Dörthe – ein Nachruf

Viele Menschen denken, eine Kolumne, ein Blog sollten immer witzig oder unterhaltsam sein, erheiternd und schön. In der Regel bevorzuge ich es auch genau so.

Aber es muss auch Platz für das Nachdenkliche geben. Wie aus den letzten Eselpark-News herauszulesen war, ist Dörthe nicht mehr bei uns. Erstaunlicherweise hatte ich vor Jahren mal ein Keramik-Schaf in Norddeich erstanden, das ich Deichgräfin Dörte taufte. Es ziert mit Moorprinzessin Mathilde meinen Balkon. Und nun durfte ich eine Dörthe live erleben. Nun, sie hatte ein „h“ mehr als meine. Aber immer, wenn ich jetzt Dörte ansehe, muss ich natürlich an Dörthe denken.

Darinka drückte mir vor ein paar Monaten eine Schüssel mit Brei in die Hand und bat mich, die zahnlose Dörthe mit der Hand zu füttern. Ich wusste nicht, worauf ich mich einließ. Man muss dazu wissen, dass Dörthe auf dem östlichen, umzäunten Gelände stand, wo auch die Bienenstöcke der Imker stehen. Zusammen mit den anderen Schafen und den Ziegen. Ich versuchte, der scheuen Dörthe ihr Essen zu reichen, aber die Ziegen und Kamerunschafe fanden plötzlich Dörthes Essen viel interessanter als ihr eigenes (welches ich – ehrlich gesagt – bevorzugt hätte) und Dörthe floh ständig vor den ungestümen Mitessern. Sie war auch, was mich anging, sehr scheu. Ich verscheuchte die Nimmersatts und versuchte, Dörthe wieder zum Essen zu bewegen.

Es hat ewig gedauert, bis ein Großteil verfüttert war. Und es war mir wichtig, waren doch Medikamente in den Brei gemischt. Ein solch intensiver Kontakt verbindet. Was mag das arme Ding von mir gedacht haben? „Warum hält er die Futterneider nicht fern?“ oder „Wieso lässt der mich nicht einfach in Ruhe?“. Leider habe ich Dörthe danach nur noch zweimal gezielt besucht. Ich wünschte, ich hätte es öfter gemacht.

Nach Dörthes Tod hatte ich einen Austausch mit einigen Eselleuten, z.B. Nicole, die im letzten Newsletter des Parks ja bekannte, dass Dörthe zu ihren Lieblingen gehört, aber auch mit Micky. Alle sind furchtbar traurig. Ich verstehe das. Unser Herz hängt besonders an den verletzlichsten und kränksten Tieren. Aber das ist nicht alles. Dörthe war eine Herzensbrecherin. Für mich nicht durch ihr Leid, sondern durch ihren Mut (ist sie doch immer wieder tapfer zur Futterschüssel zurückgekehrt), ihre Liebenswürdigkeit (Ihr könnt vielleicht erahnen, wie das Herz schmilzt, wenn ein Tier langsam Vertrauen entwickelt) und ihren Blick. Ja, lacht mich ruhig aus, Dörthe konnte einen anschauen… Die Mata Hari unter den Schafen. Natürlich nicht mit deren berüchtigter Verschlagenheit.

Im Gedenken an Dörthe sollten wir aber auch darüber nachdenken, warum wir, wenn es um Tiere geht, gerne bei den Schwachen sind, bei Menschen aber die (vermeintlich) Starken bewundern. Wenn es gute Menschen sind, ist das ja okay. Aber ich fürchte, der Trend ist nicht in meinem Sinne. Lasst uns auch bitte der schwachen Menschen gedenken und sie annehmen.

Ach, Dörthe, Dein Weggang tut weh. Wo auch immer Du jetzt bist, Liebes, wir wünschen Dir im Jenseits alles Liebe und Gute. Ich weiß, wenn ich Schäfchen zählen muss, bist Du auf jeden Fall dabei und bleibst so in meiner Erinnerung. Und wenn Du mal nicht über Zäune springen kannst, mache ich Dir im Halbschlaf ein Gatter auf. Dann hast Du es leichter.

Das Titelbild von Dörthe hat mir freundlicherweise Nicole Förster zur Verfügung gestellt. Das Weihnachtsbaumbild ist von Micky Rump. Danke an Euch Beide!

2 Gedanken zu „Dörthe – ein Nachruf“

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