Harz, 1. Tag: Ankunft in Bad Suderode (hexhex)

Ihr Lieben,

ich weiß nicht, warum manche Menschen sich so darüber freuen, bei einer Autovermietung ein Upgrade zu bekommen. Einmal habe ich ja auf den Kanaren für vier Wochen einen Hyundai Tucson für 18 € bekommen, obwohl ich einen Fiat 500 bestellt hatte. Es hat ziemlich gedauert, bis ich mich an das Schlachtschiff gewöhnt hatte. Heute wurde mir mitgeteilt, ich bekäme statt meines Kompaktwagens einen nigelnagelneuen Tiguan SUV, mit gerade erst 15 km auf dem Buckel. Ach herrje! Aber inzwischen bin ich ja etwas versierter am Steuer, da habe ich dann mal nicht protestiert. Außerdem nehme ich ja auch immer alle Versicherungen, die es gibt, ich alter Feigling. Meine neue Vertraute für neun Tage taufte ich Bibi. Wie Blocksberg.

Bibi kann anscheinend so einiges, nur verstehe ich nicht, was. Da gibt es Millionen von Knöpfen, deren aufgedruckte Symbole mir leider überhaupt nichts sagen. Erstaunlich nur die beiden Aufkleber „Bitte nicht schneller als 210 Stundenkilometer fahren“ sowie  „Bitte nach 50 km Fahrt die Radmuttern neu anziehen lassen“. Ich bin in meinem Leben noch nie 210 Stundenkilometer schnell gefahren, und während der Fahrt Radmuttern anzuziehen gehört auch nicht zu meinen favorisierten Hobbys. Muss ich da jetzt anrufen, 500 km sind schon drauf auf dem Tacho, und nach der nächsten Europcar-Werkstatt fragen?

Mit einer kurzen Unterbrechung auf Hälfte der Strecke (Burgerkette, auf dem Foto sah das ganz anders aus) waren Bibi und ich nach ziemlich genau 5 Stunden im Hotel am Kurpark in Bad Suderode, wo ich die nächsten vier Nächte verbringen werde. Es ist etwas altmodisch, sauber, gemütlich und betulich. Ein Gemeinschaftskühlschrank steht im Flur, wenn man zu Abendessen möchte, muss man dies bis 16 Uhr ankündigen, und schon wissen was man essen möchte. Ich habe mich für das Geschnetzelte entschieden, weil es gerade frisch in der Mache war, wie mir erklärt wurde. Ich bekam schon einige gute Tipps, was ich in der kurzen Zeit bis zum Abendessen unternehmen könnte und begab mich dann auch nach einer kurzen Inbeschlagnahme meines Zimmers auf Entdeckungstour.

Der grüne Erker plus die beiden Fenster rechts daneben gehören zu meinem Zimmerchen 🙂

Bad Suderode und Gernrode sind Stadtteile der Weltkulturerbestadt Quedlinburg. In Quedlinburg selbst hatte ich kein bezahlbares Zimmer bekommen, das größer als 6 Quadratmeter gewesen wäre. Aber es ist nicht weit von hier.

Ich lief nach Gernrode, wo die sehr beeindruckende Kirche St. Cyriakus steht. Man bekommt ein laminiertes Blatt mit den Sehenswürdigkeiten in die Hand gedrückt und wird dezent auf eine mögliche Spende am Ende des Besuchs hingewiesen. Es gibt ein sehr kunstvolles, restauriertes Grab, eine wirklich wunderschöne Orgel, die Apsiden sind wunderbar ausgestaltet. Wenn man durch den Kreuzgang geht hat man vom Klosterhof aus ein wunderbaren Blick auf die wirklich schöne Architektur des Gotteshauses.

In der Nähe befindet sich das größte Wetterhaus der Welt, das sogar Eingang in das Guinessbuch der Rekorde gefunden hat. Es ist Teil der gernroder Uhrenfabrik mit angeschlossenem Uhrenmuseum. Das hatte aber leider schon geschlossen. Zurück lief ich einen anderen Weg. Es ist ein wirklich bezaubernder Ort. Ganz viel Charme, sehr aufgeräumt, mit einem Hauch von Wohlhabenheit. Hier stehen Villen, mein lieber Scholli!

Bad Suderodes Wahrzeichen ist der Preußenturm, eine Holzkonstruktion, von der aus man einen ziemlichen Weitblick hat. Nur der Weg dorthin ist etwas beschwerlich, es geht schon stramm steil bergauf; und wenn man dann auch noch – Achtung, es folgt das beliebte Google Maps-Bashing – einen primitiven Navigator dabei hat… Gott sei Dank bekam ich über meine Wander-App ein Satellitenbild gezeigt, anhand dessen ich mich dann orientieren konnte. Nach etwa 324 Flüchen kam ich dann endlich auch an und wurde durch wirklich schöne Ausblicke belohnt. Im Harz kann man übrigens Wanderstempel an ausgesuchten Stellen bekommen, mit elf Stempeln wird man auf irgendeiner Wanderprinz-/prinzessinenliste geführt.

Zurück im Hotel genehmigte ich mir das wohlverdiente Wanderbier und zog ein erstes Resümee. Ja, ist echt nett hier im Harz. Dazu gottseidank wieder besseres Wetter. Die Leute auf den Straßen sagen sich die Tageszeit. Das Abendessen war ganz lecker, die Tischunterhaltungen an den Nebentischen skurril.

So, jetzt muss ich gleich mal gucken, wie ich die nächsten Tage rumbekomme. Zu sehen gibt es einiges, sogar eine Seilbahn gibt’s in der Nähe, dann kann ich wieder eines meiner berüchtigten Nahtoderfahrungsvideos drehen. Ich könnte auch auf dem Hexentanzplatz eine Tarantella für Euch hinlegen. Na, mal sehen.

Wäre schön, wenn Ihr mich morgen wieder begleitet. Liebe Grüße, Euer

Eine kleine Hexengalerie:

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Die mysteriöse Formation des als Treehenge bekannt gewordenen Baumkreises in Gernrode lässt seit Jahrzehnten Forscher und Wissenschaftler über ihre Bedeutung rätseln.

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