Mir tat nur der Guide leid, der natürlich die Wartepausen irgendwie füllen musste. Aber umso mehr Informationen bekamen wir natürlich; über das Ceaușescu-Regime und die Revolution von 1989, über die Monarchie, überhaupt die Geschichte des Landes. Leider wurde mein ganzes Weltbild über Dracula zunichte gemacht. Vlad, der Pfähler, lebte gar nicht in Transsilvanien, er war aus Süd- Rumänien und an der Stadtgründung von Bukarest nicht ganz unbeteiligt. Insgesamt kann man sagen, dass die Geschichte Rumäniens sehr wechselhaft und interessant ist, es lohnt sich, mehr darüber zu lesen und sich zu informieren.

Der Rundgang selbst startete an der St. Anton-Kirche, der Krönungskirche der Rumänen, obwohl relativ klein, und setzte sich über die Karawanserei Hanul lui Manuc, wo 1812 der Friede von Bukarest geschlossen wurde, fort. Wir sahen Reste der alten Festung, das Kloster Stavropoleos, den architektonischen Stilmix aus Österreich-Ungarn, Paris, sozialistische Brutalismus, postrevolutionärem Wildwuchs in der Altstadt. Es gibt einen Sanierungs- und Renovierungsstau, nicht nur aus Geldmangel heraus, sondern, weil Arbeitskräfte fehlen. Die haben sich quasi alle in den glitzernden Westen verpieselt.

Wir liefen durch schöne Passagen bzw. an solchen vorbei bis zum Platz der Revolution. Hier begann auf dem Balkon der kommunistischen Parteizentrale der Anfang vom Ende von Ceaușescu. Ich war damals 23 Jahre alt und habe die Bilder noch vor Augen. Es wurde ja alles im rumänischen Staatsfernsehen live übertragen, die Ansprache Ceaușescus sollte die Massen eigentlich beruhigen. Wie wir wissen, trat das Gegenteil ein. Das waren wüste Tage! Eine pfeilförmige Stele erinnert an die vielen Opfer der Revolution. Am Platz befinden sich außerdem der ehemalige königliche Palast, der heute diverse Museen beherbergt, das Athenäum, der berühmte Konzertsaal von Bukarest, die Universitätsbibliothek mit der imposanten Reiterstatue von Karol I von Rumänien, sowie diverse andere Statuen und Gebäude von geschichtlicher Bedeutung. Das Revolutionsmonument steht auf einem aus Holzstämmen gebildeten Kreuz und wird von zwei Wänden flankiert, auf denen die Namen der Toten vom Dezember 1989 eingraviert sind.

Wir liefen dann durch zwei schöne Parks, um am Palast des Volkes unsere Tour zu beenden. Hier wurde 1984 in Windeseile ohne Vorankündigung (zur Vermeidung von Protesten) ein gesamtes Stadtviertel platt gemacht, um Ceaușescus Megalomanieträume zu verwirklichen. Außer dem Palast gehörten dazu die umliegenden Gebäude, der Prachtboulevard, die Springbrunnen. Man schätzt, dass 20.000 Menschen von jetzt auf gleich ihr Heim verloren. Der Palast ist nach dem Pentagon das zweitgrößte und es ist zudem auch das schwerste Gebäude der Welt. Donald Trump wollte es nach der Revolution kaufen, Rupert Murdoch war auch interessiert. Michael Jackson wurde auf den Balkon geladen und rief hinaus in die Welt, wie sehr er sich freue in Budapest zu sein. Der Tourguide: „Das war den Menschen egal, sie wollten ihn singen hören und nicht seine Geographiekenntnisse testen.“ Es war wirklich eine sehr informative und sehr kurzweilige Tour. Kann ich jedem nur empfehlen.

Während unseres Spaziergangs empfahl Alex, der Guide, uns ein bestimmtes Restaurant. Es gehört zu den ältesten und angesehensten in Bukarest. Man könne dort sehr preiswert zu Mittag essen. Ich kehrte dort ein, ein preiswertes Mittagsmenü gab es allerdings nicht, dafür habe ich aber ein hervorragendes Steak mit Crevetten auf Spargel mit Kartoffelpüree gegessen. Zu einem alten und angesehenen Preis, wie ich formulieren möchte. Aber für deutsche Verhältnisse fast ein Schnapper!

Ich besorgte noch Knabberkram und Wein fürs Hotelzimmer, das erwies sich als ein wenig aufwändiger als gedacht. In einem Laden wollte man meine Kreditkarte nicht akzeptieren (also das Gerät wollte das nicht), Bargeld hatte ich nicht in ausreichender Menge, in einem zweiten Laden verdoppelte sich auf einmal der Weinpreis, man verstand aber meinen Protest nicht, und erst im dritten Geschäft konnte ich meine Einkäufe erstehen und bezahlen. Ich zog mich für eine einstündige Siesta auf das Zimmer zurück, ich war schon beginnend fußlahm, zudem wollte ich noch duschen, um das Parkett des Athenäums nicht mehr als unbedingt nötig zu odorieren.

Kleines Intermezzo: Ich freue mich ja immer riesig, wenn ich schlauer bin, als Google. Heute morgen wollte mich Maps um 7 Uhr losziehen lassen, damit ich nach 5 Umstiegen gegen 10 Uhr an der Antonskirche ankäme. Ich benötigte durch inzwischen erworbene Ortskenntnisse 35 Minuten ohne Umstieg. Zum Athenäum sollte ich mit drei Buswechseln eine Stunde brauchen. Ich schaffte es mit einem Umstieg in knapp 25 Minuten. Ich hege einen Verdacht: Da sitzt ja niemand in Mountain View und studiert Landkarten und Fahrpläne und überträgt das dann. Ich denke, die Daten werden aus Nutzerverhalten generiert. Sibille und Günther aus Iserlohn möchten in Bukarest von A nach B, sie laufen aber über X, Y und Z. Sie benutzen dabei ihr Google-Handy. Hui, denkt der Algorithmus: Sooo also kommt man dahin. Und ich soll das dann nachmachen. Verschwörungstheoretischer Teil beendet.

Das Ateneul Român, wie das Konzerthaus auf rumänisch heißt, ist 1888 fertiggestellt worden und eine wirkliche Perle, außen wie innen. Heute spielte dort das Philharmonische Orchester George Enescu unter der Leitung von Courtney Lewis Beethovens D-Dur-Konzert für Geige, als Solistin Alena Baeva, und die Enigma-Variationen von Edward Elgar.

Das war seeeehr schön! Das D-Dur ist sowieso mein Lieblingsviolinkonzert von Beethoven (Schenkelklopfer!) und die Enigma-Variationen kannte ich noch nicht, sie gefielen mir aber sehr gut. Das Orchester ist Weltklasse. Mit was für einer krassen Dynamik die da spielten. Die Geigerin muss auch gut gewesen sein, denn das Publikum tobte. Scherz beiseite: Ich konnte mich nicht mit allen Kadenzen anfreunden, aber dass sie arg was drauf hatte, merkte man schon.

Ich steuerte nach dem Konzert „The Vault“ an, eine Bar, die im Luxushotel „Marmorosch“ im Keller zu finden ist. Das Hotel war früher ein Bankhaus und die Bar ist im großen Tresor untergebracht. Die Schließfächer, die riesige Tresortür, alles ist noch da. Es waren allerdings nicht die horrenden Cocktail-Preise, die mich wieder vertrieben, sondern der hämmernde Techno-Sound, der mit 180 Dezibel aus den Lautsprechern knallte. Aber witzig ist das schon.

Ich nahm noch ein Bier im Lipscani-Viertel und machte mich auf den Heimweg. Am Gara de Nord kaufte ich in einer Bäckerei noch Blätterteigteilchen, die aß ich auf dem Zimmer. Sie kamen leider nicht an die von Sarajevo heran, das hätte den Tag perf… ach Quatsch, der Tag war perfekt! Tierisch viel gesehen, gut unterhalten worden, Wein im Hotelkühlschrank. Aber ich bin jetzt auch irgendwie ein kleines bisschen erschöpft. Weiß gar nicht, warum.

Gleich schaue ich noch nach, was ich morgen so treibe (lange schlafen steht schon auf der Tanzkarte!). Treibt Ihr mit?

Liebe Grüße auf Bukarest, Euer

Es gibt wunderbare Cafés und Bars hier!

Bukarest 2025: Anreise und erster Eindruck

Ihr Lieben,

es ist zur Abwechslung auch mal ganz angenehm, NICHT um 4 Uhr früh zum Flieger oder Zug zu müssen, heute ging es erst um 15:30 Uhr in Düsseldorf los. Wenn einem dabei auch eigentlich ein Tag vor Ort flöten geht. Aber so konnte ich gemütlich zuhause noch Pflanzen gießen, Kaffee trinken, in Ruhe packen, um dann doch gegen 11 Uhr 3o panisch zu werden: WAS, WENN DIE DEUTSCHE BAHN MAL WIEDER VERKACKT???

Der Flughafen in Bukarest ist nach dem rumänischen Physiker und Aerodynamiker Henri Coandă benannt. Das finde ich mal ziemlich sinnvoll, hat es doch mit Fliegerei zu tun. Den Namen „Konrad Adenauer“ für Köln-Bonn fand ich auch schon mal schlimmer als jetzt. Düsseldorf hat seinen Flughafen nach dem berühmtesten Kind der Stadt ben….. ähh… also äh… er heißt Düsseldorf. Immerhin wurde er im Jahr 2013 von Düsseldorf International zu Düsseldorf Airport DUS umbenannt. Hey, wenn Euch im Düsseldorfer Rathaus niemand einfällt, was haltet Ihr denn von Gerrys-Welt-Port?

Auf jeden Fall war meine Sorge unbegründet, die Bahn kam heute pünktlich, auch wenn sie sehr voll war (alles Gute zum Vatertag an alle, die es betrifft), die Sicherheitskontrolle war verwaist und ich war viel zu früh am Gate. Den Bollerwagen mit den Bierfässern durfte ich leider nicht mit durch die Sicherheitskontrolle nehmen.

Im Flieger hatte ich wieder den Nachbarsitz frei, das scheint langsam zur Regel zu werden. Aber ich will mich nicht beklagen, denn das ist ja sehr schön! Aber es war alles andere als ein ruhiger Flug. Die beiden Reihen vor mir waren durch eine Horde junger Männer besetzt, die schon angezwitschert an Bord kamen, und sich vorgenommen hatten, die Getränketrolleys komplett leerzusaufen. Achtung, Spoiler: sie schafften es! Daher wurden sie auch immer ausgelassener. Puh! Wahrscheinlich ein Junggesellenabschied! Auch das scheint mich zu verfolgen.

Vom Flughafen aus fährt ein Zug zum Gara de Nord wo sich mein Hotel befindet. Leider hatte ich einen um gerade mal zwei Minuten verpasst, so musste ich 40 Minuten warten. Das war nur mäßig schön, denn die Bahnhofshalle ist ein in praller Sonne stehender, gewächshausartiger Bau. Die Dame am Schalter hatte nicht genug Kleingeld, um mir auf mein normales Ticket herauszugeben, so einigten wir uns darauf, dass ich für vier Lei mehr in der 1. Klasse fahre. Es heißt dann übrigens 1 Leu, mehrere Lei und der Währungscode ist RON. Umrechnen ist simpel, man muss einfach alles durch 5 teilen.

Der Zug zuckelte unglaublich langsam durch die Pampa, stand ewig am Bahnhof Mogoşoaia (hatte der Zugführer hier noch Abendbrot?), wir brauchten deutlich länger als angegeben. Teilweise fährt der Zug aber auch mitten durch Gebüsch. Abenteuerlich.

Das Hotel ist wirklich sehr nah am Bahnhof und einfach zu finden, der Check-in war unkompliziert, das Zimmer ist großzügig bemessen und mehr als okay für seine 2 Sterne. Ich schmiss meine Plünnen in die Ecke und machte mich sofort auf zur Metrostation, wo ich ein Wochenticket erstand, denn das kostete genauso viel wie eine 10er-Karte. Mein erstes Ziel war das Ausgehviertel Lipscani, ich hatte bisserl Bierdurst. Auf dem Weg nahm ich aber noch einen ersten Blick auf den Palast des Volkes, die Nationalkathedrale und das Kloster Stavropoleos mit.

Auch einen ersten Gesamteindruck konnte ich auf diesem Spaziergang gewinnen. Man spricht von Bukarest oft als dem Paris des Ostens. Es ist auf jeden Fall so, wie ich es mir vorstellte, und doch ganz anders. Es gibt, insbesondere um den Nordbahnhof herum, einige verfallene Gebäude, einige Ecken erfüllen vollkommen das Ostblock-Klischee, aber je weiter man in die Innenstadt dringt, desto parisischer wird es, ja, tatsächlich. Breite Boulevards, bekuppelte Palais, neoklassizistische und historistische Prachtbauten. Eine Pseudo-Seine, die Dâmbovița, gibt es ebenso, wie hier und da kleine Parks. Ich muss jetzt natürlich zugeben, dass ein nur zweistündiger Spaziergang keinesfalls ein abschließendes Bild vermitteln kann, da verspreche ich mir viel von dem bereits gebuchten Stadtspaziergang.

Im Lipscani einen ruhigen Platz zu finden, ist sehr schwierig. Die Gastronomen kakophonieren um die Wette. Ich aß dann fast schon am Ausgang des Viertels in einem Grill, es standen rumänische Würste auf der Karte. Ich bekam dann so etwas wie überwürzte Cevapcici und die Fritten trauerten mit mir und ließen sich sehr hängen. Na, was erwarte ich von einem Touri-Viertel? Das Bier war aber lecker.

So, das waren die ersten Momente Bukarest, ich weiß, viel Anfahrt, wenig Bukarest. Morgen gibt es dann mehr von letzterem. Erkundet Ihr die Stadt mit mir zusammen? Ich würde mich sehr freuen!

Liebe Grüße, Euer

P.S.: Der Pariser Eindruck wird durch die Legionen von Akkordeonisten verstärkt, die das Viertel terrorisieren.

Sympathische Menschen, diese Bukarester…

Bukarest 2025: Prolog

Ihr Lieben,

bekanntermaßen habe ich ja seit einiger Zeit Osteuropa für mich entdeckt. Die bisherigen Annäherungsversuche waren in der Regel auch außerordentlich positiv: Albanien, Bosnien, Montenegro (das schon vor 11 Jahren), Ungarn (vor über 40 Jahren), Köln-Dellbrück (vor 30 Jahren eine kurze Amour Fou). Ich beschloss, weitere Orte für mich zu entdecken. So werde ich im September eine größere Balkanrundreise machen. Über Fronleichnam und den Brückentag geht es jetzt aber erst einmal nach Bukarest. Da der Hinflug am frühen Nachmittag und der Rückflug mittags sind, habe ich eigentlich nur effektiv 2 Tage, die ich dort sein werde. Aber ich glaube, für einen mehr als nur oberflächlichen Eindruck könnte das ausreichen. Ihr kennt ja inzwischen mein Reisetempo.

Für den Vormittag des ersten ganzen Tages habe ich schon frühzeitig einen geführten Stadtspaziergang gebucht, am einem Abend bin ich dann in der Konzerthalle Athenäum, wo die Staatsphilharmonie „George Enescu“ ihre Heimstatt hat. Alles andere lasse ich mal auf mich zukommen. Insgesamt war ich überrascht, dass die Sehenswürdigkeiten eher überschaubar zu sein scheinen. Tagesausflug zum Schloss Dracula? Wie das z.B. für Immobilienmakler Jonathan Harker ausging, wissen wir ja aus der Popkultur. Also, eher nö.

Mein Hotel ist in Sektor 1, am Gara de Nord. Ich denke mal, da habe ich gute Anbindungen. Bezahlt wird in Lei, ich meine aber gelesen zu haben, dass der Euro in Rumänien bald eingeführt werden soll. Dennoch: Für mich heißt es wieder umrechnen, kalkulieren, und am Ende doch mit massenweise exotischer Devisen heimzukehren. Ich habe übrigens inzwischen ein Währungs-Sammelalbum angelegt und fühle mich großartig nerdig dabei! Was habe ich früher Briefmarkensammler belächelt.

Ihr Lieben, am Donnerstagabend gibt es die ersten, wahrscheinlich eher kurzen Eindrücke. Wie immer freue ich mich über Eure Begleitung! Wenn ich mal nichts von mir lesen lasse, liegt es wahrscheinlich eher an technischen Problemen, als daran, dass ich mich in Ceaușescus größenwahnsinnigem neoklassizistischem Palast von 1984 verirrte, wo ich fürderhin mit gleichgesinnten Touristen jahrelang den Ausgang suche und wir uns von den Kekskrümeln in unseren Rucksäcken ernähren. Und das ohne W-LAN!!!

Ich freue mich auf unser Wiederlesen am Donnerstagabend! Euer

P.S.: Das Beitragsbild ist erneut KI-generiert und ich habe keinen Dunst, ob das eine einigermaßen realistische Stadtsilhouette darstellt.

P.P.S.: Ach, und Kühlschrankmagneten… So gesehen: Briefmarken können ja ab und zu mal was wert sein.

Alicante 2025 – Tag 3

Ihr Lieben,

den ganzen Abend (und die Nacht) spielten die Musikgruppen des Entrada-Spektakels noch, die Trachtenträgerinnen und – träger liefen an meinem Balkon vorbei. Die Stadt vibrierte vor guter Laune. Ich schaute und hörte mir das eine Weile an, aber selbst um Mitternacht war es noch drückend schwül und heiß auf dem Balkönchen, so dass ich mich ins klimatisierte Zimmer zurückzog, die Stadt ausschloss und Morpheus‘ Ruf Folge leistete. Mit Stöpseln natürlich, alles andere hätte nicht funktioniert. Sonst hätte ich nämlich aus ganz anderen Gründen vibriert.

In der Hoffnung auf einen etwas heißeren Kaffee suchte ich mir heute früh ein anderes Restaurant für mein Frühstück aus. Der Kaffee war dann auch 3 Grad wärmer. Hier muss man ein wenig aufpassen, denn in der Karte steht das Frühstück mit 4,30 €, aber das ist das Wochenangebot, am Sonntag zahlt man dann 7,50 €. Immer schön das Kleingedruckte lesen! Dennoch preiswert.

Meine Kollegin C. war sehr angetan von meinen Fotos aus dem mexikanischen Laden und fragte nach, ob ich ihr vielleicht eine Schädel-Tasse mitbringen könne. Daher lief ich nach dem Frühstück erst einmal dorthin. Leider hat das Geschäft sonntags geschlossen. Auf dem Rückweg zur Pension legte ich an der angeblich berühmten Heladería Borgonesse einen Zwischenstopp ein und gönnte mir zwei Kugeln Eis in der Waffel. Eine wirklich saudumme Idee! Das Eis schmolz wie… na ja, wie Eis in der Sonne. Mit Mühe und Not schaffte ich es, mich nicht komplett einzusauen, musste aber auf knapp die Hälfte des Eises dann verzichten. Tipp: bei Temperaturen nahe dem Schmelzpunkt besser ein Becherchen nehmen. Ach, und das Fazit: Joah, ganz okay. Das Haus mit der Eisdiele war übrigens das erste in Alicante mit einem modernen Aufzug.

Ich packte meine wenigen Habseligkeiten, brachte das Köfferchen im Locker-Room unter und verabschiedete mich von der wirklich herzlichen Rezeptionistin, die mir noch alle Türcodes aufschrieb, damit ich später meinen Koffer auch wieder abholen konnte.

Das Eis schmolz ja in wenigen Sekunden, Ihr könnt Euch also vorstellen, wie heiß es schon am frühen Morgen wieder war. Was tun?, sprach Zeus. Ich entschied mich erneut für einen Museumsbesuch. Es traf das MARQ, el Museo Arqueológico de Alicante, wo zur Zeit die Ausstellung „Ciudades de Luz“ läuft. In einem sehr schönen Gebäude untergebracht, eine sehr schöne ständige sowie eine interessante temporäre Ausstellung und das Allerwichtigste: herrlich klimatisiert! Ich hätte das Museum auch zu Fuß erreichen können, gönnte mir aber eine U-Bahn-Karte, denn auch der ÖPNV hier ist klimatisiert. Unverschämte 3 Euro Eintritt knöpfte man mir ab! Das gibt einen bösen Brief an Königs. Hier ein paar Impressionen aus dem Museum (übrigens 2002 von Königin Sofia eröffnet und 2004 zum europäischen Museum des Jahres gewählt):

Nach etwa anderthalb Stunden war ich mit der Besichtigung fertig. Es galt nun, eine kühle Beschäftigung bis zur Abreise zu finden. Ich besuchte erst einmal das Museumscafé, googelte ein bisschen und entschied mich dann für etwas völlig beklopptes: Ich fuhr mit der Straßenbahn, die entsprechende Linie hielt am Museum, nach Benidorm. Ein wirklich bemerkenswert blöder Entschluss? Nicht wirklich. Benidorm ist zwar auf den ersten Blick ganz furchtbar (größte Hochhausdichte pro Einwohner weltweit!), auf den zweiten Blick aber offenbart sich die ganze Hässlichkeit. Naja, es sollte aber eine einigermaßen nette Altstadt geben und ich verbrachte immerhin fast 3 Stunden in der klimatisierten Bahn mit teilweise schönen Aussichten auf die Costa Blanca.

Die schöne Altstadt ist absolut überschaubar. Sie besteht aus einer Handvoll Häuser, zwei Kirchen und einer Aussichtsplattform, Mirador del Castell genannt. Also, ich habe mich für Euch geopfert, Ihr müsste jetzt nicht mehr hin. 🙂 Interessanterweise wird Benidorm aber auch in letzter Zeit mit Preisen überhäuft, da die Stadtverwaltung viele Projekte zur Nachhaltigkeit umsetzt.

Auf der Rückfahrt (übrigens nur 4,60 Euro hin und zurück!!!) fing es dann kurz vor Valencia an, zu regnen. Kurz glaubte ich, das brächte vielleicht Erfrischung… *hysterisches Gegacker*

Nun wurde es aber Zeit, zum Flughafen zu kommen. Fast hätte ich vergessen, Kühlschrank-Magneten zu kaufen. Ich hatte Freitag wunderschöne gesehen, die Dame, die sie handmalte, war aber am Samstag nicht mehr an der gleichen Stelle an der Esplanade. Dann sah ich heute früh auf dem Weg zur Eisdiele ganz nette, fand den Laden aber nicht mehr wieder. Ich holte dann welche am Kiosk in der Nähe der Pension. Profitipp: Sofort zuschlagen, wenn Ihr denkt, es wird nicht mehr besser! Ich leistete mir auch noch eine „HOLA!“, die Zeitschrift für Menschen, die ich nicht kenne über Menschen, die ich nicht kenne. Aber ganz hilfreich, um sein Spanisch aufzupolieren.

Das Gepäck war schnell eingesammelt, die Fahrt zum Flughafen klappte perfekt (halbleerer Bus, wie schön!), die Sicherheitskontrolle war ein Klacks. Ich aß in der Flughafenpizzeria, wo ich jetzt noch bei einem Bier sitze und auf das Boarding warte. Im Moment ist ein pünktlicher Abflug angekündigt und sogar eine um ein paar Minuten zu frühe Ankunft in Köln.

Ich hoffe, Ihr habt ein bisschen Spaß beim virtuellen Mitreisen gehabt, ich habe mich auf jeden Fall über Eure Begleitung gefreut. Es gibt auch keine große Atempause, am Donnerstag geht es nach Bukarest. Seid Ihr auch so gespannt?

Liebe Grüße, Euer

P.S.: Die Pension ist schon klasse, aber nächstes Mal mit Balkon Und eigenem Bad. Hier mein badloses Zimmerchen:

P.P.S.: Jetzt doch 20 Minuten Verspätung… Darauf noch eine Anna…

Alicante 2025 – Tag 2

Ihr Lieben,

so eine Pension mitten in der Altstadt hat schon etwas besonderes. Etwas besonders lautes. Sowohl von der Straße als auch aus dem innersten, quasi dem Gedärm des Hauses heraus, so hellhörig ist das hier. Aber das hatte ich geahnt und meine Ohrwunderstöpsel eingepackt. Frühstück gibt es hier ja keins, ich hätte Gutscheine für ein Café in der Nähe ordern können, das hatte ich im Eifer des Gefechts beim Check-in leider vergessen.

Ich suchte mir ein Café drei Häuser weiter, nahm einen halben Liter des gleichlautenden Getränks zu mir, zusammen mit einem Rührei auf Brot, beides leider nur lauwarm, das ist hier so üblich, kehrte zurück zu Pension, machte mich stadtfein… Oh, eine Zwischenfrage aus dem Parkett!? Ungeduscht ins Café? Yep! Erst Kaffee, dann stadtfein! Wie denn sonst? So ging ich auch der Bad-Prügelei aus dem Weg. Wo war ich?… also, machte mich stadtfein und lief zum Zentralmarkt.

Ich liebe Märkte. Aber das ist ja inzwischen hinreichend bekannt. Der Mercado Central in Alicante ist in einer Halle Baujahr 1921 untergebracht, aber er ist bis weit unter die Plaza 25 de Mayo unterkellert. Oben gibt es hauptsächlich Fleisch und Wurst, unten Fisch und Gemüse. Was diese Markthalle von vielen unterscheidet ist, dass es viel weniger Verzehrstände gibt, wo man Austern schlürfen oder Cava trinken kann. Sie ist eben deutlich untouristischer als z.B. der Mercado de San Miguel in Madrid. Allerdings auch nicht so charmant. Aber wenn ich hier lebte, ich wäre jeden Tag im Mercado Central!

Auf der Plaza, deren Name an die über 300 Opfer eines 1938 erfolgten Bombenangriffs während des Spanischen Bürgerkriegs erinnert, die aber auch Plaza de Flores, Platz der Blumen, genannt wird, trank ich dann zwischen lauter Einheimischen einen Cafetito. Zwei Tische weiter saß eine Gruppe, die unter Gitarrenbegleitung lauthals sang und die der Padron verscheuchen wollte, was ihm aber nicht recht gelang, denn irgendwer aus der Runde bestellte dann doch noch irgendeine Kleinigkeit. Für die restlichen Besucher war das ein schönes Spektakel, zumal die kleine Gruppe musikalisch richtig was drauf hatte!

Es war schon um 11 Uhr brütend heiß und schwül, so lief ich in der Hoffnung auf eine leichte Brise zum Meer hinunter. Ich hoffte zwar umsonst, konnte aber eine Menge schöner, neuer Eindrücke gewinnen. Es gibt über die ganze Innenstadt verstreut Kunstwerke, zauberhafte kleine Parks, funktionierende Springbrunnen (Hallo Köln! ) und eine Menge großartiger Häuser zu bestaunen. Allerdings auch mit einigen Bausünden dazwischen. Dazu das Meer, der Yachthafen, Palmen und Pflanzen und blühende Büsche, sowie die mediterrane Lebensart. Alicante scheint auch ein Magnet für Junggesell:innenabschiede zu sein, man kann keine 100 Meter gehen, ohne auf eine ausgelassene Truppe Jungs oder Mädels zu treffen, die lautstark die angehende Braut, den angehenden Bräutigam feiern.

Die Pension verfügt über eine ausgezeichnete Klimaanlage, und so zog ich mich für eine kleine Siesta dorthin zurück, bevor ich mich zum Museum für zeitgenössische Kunst begab. Wie auch das Museum der schönen Künste liegt das MACA (Museo de Arte Contemporáneo de Alicante) nur einen Steinwurf entfernt von der Pension, deren Lage wirklich einzigartig ist. Auch hier ist der Eintritt frei! Also im Museum, nicht in der Pension. Die Zahl der Ausstellungsstücke über vier Etagen ist einigermaßen überschaubar, aber durchaus sehenswert. Wie auch das MUBAG verfügt das MACA über sehr großzügige Räume.

Zwei Kunstwerke haben es mir heute besonders angetan, denn sie befinden sich direkt nebeneinander und sind gerade unglaublich aktuell, obwohl sie aus den 60er und 70er Jahren stammen. Absicht der Kuratoren?

Grenzüberschreitung, Juan Genovés, 1965
Die Verhaftung II, Rafael Canogar, 1972

Auf meiner Straßenkarte aus der Pension hatte die Rezeptionistin auch die nicht historische Innenstadt eingekreist, die ich im Anschluss an das Museum besuchte. Ich fände dort auch noch preiswerte, ursprüngliche Restaurants. Es war leider nicht viel los dort, und auch viele der Restaurants hatten geschlossen. Auf dem Weg dorthin kreuzte ich die Rambla, auf der man fleißig dabei war, Tausende von Plastikstühlen aufzustellen. Ich fragte nach dem Grund und erhielt die Auskunft, man starte in die zweiwöchigen Fiestas der „Hogueras de Alicante“, die am 24. Juni ihren Höhepunkt in den Johannisfeuern fänden, bei denen kunstvolle Pappmache-Figuren verbrannt werden. Es beginnt mit der sogenannten Entrada de las Bandas, bei denen sich die traditionell gewandeten, mehr als 170 Gruppen vorstellen, die bei den Umzügen während der Festwoche mitmachen. Gut, so hatte ich schon eine Abendaktivität für heute.

Vorher lief ich – wie gesagt – noch ein bisschen durch die Neustadt, die allerdings sehr unspektakulär ist, und setzte mich anschließend auf ein Bier in einen kleinen Park, wo sich, da alle Tische besetzt waren, zwei Bosnier zu mir gesellten, die natürlich völlig begeistert waren, dass ich kürzlich in Sarajewo und Mostar war; was sie nicht verstanden, dass ich Banja Luka nicht besucht hatte, wo die beiden herkamen. Da müsse ich ja wohl mal hin. Die beiden waren Teil einer 18-köpfigen Junggesellenabschiedstruppe und einer von beiden wirkte auch sichtlich angeschlagen. Sie orderten erst mal Bier für sich und mich und bezahlten auch sofort mein vorheriges. Da musste ich mich natürlich revanchieren. So wankte ich dann schon leicht angezwitschert zum Festival. Politik mussten wir übrigens frühzeitig aus dem Gespräch ausklammern. Beide sehr jung, beide absolute Putin- und Vučić-Versteher und beide resistent gegen meine Argumente. Ist die Jugend von heute irgendwie verloren? Der Krieg auf dem Balkan sei vorbei, sie mögen nicht darüber sprechen. Es sei Geschichte. Immerhin schätzten sie mich auf nur 50 Jahre.

Vor der Parade eilte ich noch schnell in die Pension, um mich frisch zu machen und entdeckte auf dem Weg einen Laden, der sich der mexikanischen Kultur verschrieben hatte. Frida Kahlo war sehr präsent, aber auch kleine Kunstwerke, die an den Día de los Muertes erinnern sollten. Ich war ganz hingerissen! Und kaufte mal wieder eine Skulptur. Ich muss vor meinem Tod noch dafür sorgen, dass all der schöne Kitsch an Liebhaber kommt und nicht durch den Nachwuchs in die Tonne gekloppt wird. Wäre doch zu schade. Das Bild mit Frida Kahlo als Engel hätte ich auch gerne gekauft. Aber wie transportieren? Und wo hinhängen? Möchte jemand vielleicht eine „Sammlung Gerry“ fördern und ein Gebäude bereitstellen?

Die Parade war dann sehr, sehr nett. Schöne Trachten, alle Beteiligten waren mit Begeisterung und Stolz dabei. Die Entrada scheint eine sehr große Sache zu sein, jede Gruppe hatte ihre Schönheitsköniginnen und – prinzessinnen, die alle namentlich vorgestellt wurden. Fast wie Opernball hier. Die Musikgruppen spielten auf unglaublich hohem Niveau, das scheint eine Frage der Ehre zu sein. Denn sorry, die Karnevalsschrammler bei unseren Umzügen vergreifen sich ja auch mal mächtig im Ton, sozusagen.

Irgendwann, so etwa nach der 30. Gruppe, hatte ich dann aber eine Trachtenüberdosis. Da rettete auch die Mucke nichts mehr. Ich begab mich zu Tisch in der Touristenmeile. Ich fragte in einem Restaurant an, ob ich nicht auch Paella für eine Person bekommen könne. Nee, das ginge ja mal gar nicht. Der Einheizer ein Restaurant weiter hörte das und erwies sich als deutlich geschäftstüchtiger. Siéntate aquí, klar geht das hier. Mayor 20 hieß der Schuppen und war deutlich schlechter besucht als die umliegenden Futtertröge. Hm. Die Sorge war unberechtigt.

Ich hatte Zamburiñas, eine Unterart der Kammmuscheln, als Vorspeise, die waren schon mal perfekt! Die Paella de Mariscos war okay, ich glaube aber, ich bekomme sie fast besser hin. Wenn auch nur ein kleines bisschen. Zum Abschluss wählte ich Flan casera, die war der Hammer! Sooo lecker!

Ich saß ziemlich gut, denn durch eine Seitenstraße hatte ich immer noch Blick auf den Umzug und die volle Dröhnung flotter Marschmusik. Die Trachtler, die schon durch waren, liefen dann die Calle Mayor entlang an meinem Tisch vorbei, so hatte ich Gelegenheit, mir die wirklich aufwendigen Kleidungsstücke aus der Nähe anzusehen.

Ihr konntet ja schon auf Fotos sehen, wie beengt die Gassen durch die Restauranttische sind. Plötzlich rannten Rettungssanitäter, laut rufend, an uns vorbei, Passanten zur Seite schubsend. Da muss man erst einmal drüber nachdenken, da kommt ja keine Ambulanz mehr durch. Hier möchte ich dann doch bitte keinen Notfall erleiden.

Zwei Blumenverkäufer trafen sich dann auf Höhe meines Tisches und ich musste bei der Vorstellung kichern, dass sie versuchten, sich gegenseitig zu einer Rose zu überreden. Aber man kannte sich wohl einfach nur.

Also, das war wieder ein proppevoller Tag, aber auch extrem schön! Fast bin ich versucht, in 14 Tagen zum Johannisfeuer wieder herzukommen, aber da bin ich schon in Berlin (da freue ich mich auch schon drauf!). Was schrieb ich vorgestern? Mal den zweiten Blick abwarten. Alicante ist immer noch sehr anders als die anderen mir bekannten spanischen Städte, aber es hat dann doch seine eigene, gewinnende Art. Vor allem Foodies und Party-People kommen hier voll auf ihre Kosten!

Morgen habe ich noch fast einen ganzen Tag. Den werde ich auch voll auskosten. Ich hoffe, Ihr kostet mit.

Liebe Grüße, Euer

Verdad! Stickerei auf meinem XS-Bademantel.
Ja, der Bürgermeister ist mein Schwager, woher wissen Sie das?

Alicante 2025 – Tag 1

Ihr Lieben,

Weltreisenden wird das Leben echt schwer gemacht. Dauernd müssen sie früh aufstehen, um irgendein Transportmittel zu bekommen. Wie meinen? Ach, das Mitleid hält sich in Grenzen? Püh. Mit Euch rede ich doch gar nicht…

Egal, jedenfalls war ich um 7 Uhr früh am Flughafen Konrad Adenauer (der heute ja fast als linksgrünversifft gelten würde, aber das nur nebenbei). Vor ein oder zwei Reisen fiel mir da mal ein gesonderter Zugang zur Sicherheitskontrolle auf. Zutritt nur mit QR-Code, hieß es da. Hm. Gestern Abend googelte ich dann mal „Zutritt Security CGN“ und fand eine Seite, auf der man kostenfrei ein Zeitfensterchen für einen gesonderten Zugang erhalten konnte. Kostenfrei. Umsonst! GRATIS!!! Ja, wo gibt es denn sowas? Das Fensterlein buchte ich mir. CGN Gateway heißt der Service.

Ob es wirklich etwas bringt? Na ja, man erspart sich das Herummäandern durch die Absperrbänder, von denen ich glaube, dass sie sowieso nur installiert werden, damit das Sicherheitspersonal etwas zu lachen hat. Am Ende landet man bei einer Priority Lane, bei der die Schlange aber genauso lang ist, wie bei allen anderen Checkpoints.

Am Flughafen stach denn wieder besonders die Malle-Fraktion hervor, die grölend Dutzende Biere orderten und mit ihren Bluetooth-Lautsprechern die Abflughalle mit gar seltwürdigen Liedern (?) beschallte. In einem Song am Nachbartisch im Café ging es (wie wahrscheinlich in allen anderen auch) um saufen, saufen, saufen. Zwischendurch das T-Wort sowie das F-Wort. Die, die sich auf bitten und schicken reimen. Nervig. Immerhin, als ich anmerkte, dass das in der Lautstärke nicht jedermanns Geschmack sei, machte man die Musik aus. Was beweist, dass Sauftouristen gut erzogen sind und ich ein grantiger, alter, missmutiger Mann, der nie Spaß hatte und ihn deswegen allen verbieten will.

Quotengetränk zur Ablenkung.

Der Flug war ganz angenehm, ich hatte Beinfreiheit und einen Nachbarsitz frei, nur Angelino-Thorben-Waterblossom vor mir störte die Harmonie durch ununterbrochenes, hysterisches Gekreische etwas. Der Flughafenbus fährt dann in Alicante etwa alle 15 Minuten ins Zentrum, war aber immer hoffnungslos überfüllt; ich musste zwei Busse abwarten, bis ich zusteigen konnte.

Ich war natürlich viel zu früh in der Stadt, um mein Zimmer beziehen zu können, aber ich konnte schon einchecken und den Großteil meines Gepäcks an der Rezeption lassen. Die Rezeptionistin war super freundlich und erklärte mir ganz Alicante auf einer Straßenkarte, die ich dann behalten durfte.

Mein erster Spaziergang führte mich zum Aufzug, der Besucher zum Santa Barbara-Kastell hinaufbringt. Man muss gegebenenfalls ein wenig Geduld mitbringen, nicht viele Menschen passen in den Aufzug und die Schlange davor ist nicht kurz. Das Gelände des Castillo ist riesengroß, man kann dort wunderbar ein, zwei Stunden verbringen, hat einen prima Ausblick auf Stadt und Meer und für das leibliche Wohl ist auch gesorgt. Ich sag mal Prösterken, woll?! Aber ich lief natürlich auch rum. Übrigens, so nebenbei… bringt es eigentlich Glück, wenn eine Möwe auf einen draufsch…?Frage für einen Freund.

Beim Hochkommen war die Schlange zum Lift abwärts schon ellenlang, daher entschloss ich mich, den Fußweg zurück in die Stadt zu nehmen. Das war eine sehr weise Entscheidung, denn man kommt über Treppen und Fußwege automatisch in den oberen Teil des casco antiguo, der historischen Altstadt, und die ist einfach wunderschön. Wunder-, wunder-, wunderschön!!

Ich kehrte auf halber Höhe für einen Teller Muscheln und Pan con Tomate ein und begann mein Tagebuch. Es ist übrigens sehr diesig oder saharastaubig hier (kann das nicht genau sagen), recht bewölkt, aber knalleheiß und schwül. Dazu die Möwenscheiße. Ach nee, das war ja ein Freund… Ich werde also um die exzessive Mitnutzung des Gemeinschaftsbads nicht drumrumkommen.

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Ich lief noch ein bisschen durch das Altstadtviertel, bog zum Meer ab und flanierte die Esplanade entlang. Mein allererster Eindruck von Alicante war, dass es in anderen spanischen Städten schon schöner ist. Insbesondere, weil es nah am Strand wirklich von Touristen wimmelt, von denen auch noch einige halbnackt durch die Gegend laufen, aber auch, weil Alicante auf den ersten Blick nicht in einem so historischen Gewand daherkommt, wie z.B. Barcelona oder Sevilla, und auch nicht diesen unmittelbaren Charme versprüht. Ab dem Besuch der Burg taute ich dann aber auf. Es gibt schon merkliche Unterschiede zu den anderen Städten, z.B. ist in Barcelona ja in jeder Mauerritze ein Souvenirladen untergebracht. Hier ist deutlich weniger Kitsch, dafür mehr Völlerei. Jede zweite Straße ist eine Restaurantmeile. Mal sehen, ob sich der Eindruck auf den zweiten Blick verfestigt.

In der Pension gibt es eine Kühl-/Gefrierkombination für vier Zimmer, das Gemeinschaftsbad teilen sich zwei Zimmer. Ich machte mich also an meine Einkäufe, überfiel einen Carrefour, kaufte Wein und Kekse sowie Wasser und eilte zur Pension zurück, denn ein dringendes menschliches Bedürfnis hatte mich ereilt. Was für ein Drama, als ich feststellen musste, dass meine Mitnutzerinnen das Bad für zwei exzessive Duschorgien okkupiert hatten. Ich verstaute meine Einkäufe und rannte wie ein Wilder zum nächstgelegenen Restaurant. Ich mache es kurz, die Blase ist gottseidank nicht geplatzt.

Jetzt war erst einmal Siesta auf dem Balkon angesagt. Nun, Balkönchen trifft es eher. Ich schaue direkt auf die Außenmauer der Kathedrale, aber das ist jetzt unspektakulärer, als es klingt. Ältere spanische Sakralbauten in den Innenstädten haben ja oft einen eher profanen Charakter. Als die Damen porentief rein waren, machte ich mich dann endlich frisch und zu einem weiteren kleinen Rundgang durch das Viertel auf. Bei meinem hin und her im viel zu kleinen rosa Bademantel schaffte ich es nicht ein einziges Mal, den Flur zu queren, ohne dass mich jemand sah. Tipp: NIEMALS Gemeinschaftsbad auf der anderen Seite des Zimmers! Profitipp: GAR KEIN Gemeinschaftsbad!

Es war immer noch heiß und schwül, warum sollte es sich auch geändert haben, und so beschloss ich nach einem sehr kleinen, aber anstrengenden Rundgang, das Museo de las Bellas Artes Alicante zu besuchen. Liebe Kölner Museen, hier hat man bis 20 Uhr geöffnet, hier ist der Eintritt frei (!!!) und dennoch wartet man mit einer herausragenden Ausstellung auf. Ein wirklich schönes Museum! Fotografieren war nicht erwünscht, daher gibt es keine Bilder.

Ich schaute mir noch die Basilika Santa Maria und die Kathedrale des heiligen Nikolaus von Bari an. Für die Basilika reichte es nur für Außen, denn man wollte 6 Euro Eintritt, dabei war sie nur noch 10 Minuten geöffnet. Die Kathedrale ist eigentlich recht schmucklos, aber dafür, dass sie im Stadtbild eigentlich untergeht, weist sie ein erstaunlich großes Inneres auf. Die Kuppel erinnert ein winzig kleines bisschen an die des römischen Pantheons. Kerzen gab es nur elektronisch, erleuchtet gegen Münzeinwurf. Irgendwie habe ich dann keine Lust dazu, dabei bin ich wahrlich – und das als Atheist – ein Kerzenanzünder vor dem Herrn (man verzeihe mir diesen billigen Witz).

Es wurde Zeit für la cena. Das Abendbrot. Ich erwähnte es bereits, manche Straßen sind eine einzige Fressmeile. Es ist schwer zu beurteilen, wo es gut ist. Daher entschied ich mich für ein Restaurant namens „Gut Essen“. Natürlich auf spanisch, „Buen Comer“. Nur, um diesen Scherz machen zu können. Und das Essen war völlig okay. Der Kellner schloß mich sofort ins Herz, wie alle anderen Gäste übrigens auch, meine Paella Valencia konnte ich nicht bestellen (gab es erst ab 2 Personen) und so nahm ich mit Kalbsragout und Oktopusbein vorlieb. Das arme Ding ist jetzt maximal nur noch ein Eptapus.

Am Nachbartisch nahm ein älteres britisches Ehepaar Platz, er suchte sofort Kontakt. Sie hatten in den 60ern in Deutschland gelebt, sprachen aber kein Wort Deutsch. Ihr Sohn wurde in Aißerlönn geboren. Bis ich da hinterkam, was die meinten! Als die Rede auf „Immigrationsprobleme“ kam, verdeutlichte ich meine Meinung dazu und der Gesprächsbedarf der beiden sank rapide. Sachma, sehe ich aus wie ein Höcke, also wie ein Vollarsch? Sie selbst schwiegen sich den Rest des Essens dann an. Naja.

Die Rechnung war dann touristisch angemessen, aber im Vergleich zu den Tourihotspots bei uns sind die Preise noch mehr als akzeptabel. Ich eierte Richtung Heimat. Die Stadt war inzwischen brechend voll. Tipp: Tut nicht so, als wärt Ihr Spanier und geht erst um 9 Uhr abends essen, denn dann findet Ihr keinen Tisch mehr. Geht, wie zuhause um sieben / halb acht. Da kämpft man noch um Euch als Gast.

Ja, das war dann mal der erste Tag. Ich fand es ziemlich nett, es könnte halt etwas weniger schwül sein. Aber es gibt gut was zu sehen, die Stadt ist insbesondere im Zentrum sehenswert, die Menschen sind schlichtweg freundlich und gelassen und aufgeschlossen. Wobei ich feststellen musste, dass englischsprechende Menschen hier einen Tacken schlechter behandelt werden als Franzosen, Skandinavier und Deutsche. Der Abendkellner sprach mich zuerst auf deutsch an, dann parlierten wir en español. Die Briten neben mir verstand er angeblich nicht. Ich übersetzte und er zwinkerte mir zu. Ist das immer noch ein Ding mit der Armada?

So, ich freue mich über alle, die mich heute begleitet haben/nachträglich begleitet haben werden und ich hoffe, Ihr seid morgen auch dabei, wenn es wieder den Run auf das Badezimmer gibt. Auf dem Plan steht unter anderem der Zentralmarkt! Yummie!

Tantos saludos de Alicante y muchos besos de

So sehen Selfies aus, mithilfe derer man nach Möwenhinterlassenschaften auf dem Kopf sucht…
Ich wurde durchschaut!

Alicante 2025: Der Prolog

Ihr Lieben,

bei Aldi kaufte ich kürzlich Gutscheine für Blind Booking bei Eurowings, nur um festzustellen, dass sie gar nicht das gesamte Spektrum des „normalen“ Blind-booking-Angebotes umfassen. Es stehen nur eine Handvoll Ziele zur Verfügung und man kann sehr schnell erraten, wohin es denn dann geht. Zudem ist die – auch sonst übliche – Einschränkung von max. vier Wochen Vorlauf gegeben, und als ich dann eine Woche im Juli für Entspannungsurlaub verreisen wollte, war kein Flug in dem Zeitraum verfügbar. Tolle Wurst. Was also mit den Gutscheinen machen? Na, benutzen. So kommt es, dass der Onkel Gerry schon wieder op jück ist, diesmal halt nach Alicante. Für knapp 60 Stunden.

Das Ziel konnte man wie gesagt vorausahnen, was ich versäumte, war vorher die Hotelpreise zu checken. Leisten konnte ich mir bei erster Recherche ein Bett in einem gemischten Schlafsaal mit 16 Betten oder ein Zimmer bei einem privaten Gastgeber mit der Bewertung 2,1/10 bei 67 Bewertungen. Schudder! Beides geht ja gar nicht! Schlussendlich wurde ich aber fündig. Eine Pension wartete mit zentraler Lage auf, mit 8,7 Punkten, allerdings mit Gemeinschaftsbadnutzung. Grmpft. Augen zu und durch. Ich habe ja immer Desinfektionstücher im Gepäck und kann auch mal zwei Tage ohne Duschen und Baden auskommen. In Alicante kennt mich ja gottseidank niemand. Aber bevor Ihr Euch jetzt mit Grausen abwendet: Katzenwäsche ist natürlich drin!

Heute musste ich noch nach Braunschweig, von wo ich erst gegen 21.30 Uhr wieder zuhause ankam. Da hieß es schnell packen, online einchecken und den Wecker auf 5:30 Uhr stellen, denn der Flieger geht gegen halb 9. Vorteil, ich habe fast den ganzen Freitag, und der Rückflug am Sonntag ist so spät, dass ich auch den fast komplett in Alicante verbringen kann.

Also, ab morgen dann wieder spanisches Küstenflair, geplant ist nichts, vorbereitet bin ich auch eher unterdurchschnittlich. Aber genug zu sehen und erleben gibt es, so viel weiß ich schon, M. war schon einmal da und gab mir Tipps. Wie immer würde ich mich über Begleitung freuen. Wenn Ihr abends mal nichts von mir hört, wird das eher an technischen Problemen liegen, als daran, dass ich mich in den malerischen Altstadtgässchen verirrt habe, wo ich mich von nun an als Bänkelsänger von Tapasbar zu Tapasbar hangele, um meinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Liebe Grüße, Euer

P.S.: In Braunschweig frühstückte ich mit einem waschechten Ritter. Er war aber sehr schweigsam. Gottseidank war mein Kollege C. gesprächiger. Mit dem war ich abends vorher auch indisch essen. Draußen auf einer Terrasse. War lecker!

P.P.S.: Und ich hatte im Hotel einen Duschvorhang bei einer Duschwanne von 60x60cm. Sorry noch einmal für die Überschwemmung, aber das geht ja nun auch GAAAR NICHT!

P.P.P.S.: Das Vorschaubild ist KI-generiert, weiß gar nicht, ob es in Alicante so aussieht 🙂

In der Pfingstnachtsbäckerei

Ihr Lieben,

ich muss mal wieder rumschnipseln. Denn es gab inzwischen so einige Treffen und Ereignisse. Beruflich habe ich neue Möbellieferanten kennengelernt, da mussten eine Kollegin und ich mal im Showroom vorbeischauen. Wir haben ja schon ein hohes Budget für Bürostühle (der Rücken soll geliebkost werden), aber nach oben gibt es wirklich kaum Grenzen. Naja, vierstellig muss jetzt nicht sein, aber man sollte sich auch nicht über Rückenschmerzen wundern, wenn man sich für Zuhause das Modell Rükkgrådløs eines Möbelgiganten für 99 Euro leistet.

Wir haben in Poll einen schwul-lesbischen Stammtisch, ich schrieb bestimmt schon einmal darüber. Der soll theoretisch jeden ersten Dienstag im Monat sein, nur muss sich irgendwer um die Tischreservierung kümmern. Problem ist, dass manchmal zehn Personen zusagen und dann 30 kommen, oder 15 zusagen und dann nur fünf kommen. Es ist eine etwas unzuverlässige Bande. Daher kümmert sich niemand gerne darum. Für mich zusätzlich ein Problem: ich bin wegen meines Weggangs von Meta gar nicht mehr in der entsprechenden WhatsApp-Gruppe. H. oder D. informieren mich dann, ob Stammtisch ist. Diesen Dienstag war keiner, aber ich traf mich dann dennoch mit H. und seinem Mann A., meinen lieben Nachbarn drei Straßen weiter, und F. vom Stammtisch stieß auch noch zu uns. Wir hatten einen schönen lauen Sommerabend in der Rheinlust. Schöner Ort für meinen 60. vielleicht?

Doppelkopftermine sind schwer zu finden, wie eigentlich fast alle Termine. Nachdem wir in einer der zwei Gruppen, in denen ich aus Termingründen übrigens kaum noch spiele, wieder erfolglos gefühlte 100 Daten geprüft hatten, schlug ich P. und A. vor, doch dann, weil wir drei ja konnten (für DOKO werden vier gebraucht!), einfach stattdessen mal essen zu gehen. So landeten wir Freitag in einem österreichischen Restaurant, dessen Preise teilweise dem Alpengipfel-Niveau nahe kamen. Aber es war aus meiner Sicht auch alles ziemlich gut. Das Schnitzel war nahezu perfekt, der Wein („Wiener Gemischter Satz“) super.

Am Samstag kam dann unsere Kaffeeklatschrunde zu mir, inklusive aller Nichten und Neffen. Da musste ich natürlich auffahren, Teile der Verwandtschaft zeigen bekanntermaßen einen großen Appetit. Ich bereitete am Donnerstag schon Pudding vor und pappte wieder eine Pfirsich-Joghurt-Torte zusammen, Samstag baute ich dann Tarteletts mit Pudding und Roter Grütze und buk noch Mandelschnitten, das Rezept leicht variiert. Das war ein sehr schöner Nachmittag! Den Rest des Pfingstwochenendes habe ich, fast schäme ich mich, nur herumgefaulenzt. Und das mit der Scham war schamlos gelogen!

Eigentlich wäre ich Samstag noch auf eine Grillparty gegangen, aber das Wetter ließ das nicht zu, so lud der Gastgeber verständlicherweise wieder aus. Die Gruppe wechselte in ein Restaurant in Porz, da klinkte ich mich dann aber wegen leichter Erschöpfungserscheinungen aus.

Dienstag musste ich zum Zahnarzt, 3D-Röntgenaufnahmen machen, um zu sehen, ob die Behandlung wie geplant weiter fortgeführt werden kann. Zu meiner großen Freude zeigten die Aufnahmen, dass zwar sehr dicht an das Kieferknochenende herangebohrt wurde, es aber scheinbar immer noch eine Deckungsschicht gibt und nach Plan vorgegangen werden könnte. „Die Entscheidung liegt bei Ihnen…!“. Da ich inzwischen beschwerdefrei bin, habe ich zugestimmt.

Abends dann traf sich unsere Kulturtruppe, diesmal aber tatsächlich mit einem kleinen Kulturteil und in Minimalbesetzung. Ruth hatte einen anstrengenden Tag und so war ich mit Monika alleine unterwegs. Wir besuchten die artothek, wo zur Zeit die Ausstellung „Objects in the Mirror“ läuft. Ich war noch nie in der artothek. Eigentlich kann man da Gemälde gegen Gebühr ausleihen und die Wände seiner Firma so mit wechselnder Kunst ausstatten, andererseits ist die artothek Teil der städtischen Museen. Bisschen verwirrend. Eintritt ist auf jeden Fall immer frei und – nach einem Blick in die Ausstellungskataloge vor Ort – oft mit überraschend interessanten Ausstellungen verbunden. Die „Objects“ waren jetzt sehr überschaubar, die Fotografien haben uns gut gefallen, die Gemälde trafen unseren Geschmack nicht so; mir blieb auch verschlossen, was sie aussagen sollten/wollten. Aber Newslettereintrag ist erfolgt, ich war nicht zum letzten Mal dort. Übrigens muss man klingeln und ist möglicherweise alleine dort. Nicht das Schlimmste, was einem widerfahren kann.

Anschließend stürmten wir das Brauhaus Peters, das unglaublich gut besucht war. Wenn man genau hinhörte: Alles Touristen! Wir hatten ja eigentlich einen Dreiertisch angefragt, und so konnten wir nicht nein sagen, als gefragt wurde, ob sich eine Touristin zu uns setzten könne. Sie war kanadische Dozentin für Wirtschaft an einer neuseeländischen Schule und in Raucher- und Toilettenpausen haben wir nett geplaudert (neinneinnein, ich rauche immer noch nicht!). Sie hat kürzlich fast die gleiche Mekong-Reise wie ich gemacht. Leute, Ihr könnt sagen, was Ihr wollt, aber Reisende sind nett zueinander und kommen immer gut ins Gespräch. Der Köbes hingegen war sehr ungnädig mit mir und entsprach seiner ihm historisch und touristisch auferlegten Rolle nahezu bilderbuchhaft. Wir trennten uns dennoch mit Rückenschlag und einem Lächeln. Monika genoss diese Fopperei auf meine Kosten übrigens sehr!

Morgen muss ich beruflich mal wieder nach Braunschweig, ein Kollege fährt mit, da macht das abends zumindest alles ein bisschen mehr Spaß. Ein Tisch beim Inder ist reserviert. Nächstes Wochenende geht es spontan nach Alicante. Wieso, erzähle ich dann sehr bald. Hab halt nicht mehr alle Sparren im Gebälk. Darauf am Donnerstag schon nach Bukarest, ich muss mich noch ein bisschen schlau machen, was sowohl da wie auch dort abgeht. 🙂

Liebe Grüße, bis bald, Euer

P.S.: Spargelzeit, ich machte mal wieder eine Quiche am Pfingstmontag. Aber diesmal mit Schinken, Hefeteig und etwas anderer Ei-Masse. Yummie!

Barcelona 2025, Tag 4: Gerry geht ins Kloster

Ihr Lieben,

heute wollte ich mal völlig unanstrengende und unschwitzige Dinge unternehmen, ich musste ja ein bisschen Rücksicht auf die Mitfliegenden am Abend nehmen. Beim Durchblättern des Internets stieß ich auf „völlig untouristisch“ und „selbst im Hochsommer kühl“ und so war das Real Monasterio de Santa María de Pedralbes, das in zwei Jahren seinen 700. Geburtstag begehen kann, mein erstes Ausflugsziel für heute. Die Fahrt dahin war allerdings schon wieder schweißtreibend, da ich an der Plaça Catalunya umsteigen musste. Wer die kennt, weiß was ich meine… So ein Durcheinander und Gewusel.

Von der Endhaltestelle der L6, Sarrià, fährt eine Linie L12, die aus nur zwei Stationen besteht, nämlich der Sarrià und der Reina Elisenda. Zwischen denen fährt der Zug hin und her. Ist eine Stelle als Zugführer hier eine Strafe oder ein Glück? Mir würde es wohl gefallen. Schön unaufregend. Die beiden Linien musste ich jedenfalls bemühen.

Die Klosteranlage ist sehr groß und einen Ausflug wert. Zu meiner großen Freude war zudem, warum auch immer, der Eintritt heute frei. Die Kirche an sich ist etwas schmucklos und dunkel, aber das angrenzende Kloster (Achtung, anderer Eingang) ist mit seinem mehrstöckigen Kreuzgang und vielen Ausstellungssälen absolut sehenswert. Es gab eine kleine Ausstellung über Makrofotografie und man konnte einen mittelalterlichen Vorratsraum, einen Kräutergarten, Klosterzellen, ein Diorama über das Leben Christus und vieles, vieles mehr sehen.

Auch die Gegend um das Kloster herum ist sehr schön, ich nahm in einem wunderbaren Bistro einen Kaffee und ein Wasser zu mir (Das hebe ich übrigens nur hervor, damit ihr nicht glaubt, ich würde den ganzen Tag nur saufen). Wenn ich schriebe, es handle sich hier um eine gehobene Wohngegend, wäre das eine Untertreibung. Immerhin befinden sich die britische Schule und das amerikanische Generalkonsulat in direkter Nachbarschaft.

Mittags traf ich mich mit Otto zu einem „Menú del día festivo“ in einem Restaurant nahe der Plaça Espanya. Wir waren doch etwas baff, als wir jeder eine Flasche Wein zum Essen bekamen. So zog sich das Essen natürlich etwas… Als Nachtisch gab es dann aber auch nur Eis aus der Fabrik, was zur Qualität der anderen Gerichte passte. Gut, aber nicht mit den anderen Restaurants vergleichbar. Wenigstens haben Otto und ich es geschafft, die anfänglich total missmutige Kellnerin zum Lachen zu bringen.

Nach dem Mittagessen liefen wir zur Plaça Espanya, wo sich langsam aber sicher die Großbaustelle der letzten Monate zu lichten beginnt, und bogen dort ab zum Pavillon von Mies van der Rohe, der anlässlich der Weltausstellung 1929 den deutschen Beitrag darstellte. Der Pavillon war direkt nach Ende der Weltausstellung abgerissen worden. In den 80er Jahren beschloss man dann, ihn originalgetreu an gleicher Stelle wiederaufzubauen. Normalerweise kostet der Besuch 9 Euro Eintritt, was ich für ziemlich überteuert halte, aber auch hier mussten wir nichts zahlen. Inzwischen glaubte ich schon, man verwechsele mich mit einem Prominenten. Der Pavillon ist wunderschön, ich bin ja ein Bauhaus-Fan (nicht vom Baumarkt, aber dafür auch vom Brauhaus), aber es ist schon eine recht übersichtliche Sehenswürdigkeit.

Wir stapften, vielmehr rollten anschließend zum Nationalmuseum hoch. Das liegt schon weit oben in den Anfängen des Montjuïc, aber man war so freundlich, wohl ahnend, dass ich irgendwann vorbeischauen würde, Rolltreppen an vielen Stellen zu installieren. An dieser Stelle mal ein herzliches Dankeschön an die Verantwortlichen!

Von oben hat man einen sehr schönen Blick über die Stadt, auch das Gebäude an sich ist einen Umweg wert. Das Museum hatte zwar geschlossen, aber ein Besuch hätte sich auch rein zeitlich als etwas anstrengend gestaltet. Wir streiften noch durch die Nachbarschaft, unter anderem durch einen kleinen Park, und landeten wieder in der Wohnung, wo ich noch Kaffee bekam, noch einmal duschen konnte, um dann zum Flughafen aufzubrechen.

Noch in der Wohnung erreichte mich die Nachricht, dass sich mein Abflug um eine Stunde verspäten würde, ich mich aber dennoch zur angegebenen Zeit am Flughafen einzufinden habe. Ich wollte mich schon künstlich aufregen (denn Aufregung macht ja bekannterweise alles besser), da kam direkt eine zweite Mail, dass meine Reiseversicherung mir einen Gutschein für die Lounge bereitgestellt hat. Tatsächlich hatte die mich vor einigen Wochen aufgefordert, für genau diesen Fall meine Flugzeiten in eine Datenbank einzutragen. Hat sich gelohnt, denn während ich dies schreibe, nippe ich an einem Glas Cava und schaufele Tapas in mich rein. Wobei, ich musste eine Viertelstunde anstehen, da die Lounge wegen Überfüllung keine neuen Gäste einließ. Einige verließen deswegen die Schlange schlecht gelaunt; großer Fehler, die VIP-Lounge verdient ihren Namen nämlich zu recht. Alles sehr lecker, alles vorrätig, alles frisch.

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Leider zeigte die Anzeigetafel dann, ich müsse mich jetzt zum Gate bemühen, und so verließ ich die schöne Lounge, nur um festzustellen, dass an dem Gate ein ganz anderer Flug gerade boardete. Man sagte mir dort, die Maschine vom Hinweg werde noch eine Stunde brauchen, ich soll es mir doch gemütlich machen. Tja, das hätte ich ja haben können, aber zurück in die Lounge ging jetzt nicht mehr. Zudem zeigte die Anzeigetafel nun, dass jetzt woanders gerade das Einsteigen liefe. Ich hastete dorthin, um festzustellen, dass die Anzeige meinen Flug anzeigte, gerade aber eine Eurowings ablegte. Ich bekam die Krise, wie drei oder vier andere, die mit mir zeitgleich eintrudelten. War auch niemand da, der uns hätte aufklären können. Wir checkten Websites, da hieß es, wir hätten noch eine Stunde, inzwischen war der Schalter besetzt und man informierte uns, es ginge gleich los. Tat es nicht… Lange Schreibe, kurzer Sinn: Totales Chaos. Mit anderthalb Stunden Verspätung hoben wir ab.

Pasajeros al borde de un ataque de nervios!

Eurowings dann in Köln so: Sie ärgern sich bestimmt jetzt sehr, dass Sie zu spät angekommen sind, aber da geht noch mehr: wir sorgen dafür, dass Sie vor Wut platzen! Denn wir parken jetzt nicht etwa an einem Finger, so dass Sie Ihre Bahn noch bekämen, sondern jwd und lassen den Bus auch 20 Minuten warten, bis Sie einem Kollaps nahe sind. Man muss wissen, dass Köln zwar Nachtflüge erlaubt, man aber ab einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr vernünftig mit der Bahn wegkommt. Ich nahm ein Taxi, dessen Fahrer ich dann zum krönenden Abschluss noch erklären musste, wie er zu fahren hat.

So, Frust runtergeschrieben, jetzt wieder erfreuliches: das war eine verdammt schöne Reise, nicht zuletzt wegen der tollen Gastgeber Rolf und Otto, die mir Asyl gewährten und viel Zeit für mich opferten. Muchas gracias, Ihr Beiden! Gerne dann auch mal bei mir Unterschlupf suchen, ich nehme pro Nacht auch nur 120,- Euro pro Person… 😉

Allen Lesern danke ich fürs Mitreisen; ich hoffe, Ihr hattet etwas Spaß und vielleicht habe ich Euch ja sogar zu einem Barcelona-Besuch inspiriert. Sehen wir uns in drei Wochen in Bukarest?

Alles Liebe und Gute, Euer

Barcelona 2025, Tag 3: Gerrys Bikini

Ihr Lieben,

keine Angst, es gibt keine unzüchtigen Fotos… das wollte ich vorwegschicken. Falls Ihr wegen der Überschrift irritiert seid.

Rolf war so lieb, mir heute früh schon einen Bottich Kaffee hinzustellen, er ist einfach ein guter Mensch! Heute erwartete mich ja eine Führung im Parc Güell, da muss man erst einmal hinkommen. Der ÖPNV hier ist schon recht gut, aber zum Park, der auch noch auf einem steilen Hügel liegt, ist schwer hinzukommen. Ich empfehle, insbesondere Menschen mit meiner Kondition, ein Taxi zu nehmen. Ich hatte eins über Uber bestellt, das ließ auf sich warten. Inzwischen fuhren mindestens drei freie Wagen an mir vorbei. Egal, ich war pünktlich am verabredeten Treffpunkt mit dem Veranstalter und holte mir meinen ans Revers zu heftenden Bapperl mit der Deutschland-Trikolore ab.

Es war eine Gruppe von 30 Personen und unsere Guía Carla ist eine Italienerin, die seit 14 Jahren hier lebt. Ihr Deutsch war recht gut und sie führte uns mit vielen Erklärungen im Stechschritt durch den gut besuchten Park. Ob diese Gruppenführung jetzt wirklich 34 Euro wert war? Anders, als ich glaubte, waren die Zusatzeintritte z.B. ins Museum nicht enthalten.

Vor 24 Jahren war ich das erste und bis dato letzte Mal im Parc Güell, der Eintritt war frei und der Park war nur mäßig besucht. Ich weiß, dass ich es damals sehr genossen habe. Natürlich ist der Parc Güell immer noch schön, ich liebe die Drachentreppe, die über 100 Meter lange, geschwungene Sitzbank, die Aquädukte, die Bepflanzung. Ein bisschen was Neues habe ich über Gaudí erfahren (er war scheinbar furchtbar religiös, hatte nicht viel Glück im Leben und in der Liebe) und die ein oder andere Kleinigkeit hätte man vielleicht ohne Guide nicht entdeckt. Die Wäscherinnensäule oder den Oktopus an der Decke des Säulensaals z.B. Ein Besuch ist immer noch ein Muss!

Nach über 2 Stunden war aber auch gut und ich lief hinunter in das Barrio Gràcia, das als elegantes Reichenviertel gilt. Die Passeig del Gràcia gilt als drittteuerste Einkaufsstraße Europas. Ich deckte mich dort natürlich sofort für den kommenden Sommer mit der neuesten Kollektion „Mode für den distinguierten jungen Herrn“ ein. Hier findet man auch die Casas Batllo und Amatller, letzteres vom Architekten Puig i Cadafalch.

Eine Bekannte insistierte nachgeradezu mehrmals, dass ich bei Tapas 24 den berühmt-berüchtigten Bikini mit Trüffel esse. Auflösung: Das ist kein zweiteiliger Strandanzug, sondern eine Art gegrilltes Sandwich. Das nahm ich dann zu mir, ich wollte nicht, dass Ulli ihre Provision verliert… 😁 Es war aber pures Glück, dass ich einen Platz bekam; während ich aß (ich hatte auch noch einen russischen Salat) wurden Dutzende Leute abgewiesen. Das Essen war aber auch gut und die Terrasse ist sehr nett.

Ich lief die Einkaufstempel entlang, machte einen Abstecher in den Corte Inglés und den Media Markt, ich hatte mein Ladekabel in der Wohnung vergessen und wurde im Corte nicht fündig, dann über das gotische Viertel zum Hafen, wo ich mich für ein Stündchen auf einen Kaffee in den Schatten setzte, denn ich war zu früh für meine Bootsfahrt. Die Yachten, die hier im Hafen lagen, trieben mir die Tränen in die Augen. So viel Armut nimmt mich dann doch sehr mit.

Die Katamaranfahrt sollte am Ende des Hafens starten. Das war weiter draußen als gedacht und ich musste einige Meter laufen. Als ich ankam, stand da schon eine Gruppe feierwütiger Jugendlicher, Gäste des Geburtstags einer hysterischen Göre aus der High Snobiety. Alle schon angetütert und sehr laut. Ich befürchtete das Schlimmste. Dann Entwarnung, sie wurden einem anderen Boot zugeteilt. Wir liefen dann zu unserem Katamaran, als wesentlich kleinere Gruppe. Bis, ächz!, ein Junggesellenabschied in letzter Sekunde zu uns stieß. Ach herrjeh!

Eine Dreiergruppe Jungs fragte eine ältere Dame, ob sie sie fotografieren könnte. Klar. Moment, wir ziehen schnell unsere Shirts aus. Die Dame kam aus dem hysterischen Kichern gar nicht mehr raus. Die Junggesellenjungs verhielten sich aber ungewöhnlich gesittet (es war übrigens eine männliche Braut und die Begleitung war international besetzt), es gab Tortilla und Cava aufs Haus, einen klasse Blick auf die Stadtsilhouette, der zweite Wein ging auf den Capitán, der sich freute, dass ich spanisch lerne, alles in allem ein netter Zeitvertreib. Und wir erinnern uns, als Muschelschubser fahre ich ja nur zu gerne Boot, daher machte mir auch der halbstündige Badestopp, den ich in der Beschreibung wohl überlesen hatte, nichts aus.

Warum es übrigens manchmal schwierig ist, an Tickets zu kommen, erklärt sich durch die massiv angestiegene Zahl der in Barcelona anlegenden Kreuzfahrtschiffe. Fünf dieser Riesenpötte lagen heute im Hafen. Die kaufen natürlich Massen an Kontingenten für ihre Passagiere weg.

Da ich inzwischen gefühlt einen Marathon gelaufen war, wollte ich jetzt mit dem Bus aus dem Hafen zurück. Auf den musste länger gewartet werden und er war natürlich pickepackevoll, als er denn dann ankam. Dann noch zweimal Metro, um halb 8 war ich fix und fertig daheim. Nach einer kurzen Pause liefen wir dann zu einem Restaurant in der Nähe, wo insbesondere das geeiste Turròn auf großes Gefallen stieß. Die Muscheln waren okay, die patatas bravas keine patatas bravas. Der Turròn rettete aber alles.

Wir überlegten, noch einen Absacker im Regenbogenviertel zu nehmen, aber die Jungs haben morgen volles Programm und ich war leider durch von der Rennerei und der Hitze. So nahmen wir den kleinen End-of-the-day-Drink in der Wohnung und wünschten uns sueños buenos.

Morgen ist der Kurztrip schon wieder vorbei. Verstehe ich nicht, bin doch gerade erst angekommen! Aber ich habe noch den ganzen Tag und bin bisher planlos. Gegen 19 Uhr will ich dann Richtung Aeropuerto aufbrechen. Bleibt Ihr solange bei mir? Fände ich supernett. Liebe Grüße, Euer

P.S.: Um die Ecke findet eine Art Volksfest statt, da kann man u. A. Spezialitäten kaufen. Manchmal ist Aufgabegepäck doch nicht zu verachten; ich muss mir verkneifen, Käse, Schinken und Öl einzukaufen.
Als ich heute Abend dort vorbeikam, sang gerade eine Dragqueen ABBA-Songs. Party? Barcelona kann’s.