Tag 1: Und was für ein erster Tag

Bon soir, mes chéres!

Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Vielleicht bei der der Anreise? Ich brach seeeehr früh auf, weil ich ja immer ein kleines Nervöschen bin, wenn es um Anschlüsse geht, die mir wichtig sind. Aber so konnte ich schon einen IC früher nehmen als geplant, war quasi erster in der Schlange der Condor-Reisenden, konnte den Frankfurter Flughafen mal wieder erkunden und sogar noch ein kleines Schläfchen halten.

Einen netten Schrecken hatte ich zuvor aber noch, als mein Handy nach der Sicherheitskontrolle weg war. Es hatte jemand irrtümlich an sich genommen und es war auch stante pede wieder da. Aber ich hatte einen kleinen Schweißausbruch!

Irgendwann füllte sich der Warteraum und es deutete sich schon da an, dass der Flieger brechend voll würde. Highlights waren der Zaubertrick mit den verschwundenen Zeitungen (kaum, dass ein Mitarbeiter das Regal im Wartebereich aufgefüllt hatte, war es auch schon wieder leer, weil es ja umsonst war; man nahm dann auch gerne von jedem Exemplar eins mit) und die Stimme, die nicht gehört werden wollte („Zuerst die Familien mit Kindern und Personen, die Unterstützung benötigen…“: Trampel, quetsch, kreisch!).

Der Flug war okay, die Passkontrolle und die Gepäckausgabe waren es auch. Mit der Santander-Kreditkarte versuchte ich dann an drei Automaten, Geld zu ziehen, leider vergeblich. Die Schweißperlen tanzten wieder Samba. Dann stand uns der Transfer bevor, von dem ich ja schon vorher wusste, dass er ewig dauern würde. Es war dann übrigens noch eine Stunde mehr als ewig, denn quasi der halbe Flieger hatte diesen Transfer, fünf oder sechs Busse! Aber dafür hat man viel von der marokkanischen Landschaft zwischen Agadir und Marrakesch gesehen. Alles sehr rot und mal mehr und dann mal weniger bewachsen. Kaum bewohnt, tausende von Ziegen, ein paar Bienenstöcke und ein halbes Dutzend Esel.

Einen Stausee gab es, ganz zu Anfang wohl eine Art Palast (man sah aber nur die kilometerlange Umfriedung), ein Gefängnis mitten in der Wüste, dass sehr an den Kölner Klingelpütz erinnerte und ein paar verfallene Häuser. Zwischendurch hatten wir eine kurze Rast, an der sich die Horde mit Eis eindeckte. Ich hatte mangels Geld dann leider Ramadan, wie der Rest von Marokko ja übrigens auch, zumindest der gläubige Rest. Hab mich dann kurz mit ein paar streunenden Hunden angefreundet, die dann aber leider nicht mehr von meiner Seite wichen. Ich überlegte schon, wie ich dem Busfahrer vier weitere Passagiere erkläre, da retteten mich zwei kichernde Teenies, die im Gegensatz zu mir etwas zu essen hatten. Umgehend war ich uninteressant.

Irgendwann hielt der Bus in Marrakesch in einer unentwickelten Gegend an und bugsierte einen Großteil der Passagiere in ein eigentlich ganz luxeriös anmutendes Großhotel. Aber jwd und nicht schön gelegen. Alle anderen Passagiere mussten die Busse wechseln, außer vier Damen und ich. Die großen Gruppen hatten alle irgendeine Rundreise gebucht und somit wohl keinen Einfluss auf das Hotel. In Citynähe hielten wir dann an einem Hotel der gleichen Kette, allerdings an einem Prachtboulevard. Dort wurde ich zum Essen eingeladen, da der persönliche Fahrer für mein Riad noch beim Fastenbrechen war (der Busfahrer hielt übrigens auch kurz nach Sonnenuntergang an und bekam von Straßenhändlern einen Ayran oder etwas ähnliches ausgegeben).

Auch über dieses Hotel hätte ich mich nicht gefreut. Die Lage war zwar wesentlich besser, aber das Buffet war seeeehr, seeeehr traurig. Das Bier – immerhin! – kostete mich dann 5 Euro.

Irgendwann tauchte mein Fahrer auf, der mich in die Nähe der Souks brachte. Er wurde von einem Fahrradfahrer abgelöst, der seinen Drahtesel schiebend tiefer mit mir in die Altstadt eindrang. Dort wurde ich einem Mann im Kaftan übergeben, der mich dann ins Riad brachte. Abenteuerlich!

Das Riad ist so, wie ich es mir gewünscht habe. Sehr ursprünglich, sehr orientalisch und ganz toll dekoriert. Die Mitarbeiter hier sind herzzerreißend herzlich, wie übrigens alle vom Flughafen über Bus und Taxi bis hierher. Mir wurden beim Willkommensbier das Riad und die Umgebung erklärt und dann bekam ich mein Zimmer. „Aicha“ heißt es und ist schlicht, aber ganz bezaubernd. Verwinkelt und ein bisschen märchenhaft. Also. Ich kann jedem nur empfehlen, auf die großen Ketten zu verzichten und sich so eine Altstadtunterkunft zu suchen.

Blick vom Riad Karmela auf die Altstadt

Nach einer kurzen Katzenwäsche lief ich dann zum Djemaa el Fna, es war inzwischen 21 Uhr 30. Leute. Diesen Trubel könnt Ihr Euch nicht vorstellen. Schon auf dem Weg dahin Menschenmassen. Alle Läden auf, Mofas pesen durch die Gassen, Handkarren werden geschoben, dann dieses Polster aus arabischen Lauten und Gerüchen, Garküchen, Barbiere, Klamotten, Bäckereien, Korbflechter. Nur wenige Touristen und auch wenig Kitsch in diesen Gassen.

Die Souks

Dann kommt man auf einen Platz und denkt „WOW, wat groß!“ Dann biegt man um eine Ecke und denkt „Ach Du Hacke!“ Dann erst ist man wirklich auf dem Platz der Gehenkten. Da ist was los. Und auch mehr Touristen und auch mehr Kitsch, aber dafür Geschichtenerzähler, Sänger, Akrobaten, Künstler….

Oha…

Aber das war mir dann zu viel und nach einem kurzen Erkundungsrundgang und erfolgreicher – YIPPIEH! – Bargeldabhebung irrte ich zurück ins Riad, wo ich jetzt im Innenhof bei einem Glas Rosé sitze und dies schreibe. Ja, liebe Lästerdokos, Euer „griechisches Orakel“, ich würde hier auf dem trockenen sitzen…. (Insider!) 🙂

Ohaaaaaa!

Der Djemaa el Fna wird definitiv noch genauer beleuchtet. Und auch ein paar andere Sehenswürdigkeiten sind schon gesetzt, wie der Jardin Secret oder die Mellah. Ich fürchte, die Zeit wird nicht reichen.

Auf jeden Fall ist Marrakesch auf den ersten Eindruck völlig anders, als ich nach Besuchen von Tunesien und Ägypten vermutet habe. Allerdings war ich da auch nur begleitet in Tunis und Kairo, vielleicht finde ich das deswegen gerade abenteuerlich hier. Mir gefällt es bisher auf jeden Fall sehr gut. Und ich musste schon oft an Canetti denken, der mich ja irgendwie hierher getrieben hat.

Morgen gibt es dann, wenn Ihr wollt, mehr aus 1001 Nacht. 😉

Euer Gerald, der zwar immer noch kränkelt, dem es hier aber viel mehr Spaß macht, zu kränkeln.

Nur für Elke:

P.S.: Wie ich bloß den Temperatursturz am Freitag überstehen soll….?

3 Gedanken zu „Tag 1: Und was für ein erster Tag“

  1. Mein lieber Gerry, gut, dass sich das Doko-Orakel nicht bewahrheitet hat! Viel Spaß weiterhin auf deiner Entdeckungsreise. Liebe Grüße von Monika ?? ?

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