Tag 21: Steilige Stätten

Guten Abend aus dem bis vorhin noch sonnigen Norden, liebe Leser!

„School’s out forever“, wie schon Alice Cooper seinerzeit lautstark grölte. Trotzdem wachte ich theoretisch rechtzeitig auf. Drehte mich dann aber nochmal rum. Und forever? Hm. Wer weiß, wo ich meinen B2-Kurs mache… Vielleicht in einer Schule in Sevilla? Oder auf El Hierro? ¿Quién sabe?

Heute war Hauptprogrammpunkt der Besuch „eines der schönsten Dörfer Spaniens“, ein Prädikat, das von allerhöchsten Stellen vergeben wird und man sich schwer verdienen muss. Geschafft hat dies unter anderem das Dorf Tejeda im Inselinneren. Na, da wollen wir doch mal sehen… Die Fahrt dorthin war auf jeden Fall wieder einmal spektakulär! Ganz tolle Aussichten! Und diesmal bin ich durch Waldbrandgebiet gekommen. Der Boden grünt schon wieder, Rankzeug bemächtigt sich der toten Stämme. Aber eine Erholung wird noch dauern.

Tejeda begrüßte mich dann mit einer festlichen Hochzeit. Hui, hatte man sich da rausgeputzt! In Italien nennt man das ja „fare una bella figura“, ich nehme an, da gibt es auch einen feststehenden spanischen Ausdruck für. Da muss jedes Haar sitzen und alles glänzen, außer der Stirn. Der Ort ist bis auf eine zentrale Großbaustelle wirklich wunderschön. Alles ist so gepflegt und aufgeräumt. Es gibt keine Werbung und kein Plastik. Es gibt nur Schönes! Ich war sofort hin und weg. Und die Menschen: Die Dame im Souvenirshop, der Kellner auf der Aussichtsterrasse, die Mitarbeiter des Delikatessengeschäftes. Alle zum Liebhaben!

Auf der Aussichtsterrasse habe ich zum Kaffee ein Pan Tomate gegessen. Also, dass etwas so Simples so toll schmecken kann. Das geröstete Brot ein bisschen mit Knoblauch eingerieben und mit Olivenöl beträufelt, dann Tomatenpüree drauf und das ganze verziert mit ein paar Klecksen Honig. Ein Traum. Das Öl habe ich sofort erstanden, dazu Bienmesabe und einen Mandelkuchen, alles mit Zutaten aus der unmittelbaren Gegend. Man schenkte mir dann noch ein Glas Pflaumenmarmelade und bastelte mir eine Papierrose. Die Marmelade ist zwar schon über dem Verfallsdatum, aber wird an sich ja nicht schlecht, wenn sie noch nicht geöffnet ist. Ich habe mich auf jeden Fall gefreut.

Weiter ging es zum nahegelegenen Roque Bentayga. Eine heilige Stätte der Canarios. Man kommt mit dem Auto bis zum dazugehörigen Museum, klein und fein und Eintritt frei, und muss dann den Rest per pedes erklimmen. Was der Onkel Gerald immer wieder vergisst ist, dass der Aufstieg zwar anstrengender, der Abstieg aber immer schwieriger ist. Besonders bei Höhenangst. Oben angekommen war ich etwas aus der Puste. Unten angekommen war ich klatschnass vor Stress. Aber es hat sich gelohnt! Wenn man sich überlegt, dass die Canarios mal eben so ohne vernünftige Schuhe und ohne Hyundai Tucson auf 1414 Meter Höhe gekraxelt sind, um wem auch immer zu huldigen. Teilweise haben sie dort in Höhlen gewohnt. Der Platz ist aber auch wirklich magisch.

Artenara – nächster Punkt der Reise – zählt als das höchstgelegene Dorf der Insel. Auch hier ist es sehr schön, prima Ausblicke, alles so idyllisch! In Artenara kann mann dann nordwestlich zu einem Christus hinaufkraxeln, dann wieder ins Tal, um dort ein Höhlenmuseum zu besichtigen, um anschließend wieder einen Berg im Südosten zu erklimmen, wo sich die Ermita de la Cuevita befindet. Warum muss alles Heilige so weit oben liegen? Also, meine Waden wissen, was sie am Tag geleistet haben.

Das Höhlenmuseum war übrigens überraschend gut besucht. Es handelt sich um Höhlen, die noch aus vorhispanischer Zeit stammen und seit ihrer Wiederentdeckung als Heimatmuseum für typische Einrichtungsstücke des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts dienen. Auch hier freier Eintritt, man darf aber eine Spende hinterlassen. In der Ermita kann man einen Euro in einen Apparat schmeißen, dann geht für drei Minuten das Licht an.

Es wurde schon spät, und ich wusste, dass Sora nicht im Dunkeln die Serpentinen bergab fahren wollte. Vollstes Verständnis! Ich glaubte, ich fände den Weg auch ohne Navi, da ich mich ja jetzt so dolle auskenne. Naja, kurz vor der Küste war ich unentrinnbar in einem mir völlig unbekannten Ort gefangen, aus dem ich nicht mehr rausfand. Nachdem ich dreimal um den selben Platz herumgekurvt war, schaltete ich doch wieder das Navi an, was dieses mit einem höhnischen Kichern quittierte. Innerhalb von 6 Minuten war ich dann von dort aus zuhause.

Diesmal versammelten sich die Wolken an der Westküste.

Also, der Tag heute hat definitiv dazu beigetragen, dass meine Liebe zu dieser Insel einen Quantensprung gemacht hat. Das Inselinnere ist ein Traum!!! Leider nur nix für alte Knochen. Es ist doch alles überall sehr steil. Und man braucht Ewigkeiten, um selbst kurze Strecken zu überwinden.

Morgen geht es nach Maspalomas, ich habe eine Verabredung zum Mittagessen dort. Ich bin gespannt, ob der Süden nicht doch noch Überraschungen für mich bereithält. Ich werde gleich noch einmal den Reiseführer konsultieren.

Ich hoffe, es geht Euch allen gut und sende viele liebe Grüße!

Euer Gerald

Señor Unamuno und ich sind uns einig. Schön hier. Er hat eine sehr interessante Biographie!
Ruhestand hier oben? Man muss sich das dann so vorstellen: Das Blümchen steht in meinem Vorgarten und der Lebensmittelladen ist im Bild Mitte links.

Tag 20: Weihnachtsferien!

Schulferien! Wie lange ich das in meinem Leben nicht mehr hatte! Aber der Reihe nach: Nur die Schweizerin hat die Prüfung abgelegt, die restlichen fünf haben sich den Film angesehen. Auf Spanisch mit spanischen Untertiteln. Es war zwar ganz hilfreich, dass ich „Pans Labyrinth“ schon zweimal gesehen hatte, aber trotzdem hätte ich, oh Wunder!, den Film auch so verstanden. Wir sprachen dann noch einige Zeit über die Symbolik des Films und über den spanischen Bürgerkrieg. Der Abschied heute war nicht ganz so sentimental, wie ich es befürchtet hatte, aber es wurde ein bisschen geherzt und gedrückt. Wir waren -natürlich !- der beste B1-Kurs ever! Kurz überlegte ich noch, ob ich Nummern tauschen sollte – besonders drei der Mitschüler fand ich extrem nett – beließ es dann aber bei Luftküssen und Schulterschlägen.

Wo sind all die Schüler hin…?

Nach der Schule suchte ich mir erst einmal eine Tapas-Bar und aß Tortillas. Die waren ganz anders als ich erwartet hatte, mehr so wie Reibekuchen und nicht wie die sehr festen Gebilde, die man sonst so kennt. Dazu noch Pâté de Perdiz, Pastete vom Rebhuhn. In Spanien enden die Märchen oft entweder mit „Colorín colorado, este cuento se ha acabado“ oder mit „vivieron felices y comieron perdices“ (in etwa: „Farbiges Bunt und das Märchen hat geendet“ bzw. „Sie lebten glücklich und aßen Rebhühner„). Da musste ich das doch mal probieren! Alles sehr lecker.

Dann besuchte ich das Museum der Kanaren, el Museo Canario. Hier gibt es Informationen zu Ausgrabungen, Ausstellungsstücke die dort gefunden wurden, Informationen über die Lebensweise und, und das ist die Hauptattraktion, massenweise Knochenfunde. Dazu noch ein Dutzend Mumien! Ein sehr morbider Saal ist voller Schädel und besagter Leichen. Jemand mokierte sich im Internet über eine Vitrine, in der haufenweise Knochen übereinander liegen, so könne man mit Toten doch nicht umgehen! Also, ich fände es ja ganz witzig, in Zukunft von Touristen begafft zu werden. Aber wenn das jemals eintreten sollte, wäre das ja erst in ein paar tausend Jahren. Ein sehenswertes Museum, mit Audioguide und einer Virtual-Reality-Brille, durch die man sich die Behausung einer Canario-Familie ansehen kann.

Sehr sehenswert finde ich die keramischen Götzenfigürchen, die von den Canarios hergestellt wurden. Ich habe für meine kleine Sammlung von Gottheiten im Museumsshop ein Replikat des „Idolo von Tara“ erstanden. Eine Rekonstruktion der Höhlenmalereien der Cueva Pintada aus Galdár ist ebenfalls zu sehen.

Mein Feierabendbierchen nahm ich dann am Canteras-Strand ein, bei überwältigend schönem Wetter und einem Blick bis nach Teneriffa, vom mächtigen Teide überthront. Im Gegensatz zu unserem Sturm-Tag ist die Promenade heute fast überlaufen. Hier gibt es massenhaft Lästerpotential, aber wie schon früher erwähnt, macht man das ja nicht. Auch nicht über die eigentlich furchtbar blasse blondhaarige Dame, deren Haut schon einen mittelschweren Rotton hatte, und deren falsche, tiefschwarze Wimpern mit mindestens 5 cm Länge in einem unglaublichen Kontrast zu ihrer Haut standen. Genausowenig wie über den unglaublich behaarten und sehr fetten Mann, der quasi splitternackt die Promenade entlang stolzierte wie ein Gockel. Denn ihr müsst mir das glauben, ich lästere ja nie!

Im Hintergrund schemenhaft Teneriffa; nicht der erste Gipfel links, der gehört noch zu uns.

Auf dem Rückweg nach Hause lief ich noch beim Einkaufszentrum vorbei. Kurz davor sehr viele Wellenreiter, die mit einer Geschicklichkeit sondergleichen die Wellen bezwangen. Ein faszinierendes Bild. Vielleicht sollte ich das auch mal versuchen… Oh. Huch! Die Midlifecrisis lässt grüßen! Im Carrefour habe ich dann noch Brot und Wein eingekauft. Auf den Kanaren gibt es eine unglaubliche Coupon- und Rabatttradition. Aus dem Kassenbondrucker rattert es dabei nur so. Manchmal sind die Bons so lang wie meinereiner selbst. Und was man alles sparen kann, wenn man ein bisschen aufpasst! Kaufe dies zweimal, dann kostet Nummer 2 nur ein Viertel. Kaufe diesen Schinken, morgen bekommst Du dafür Schokolade geschenkt. Aber nur, wenn Du den Bon für den Käse nicht benutzt, den Du für den Weinkauf erhalten hast.

Morgen werde ich erst einmal die Möglichkeit zum Ausschlafen nutzen. Und dann weiter die Insel erkunden. Nur noch eine Woche. Ist das zu fassen?

Vale, ¡hasta mañana, chicas y chicos!

Muchos abrazos von Eurem Gerald

Dr. Chil, der Erfinder der nach ihm benannten Entspannungsmethode, ist ebenfalls in Las Palmas geboren.

Tag 19: In Rum, um Rum und um Rum drumrum

¡Hola chicos!

Wie hier die Zeit verfliegt. Der Tag ist schon wieder `RUM. Um den vorletzten Schultag kam ich auch nicht drumRUM. Heute wieder neue Gelegenheiten, den vielgeliebten Subjunktiv einzusetzen. Ich freue mich auf meine Freizeit, habe aber dennoch schon jetzt sentimentale Anwandlungen, weil der Unterricht zu Ende geht.

WoRUM ging es denn nun bei unserem Ausflug heute? Hmmm… Ach ja. Um Rum. Ron de Arehucas, der hier in Arucas aus Zuckerrohr destilliert wird. Arehucas ist der kanarische prähispanische Name des Ortes.

Diesen Kölner Dom kennt ihr ja auch schon…. ?

Wir fuhren mit zwei Klassen im Kleinbus in die Fabrik und hatten eine spanisch-englische Führung durch die Bodegas, die Produktionseinrichtungen inklusive Erklärvideo und verkosteten anschließend – theoretisch ohne Limit – die in der Destillerie produzierten 21 Produkte. Alle? Nein… auch nur theoretisch bis zum Leberversagen.

Hier wird mit Zuckerrohr rumgemacht…

In der Bodega 1 lagern unter anderem Fässer, die von Prominenten signiert wurden, die die Fabrik schon besucht haben. Julio Iglesias, César Manrique, Plácido Domingo, Carlos und Sofía de España; aber auch Willy Brandt hat hier ein Fass. Er wird während der ansonsten perfekten Führung als former prime minister vorgestellt und man hat in seinem Nachnamen das D unterschlagen. Y que? Igual.

Reicht für eine ziemlich wilde Party.

Bei der Verkostung war trinken satt gestattet. Nur für den 1983er musste man 5 Euro pro Glas löhnen, was okay ist, wenn man sich vor Augen führt, dass die Flasche ab Fabrik 105 Euro kostet. Trinken satt ist aber nicht wirklich drin, denn das Zeug schlägt gnadenlos zu! Ich habe die 5 Euro investiert und hatte nach dem einen Glas schon eine Kerze am Brennen. Dann noch kurz mal diesen, ein Schlückchen von jenem, ach, den da hinten hatte ich ja noch nicht… *hicks*. Kompositionen wie Bananen- oder Erdbeerrum ließ ich mal links liegen. Das fällt für mich unter Wirtschaftskriminalität!

So schmeckt 105-Euro-Rum.

Wir aßen dann noch zusammen in einem Restaurant in Arucas – De Enyesque -, ich hatte croquetas mixtas und pulpo. Dazu mal einen kanarischen Wein, den ich mochte. Und ich konnte endlich mal Gofio probieren, das Röstmehl der Canarios, das zu allem möglichen verarbeitet wird. In meinem Fall zu einer Paste. Interessant…

Polpo con mojo rojo. Im Norden das/der/die Gofio.

Ich saß mit einem Einwochenkurs A1 zusammen. Ein Franzose war dabei, mit dem man sich auch prima über Essen unterhalten konnte. Mein Lieblingsthema. Ein Braunschweiger, der mit dem Elektrorad auf dem Pico de las Nieves war und eine Mülheimerin, mit der ich Essen tauschte, komplettieren diesen Kurs.

Die südlandische Sitte, die Kellner nicht mit Einzelrechnungen zu überfordern, zeigte heute wieder deutlich, dass dies in Zeiten der Kartenzahlung nicht sinnvoll ist. Das eingesammelte und per Karten bezahlte Geld stimmte angeblich hinten und vorne nicht mit der Rechnung überein. Nach langen Diskussionen (die Taschenrechner glühten, wir waren immerhin 10 Personen) stimmte es dann doch. Also, die mitteleuropäische Methode hat auch Vorteile.

Von Arucas aus bin ich mit dem Guagua nach Hause, das war weniger kompliziert, als mit den anderen wieder in die Stadt reinzufahren und teils zurück, da der gecharterte Kleinbus nicht über Cruce Casa Ayala fuhr. Ich kaufte noch schnell ein Baguette und etwas Wein und dann ging es von der Haltestelle „Rentnerclub“ (sic!) aus heimwärts. Die Fahrt die Berge runter aufs Meer zu, bei strahlend blauem Himmel: Genial!

Wir hatten wieder viele Hausaufgaben, die den Film betreffen, den wir morgen ansehen werden. „Pans Labyrinth“ von Guillermo del Toro. Noch nicht gesehen? Dann aber mal los in die gute alte Videothek! Ich garantiere Gänsehaut! Ein Meisterwerk!!

Wieder einmal habe ich es nicht zur Noche de Tapas geschafft. Irgendwie ist das ein sehr anstrengender Urlaub, in dem man zu nix kommt. Aber ich liebe es.

Hoffentlich seid Ihr alle wohlauf! Ich sende viele liebe Grüße! WaRUM auch nicht? ?

Euer Gerald

Stachelige Weihnachten….

Die Señora war heute wieder hier, da nutze ich mal die Gelegenheit, Euch Teile meiner Bleibe zu zeigen…

Tag 18: No quiero hacérmelo a mí – eigentlich

Hallihallo aus der Calle Mar Caspio!

Heute früh war – ¡claro! – wieder Schule. Heute lag der Schwerpunkt auf direkten und indirekten Objektpronomen und der Konjugation des Futur. Kommen da nicht Erinnerungen an Eure Schulzeit hoch, wenn ihr diese schaurigen Begriffe lest? Und was wir bisher schon alles hatten: pretérito perfecto, pretérito pluscuamperfecto, pretérito indefinido und imperfecto, imperativo afirmativo y negativo, condicional, subjuntivo presente… Und dazu Syntaxregeln, Pronomina und natürlich Vokabeln. Wenn Ihr demnächst denkt, dass ein Bienenkorb in der Nähe ist, wenn ich neben Euch stehe: Nein, das ist mein Kopf, in dem es nur so summt und brummt. Adrián hat uns heute einen Berg Aufgaben mitgegeben. Die Prüfung naht ja.

Nach einer kurzen Siesta wollte ich eigentlich wieder in die Stadt, aber mir war ein bisschen blümerant, so à la drohende Erkältung. Ehrlich, mich wundert das nicht. Es ist ja nun nicht tropisch heiß hier, aber überall läuft die Klimaanlage und in den Bussen sind immer alle Fenster aufgerissen. Ich hatte tatsächlich schon einmal darüber nachgedacht, mir eine Mütze zu kaufen, diesen Gedanken aber als übertrieben abgetan und wieder verworfen. Naja, ich beschloss auf jeden Fall, zuhause zu bleiben und mich einzukuscheln. Nur noch zwei Schultage und dann habe ich richtigen Urlaub, den will ich nicht verschnupft verbringen!

Also habe ich nur Aufgaben gemacht und mir noch einmal alle Konjugationstabellen angesehen. Einige Sachen klappen schon ganz gut, so dass ich vielleicht doch die Prüfung mitmache; ist ja nicht so, dass man bei Nichtbestehen die zu lernende Sprache wechseln muss. Im Mandarinchinesisch habe ich nämlich einen so komischen Akzent.

Was ich den ganzen Tag sonst so in der Bude so gemacht habe? Ich habe Kreuzfahrtschiffe gezählt und die Leute beim Hundeausführen beobachtet. Die Klippe ist dafür nämlich ein begehrter Platz. Und ich habe mir einen mehrstöckigen Bocadillo gebastelt. Das ist das indigene Wort für Sandwich. Mit jamón serrano, cebolla blanca, tomate y queso de cabra. Hmmm. ¡Que rico!

Morgen geht es nach dem Unterricht mit der Schule in die inseleigene Rumfabrik in Arucas. Zudem kommt die Señora wieder zum Reinigen.

Also, drückt mal die Daumen, dass der Anflug sich nicht manifestiert.

Espero que estéis (<- subjuntivo!) bien y os (<- indirektes Objektpronomen!) envio muchos saludos! 🙂

Euer Gerald

Und das soll Urlaub sein?

Tag 17: Tamadabapark

¡Buenas tardes de la isla!

In der Nacht hat es noch ganz schön gestürmt, aber im Laufe des Vormittags wurde es wieder richtig schön. Nur die schwere Brandung ist geblieben.

In der Schule wird das Tempo jetzt etwas angezogen. Heute waren wir mal eben in zwei Lektionen parallel unterwegs. Es wird zuhause einiges nachzubereiten sein. Am Freitag wollen ein paar Kommilitonen die B1-Prüfung ablegen, aber ich bin noch nicht soweit. Ich mache das dann mal irgendwann im Frühjahr, wenn ich die (zwar) verstandene Theorie (aber) ohne ellenlange Denkpausen umsetzen kann.

Blick aus den Bergen auf Puerto de las Nieves

Am Nachmittag wollte ich zum Naturpark Tamadaba, der bei uns wegen der schweren Waldbrände in den Medien war, aber zu den schönsten Wandergebieten der Insel zählt. Nun, ich war irgendwie nicht richtig drin, mein Navi hat mich mal wieder gefoppt. Aber durchgefahren bin ich. Diese Navis sind ja ein immer wiederkehrendes Thema bei mir in den Reisetagebüchern. Auch hier auf der Insel stand ich mit Sora, meinem koreanischen Ross, schon vor einer Felswand und das Ding plärrte, ich möge doch jetzt endlich weiter geradaus fahren.

Auf jeden Fall war das Wetter ein Traum. Und somit auch die Fahrt nach La Aldea de San Nicolás. Von der atemberaubend (!!!) schönen Küstenstraße aus konnte ich Teneriffas Teide sehen! Und dann diese majestätischen Berge und der blaue Himmel und das azulene Meer! Nach jeder Ecke, um die ich bog, juchzte ich. Leider musste man sich sehr auf den Verkehr konzentrieren, denn es ging auf und ab und rechts und links und eng und noch enger. Vier- oder fünfmal juchzte ich daher wegen Sattelschleppern und Gelenkbussen. Auf der Strecke gibt es einen fast 4 Kilometer langen Tunnel, der die inzwischen gesperrte alte Küstenstraße teilweise ersetzt. Das ist schade, denn auf der alten Strecke lag der berühmte Mirador del Balcón. Und Haltebuchten sind auf der neuen rar gesät.

Mühle in Aldea

Ob es hier jetzt vor den Bränden anders ausgesehen hat? Viel Baum ist nicht, aber trotzdem ist es ganz grün. Aber ich habe den Park ja auch nur gestreift.

Ich überlegte kurz, ob ich mich weiter in die Berge reinwagen sollte, aber obwohl die Strecken kurz sind, sind sie doch sehr lang, wenn Ihr versteht, was ich sagen will. Für 10 km Luftlinie sind eine Stunde Serpentinen zu bewältigen. Daher beschloss ich, zum Strand von Aldea zu fahren. Sehr leer und sehr schön ist es dort. Von dort aus könnte man dann wohl prima in den Park hineinwandern. Aber dazu fehlten mir das Rüstzeug und auch die Zeit.

Am Strand von Aldea

Ich tankte vorsichtshalber in Aldea. Und hier noch etwas, um den Neid zu füttern. Ein Liter 95er kostet knapp über einen Euro. Und die Tankstellen haben oft noch Service, was ich persönlich sehr nett finde. Dann fuhr ich die gleiche schöne Straße wieder zurück. Eine wunder-, wunderbare Strecke, erwähnte ich es bereits?

Ich hielt noch kurz in Puerto de las Nieves, wo wir ja schon mal mit der Schule zum Fischessen waren. Diesmal reihte ich mich in die Massen der Brandungsschaulustigen ein. Aber das ist ja auch ein Spektakel. Wer sich mit Social Media auskennen sollte: Heute sind wohl mehrere hundert Selfies von der Insel gepostet worden.

Auf den Fotos sieht das gar nicht so spektakulär aus, wie in der Wirklichkeit!

MItten im Nichts steht hinter Agaete ein riesiger Supermarkt auf einem Berg. Dort stoppte ich noch einmal kurz und stockte meine Saft-, Milch und Wasservorräte auf. Das Personal in diesen Märkten ist eine Freude! Kann ich Ihnen helfen? Suchen Sie etwas Bestimmtes? Ich bringe Sie dorthin. Und alle wünschen einem einen guten Tag. Ich liebe das!

Am Abend machte ich mir eine Paella, die man hier auch vorbereitet kaufen kann. Ich bin von der Auswahl der vorgekochten Sachen völlig begeistert. Ich frage mich, ob in einem spanischen Reisetagebuch folgendes stehen könnte: „Da gibt es Rouladen und Klöße! Und Gulasch! Nicht nur so eine Fisch- und Reispampe wie bei uns!“ Naja, Zweifel dürften angebracht sein, die Spanier sind, besonders was ihre kulinarischen Errungenschaften angeht, sehr patriotisch eingestellt. Selbst in diesem Hyper-Mega-Supermarkt gab es nicht eine Flasche französischen, italienischen oder gar deutschen Weins.

Einen kleinen Umweg machte ich noch über „El Atlante“, eine Skulptur die zwischen Costa Ayala und Las Palmas über den Atlantik wacht.

Was für ein schöner Tag. Erwähnte ich schon, dass ich hierbleibe? Wie ich das anstellen will? Das verrate ich dann in einem der kommenden Tagebucheinträge! 🙂

Muchos besos y abrazos von Eurem Gerald

Vor der Haustür ist wieder mächtig was los…
Sora lässt auch schön grüßen!

P.S.: In Puerto de las Nieves gab es mal DIE Sehenwürdigkeit der Insel: Den „dedo de dios“. Dieser Finger Gottes – eine Felsformation – wurde bei einem Sturm vor mehreren Jahren zerstört. Man kann, wenn man will, die Überreste, die jetzt, statt in die Luft zu ragen und zu ermahnen, auf dem Meeresgrund liegen, noch immer betrachten.

Tag 16: Waschtag

¡Hola hola a todos de Las Palmas!

Irgendetwas war gestern Abend dann nicht richtig. Ich hatte ziemliche Magenbeschwerden, die mich von Abendbrot und Wein, aber leider auch vom Schlafen abhielten. Wie gerädert stand ich morgens auf und bekam den nächsten Schreck. Regen und Sturm. Ich packte meine Wäsche zusammen und brach zur Schule auf.

Der Verkehr war heute chaotischer als sonst, man ist Regen hier ja nicht sooo gewohnt. Im Bus hörte ich dann von Unwetterwarnungen. Na, prima!

Aber dann, in der Frühstückspause: Als wäre nix gewesen. Und nach der Schule: kein Wölkchen am Himmel und schön warm. Verstehe einer das Klima hier.

Trotz des schönen Wetters musste ich ja nun in den Waschsalon. Vieles hier ist ja wesentlich preiswerter als daheim. Busfahren oder Taxi z. B. Oder Brot und Gemüse. Waschsalons fallen aber nicht in diese Kategorie. Für einmal waschen und trocknen latzte ich 10 Euro. Puh. Als meine Waschmaschine im Frühjahr kaputt war, habe ich in Köln 6 Euro bezahlt.

Mit meinen frühlingsfrischen Klamotten auf dem Buckel wollte ich jetzt nicht so wirklich durch die Gegend promenieren, und so blieb mir gezwungenermaßen erst einmal nur, nach Hause zu fahren. Dort angekommen ein kleines Sandwich sowie eine kurze Siesta und dann nach Canteras an den Strand. Denn es herrschte hier ein Stürmchen mit einer sehenswerten Brandung. Also wow. Das war mal eine steife Brise.

Boote wie Nussschalen hin- und hergeworfen. Die Möwen ohne Flügelschlag im Rückwärtsgang. Windfanfaren. Und lauter begeisterte Touris, die mit Kamera im Anschlag auf die nächste Monsterwelle warteten, wie auch ich. Und dabei teilweise kalt erwischt wurden. Ich nicht. Aber man knipst nie den Höhepunkt einer Welle.

Und dann diese Farben und Lichter. Dunkles schweres Grau mit blauen Inseln und weißer Gischt. Die farbigen Häuser und Boote setzten bunte Kontraste. Ziemlich weit nördlich am Canteras-Strand eine riesige Krippe aus Sand. Spektakulär. Das war ein wirklich schöner Spaziergang.

Am Ende des Spaziergangs setzte ich mich vor ein Restaurant und trank ein Bier. Kurze Zeit später nahm am Nachbartisch ein älteres Ehepaar Platz, die ca. 2 Minuten nach Bestellung eines Grillfisches und des Huhns mit Pilzen ihr Essen bekamen. Was sagt uns das über die Küche? Meine Güte, wird da aber schnell gekocht, sagt uns das! Wieder zuhause habe ich mir eine Empanada aufgew…. äh, unter viel Aufwand zubereitet. Lecker.

Die Rolladen sind jetzt hier unten, aber es stürmt so sehr, dass ich sie wahrscheinlich wieder hoch ziehe. Die machen nämlich einen ziemlichen Radau. Von unseren Geheimdienstkontakten auf Fuerteventura weiß ich übrigens, dass es da auch ganz schön weht.

Morgen soll – hahaha, lacht da der Wetterfrosch – es sonnig werden. Ich verlasse mich da jetzt mal nicht drauf. Ich ziehe einfach alles an, was ich habe, dann bin ich für alles gerüstet.

Buenas noches a todos y buenos sueños.

Hasta mañana, si quieren.

Euer gut gelüfteter Gerald

Welcher der gezeigten Bäume gab der Inselhauptstadt ihren Namen? Richtig, der blaue im Hintergrund!

Tag 15: Ein Kilo Tanz

Liebe Lesende!

Ich hoffe, Ihr hattet alle einen wunderbaren dritten Advent!

Heute war mal wieder Faulenzertag, und das, obwohl schönstes Wetter herrschte. Aber ich konnte mich irgendwie nicht aufraffen. Lange geschlafen, lange gefrühstückt, vorbeifahrende Schiffe gezählt, bisschen Spanisch gelernt und Übungen zum Imperativ gemacht. Dann zur Abwechslung mal couchgesurft, um vom anstrengenden Entspannen zu entspannen, was ganz schön anstrengend war.

Abends ging es dann ins Teatro Pérez Galdós, wo es „Un kilo de danza“ zu bestaunen gab. Für erstaunliche 10 Euro Eintritt. Am Ticketschalter vor dem Auditorio Kraus wird dem Kunden übrigens der Saalplan auf einem Monitor angezeigt. „Welchen Platz hätten Sie denn gerne?“ – „Welche sind denn frei?“ (obwohl ich es schon ahnte… ) – „Die grünen.“ Und das waren dann genau zwei, die auch noch hintereinander lagen. „Me da igual…“

Weihnachtsmärkte haben hier eine nicht ganz so reiche Tradition.

Auf dem Weg zum Theater kam ich am Weihnachtsmarkt vorbei. Sehr übersichtlich! Aber die Calle Triana umso voller. Alle Läden geöffnet und viele Menschen unterwegs.

Die Calle Triana weihnachtlich illuminiert.

Geboten wurde in dem schönen altmodischen Theater Ballett aus einer in Las Palmas ansässigen Tanzschule zugunsten der Caritas. Klassischer und moderner Tanz, von Klassik bis Hip-Hop war alles an Musik vertreten.

Also, ausnahmslos alle konnten besser tanzen als ich. Ja, wirklich! Aber wie bei Schulen so üblich, war von süß bis bühnenreif alles vertreten. Und es waren seeeehr viele Schüler beteiligt. Aber es war ein schöner und unterhaltsamer Abend.

Im Publikum natürlich ein paar Vertreter der Benimmresistenten. Ein sehr alter Mann, der – auch zum Entsetzen seiner Begleiter – lautstark einen Anruf entgegennahm und auch auf Intervention derselben hin nicht auflegen wollte. Dann Mütter, die Ihre Kinder ununterbrochen quasseln ließen sowie die unvermeidliche Knistertütenfraktion. Ich nehme nächstes Mal auch etwas zu Essen mit, macht die Mikrowelle halt zwischendurch mal Pling.

Morgen bricht die letzte Schulwoche an, die Australierin wird dann schon nicht mehr dabei sein. Dringend muss ich auch in einen Waschsalon oder aber Waschmittel kaufen.

Also, vielleicht bis morgen. Viele liebe Grüße von der Palmeninsel, Euer Gerald

Frohen 3. Advent!

Tag 14: Los Canarios

¡Buenas noches, queridos!

Zuallererst einmal die herzlichsten Glückwünsche an meinen Neffen Christian, der heute seinen neunten Geburtstag feiert! Alles Liebe und Gute für Dich!

Heute war es zwar wieder bewölkt, aber nur leicht, mit gut blauem Himmel dazwischen. Dafür war die Brandung heute extrem. Nach einem sehr umfangreichen und ausgedehnten Frühstück lief ich daher erst einmal zu den Klippen. Da spritzte das Meer hoch wie was und beim Fotografieren wäre ich beinahe auch durchnässt worden, hätte ich mich nicht mit einem Hechtsprung zur Seite gerettet; was übrigens auf einer Klippe eine sehr törichte Idee ist, aber der Gedanke kam mir erst später.

Es ist ein wenig so wie beim Whale- oder Sonstwas-Watching. Gute Aufnahmen gelingen selten.

Mein Hauptausflug heute galt der Stadt Galdár. Dort kann man die „cueva pintada“ besichtigen, eine Höhle mit Felsmalereien inmitten einer archäologischen Stätte von Ausgrabungen einer Ansiedlung der Ureinwohner von Gran Canaria, den Canarios (die übrigens nicht zu den Guanchen gehörten!).

Santiago de los Caballeros in Galdár

Die Küstenstraße nach Galdár ist gut befahrbar und bot wegen der immer wieder hochpeitschenden Gischt sehr schöne Ausblicke. Ich liebe Brandung!! In Galdár selbst steuerte ich einen zuvor ausbaldowerten Parkplatz an, der unabhängig von der Parkdauer nur einen Euro kosten und sehr groß sein sollte. Zu diesem Parkplatz gibt es nur eine Zufahrt, die gleichzeitig auch als Ausfahrt dient. Und da eine Menge los war, war schon hunderte Meter vorher pures Chaos.

In der Nähe gibt es eine Sportarena, vor der es nur so wimmelte, etwas weiter die Straße hinauf fand eine wohl riesige Hochzeit statt, wenn man die Menschenmassen als Maßstab nimmt, die aus der Kirche strömten. Zudem war Woche der Blumen und in der ganzen Altstadt waren zahlreiche Pavillons aufgestellt unter denen sich hunderte Menschen beköstigen ließen. Also, kein Wunder, dass es auf dem Parkplatz so trubelig zuging.

Vor der Kirche wurde Markt abgehalten, den guckte ich mir dann auch zuerst einmal an. Dann schlenderte ich die Straße Capitán Quesada rauf und runter, die zum Blumenfest völlig verkitscht geschmückt war. Aber das hat mir gefallen. Auffällig auch eine große Kunstinstallation mit lauter Augen am Anfang der Straße. Lautes Stimmengewusel sowie Musikbeschallung bildeten eine große Klangglocke über allem.

Im Museum war es dann ziemlich ruhig, zu Beginn nur vier oder fünf andere, und am Ende war ich der einzige Besucher. Zuerst habe ich mir einen 3D-Film über die „Eroberung“ Gran Canarias angesehen. Mein erster 3D-Film überhaupt. Ein bisschen schwindelig war mir dabei. Und, nunja, Eroberung… Die allerhöchstkatholischen Könige Kastiliens, allen voran Isabella, haben eher eine Ausrottung befohlen, da die Canarios sich nicht unterwerfen wollten.

Die Stätte veranschaulicht sehr gut, wie eine Ansiedlung ausgesehen haben muss. Die Höhle mit den Wandmalereien war wohl eine Kultstätte, wie entsprechende Funde belegen. Die Höhle selbst wird nur zu bestimmten Zeiten geöffnet und ist nur durch Fenster zu besichtigen. Früherer unkontrollierter Zugang hat wohl zu starken Schäden der Malereien geführt. Eine Museumsmitarbeiterin erläuterte, was wir sahen. Fotografieren war in der Höhle auch ohne Blitz verboten. Aber man kann die geometrischen Malereien im Internet ansehen. Nachbauten der Häuser gibt es auch, sowie diverse Videostationen, die Einblicke in das Leben der Canarios geben. Es lohnt sich, über das Thema nachzulesen, die Geschichte der Canarios ist sehr interessant.

Nach dem Besuch der Höhle erkundete ich noch ein bisschen die Altstadt rund um die Kirche, wobei ich auf das Museum des Malers Antonio Padrón Rodríguez stieß. Bei freiem Eintritt kann man viele seiner Werke und sein Atelier besichtigen. Er wurde leider nicht sehr alt, nur 48 Jahre. Aber sein Oeuvre ist dennoch beträchtlich. Mir gefallen viele seiner Werke, die dem indigenistischen Expressionismus zuzuordnen sind. Einige Bilder wirken picassoesk, aber er hatte auch Talent zum Realismus. Es ist schade, dass er nicht bekannter ist.

Vor dem Haus waren im Innenhof in Vitrinen Krippenfiguren aus aller Welt ausgestellt. Das war auch mal interessant! Eine Krippe aus lauter Inuit- oder Aztekenfiguren hat schon was.

So, das war es schon wieder für heute. Ich hoffe, Ihr befindet Euch alle wohl!

¡Mis mejores deseos! Euer Gerald

Dieser Dino lebt auf den Klippen vor meiner Haustüre
Teile der oben erwähnten Augeninstallation

Tag 13: Freitag der 13. auf spanisch

„Conforme voy conociendo mejor el idioma, padezco más“
B. Perez Galdós

¡Hola hola de la Costa Ayala!

Was für ein trübes Wetter heute früh. Das hatte ich nicht bestellt. Ich musste mal in die Sonne…

Aber erst einmal Exkursion. Mit der Guagua um 9 Uhr aufgebrochen. Guaguafahren ist ja immer ein höchst kakophonisches Erlebnis! Der Busfahrer hat seine Musik aufgelegt, der tätowierte Bushido-Klon nebenan hört Gangsta-Rap, die toupierte Dame drei Reihen hinter einem schreit in ihr Handy, dass sie eigentlich keins bräuchte, dazu munter durcheinander quasselnde Gruppen.

Das Geburtshaus des Meisters

Unsere heutige Exkursion seitens der Schule führte uns zum Museo Benito Perez Galdós, dem wohl berühmtesten Sohn der Insel, der uns auch schon hier im Tagebuch begegnet ist. Der bekanntermaßen nach Miguel Cervantes meistgelesene spanische Autor! Natürlich bekamen wir für diesen Besuch auch wieder Aufgaben auf, sonst wäre es ja kein Unterricht gewesen.

Es galt Erinnerungstafeln in in den Straßen Las Palmas bestimmten Werken zuzuordnen, Inhalte aus der Führung durch das Museum wiederzugeben, Dinge aus dem Haus zu beschreiben, Einschätzungen über die damalige Zeit zu geben und dergleichen mehr.

Galdós war ein unglaublich vielseitiger und unermüdlicher Autor. Sein Hauptwerk, die Episodios Nacionales, besteht aus 46 Bänden. Dazu kommen noch unzählige andere Novellen, Dramen, Artikel, Kurzgeschichten etc pp. Zudem zeichnete er ausgezeichnet und war ein einflussreicher Politiker. Eine beeindruckende Persönlichkeit.

Diese Skulptur sollte nach Willen des Schöpfers völlig verwittern. Die Inselregierung (oder wer auch immer) hat diesen Akt unterbrochen.

Um der Kultur einen Kontrapunkt zu setzen, beschloss ich, nach Maspalomas zu fahren. Sonne! Meine erste Haltestelle war der berühmte Playa del Inglés. Ach du jeh! Dass die meisten Menschen, die sich dort aufhalten, den ganzen Tag besoffen sind, wundert mich absolut nicht. Dieser Ort ist nüchtern nur schwer zu ertragen! Viele nackte Körperteile, die man nicht gesehen haben möchte, viel Gegröle, in fast jeder Kneipe eine mehr oder weniger talentierte Showgröße, die auf Playback rockige Weihnachtslieder, deutsche Countrysongs oder herzzerreißende Schmachtfetzen intoniert. Aufdringliche fliegende Händler, aufdringliche schleimige Kellner, billige vietnamesische Ramschläden vervollständigen das Bild.

Aber dann: Las Dunas, die Dünen. Toll! Ganz toll! Eine wunderbare Naturlandschaft, die unter besonderem Schutz steht. Man fühlt sich ein bisschen wie in der Sahara. Dieser Naturpark ist riesengroß und wird auf der einen Seite von Maspalomas, auf der anderen Seite von Meloneras begrenzt. Ich lief tief in die Dünen hinein, wo ich fast einsam war. Anschließend fuhr ich noch nach Meloneras, um die Dünen von der anderen Seite zu erobern.

Meloneras ist etwas schicker als Maspalomas, es geht hier wesentlich zivilisierter zu. Und es sieht auch alles ein bisschen netter aus. Aber auch hier riesige Shoppingcenter, die zu zwei Dritteln leerstehen und verzweifelte Tristesse ausstrahlen. Wer kennt nicht Loriots Sketch von der Familie, die durch das Gran Paraíso irrt? So fühlte ich mich dort. Nur ohne Esel.

Schau mal, Mutti: ein Esel!

Von Meloneras aus kann man Pasito Blanco sehen, von weitem sieht das ganz nett aus, es wird wohl ähnlich sein wie Puerto de Mogán. Richtig gute Laune hat natürlich die Sonne gemacht, denn ich bin in trübstem Wetter losgefahren und in wunderbarstem Urlaubswetter angekommen. Eigentlich wollte ich auch ein oder zwei Nächte bleiben und mir dafür ein Hotel suchen. Aber, habe ich mich gefragt, was willst Du morgen und Sonntag den ganzen Tag hier tun?

So ein Strandhase bin ich ja schon lange nicht mehr.

Durch allerschönsten Feierabendverkehr fuhr ich also wieder nach Costa Ayala. Hier ist der Himmel immer noch grau, aber der Ort wird zumindest nicht von Truck-Stop-Liedern überschallt. Man möchte eben nicht immer Dave Dudley hören, Hank Snow und Charlie Pride. Und ich habe eine wahrscheinlich viermal so große Unterkunft, wie in einem Hotel an der Südküste.

Das klang jetzt nach sehr viel Gemotze, glaube ich. Aber auch der Nachmittag war wunderschön, denn die Dünen alleine sind einen Besuch des Südens wert. Jetzt stehe ich vor dem Problem, dass ich morgen auch gerne wieder Sonne hätte, was für hier nicht vorhergesagt ist. Mal sehen wie ich den Wolken hier anders entkommen kann. Notfalls lege ich einen dringend erforderlichen Vokabel- und Grammatiktag ein.

Ich wünsche allen ein wunderbares Wochenende und sende viele liebe Grüße.

Hasta luego, Euer Gerald

Einen Brief an Santa muss ich ja auch noch schreiben!
Dieser Schlingel. Dauernd eine andere Frisur

P.S.: Freitag der 13. heißt übrigens auf spanisch „Viernes Trece“

P.P.S.: Dem Zitat am Anfang des Textes kann ich nur vollinhaltlich beipflichten! Je mehr ich die Sprache kenne, umso mehr leide ich.

Tag 12: Comidas y bebidas

¡Buenas tardes de la isla!

Heute haben wir in der Schule Doktorspiele gemacht. Thema ist ja das spanische Gesundheitswesen und was man so beim Arzt alles erzählen können sollte. Ihr Gleich- und Älteraltrigen! Das vermisse ich hier so, die Menschen, mit denen ich hier zu tun habe, sind ja alle so jung, da kann man mit keinem stundenlang über Krankheiten plaudern. Heute dann endlich die Erlösung. 4 Stunden lang Krankheiten, Schmerzen, Therapien und dergleichen!

Das Wetter heute mehr als bescheiden. Sehr grau, frisch (18°C) und nieselig, dazu weht ein flotter Wind. Im Süden ist es natürlich schön, aber da sind wir ja nun mal nicht. Die Aussichten für die kommenden Tage sind auch eher mau, wobei die Vorhersage sich hier ja stündlich oft massiv ändert.

Ich beschloss, einen Großeinkauf zu starten, auch T-Shirts und dergleichen, da ich zwar eine Waschmaschine habe, aber keinen Trockner und die Wäsche im Innenhof heute und morgen wahrscheinlich keine Chance zum Trocknen hätte. Und ich hatte nur für zwei Wochen gepackt.

Den Nachmittag verbrachte ich dann mit Siesta und Rumgammeln. Ich habe mir eine spanische Klatschzeitung gekauft. Ich verstehe ein bisschen was, kenne aber kaum jemanden. Das Titelblatt zieren die unglaublich berühmten Jesulín und María José. Nach Jahren brechen sie endlich ihr Schweigen. Eugenia Osborne kocht für uns ihr Weihnachtsmenü und Cayetano – der von Eva und Cayetano – kam alleine zur Hochzeit. Tragisch! Aber wer, zum Henker, sind diese Menschen bloß??? Naja, Veronika Pooth wird hier in Spanien auch nicht besonders bekannt sein.

Heute Abend soll seitens der Schule eine kleine Stadtführung im Vegueta-Viertel stattfinden, danach ein gemeinsamer Besuch der noche de las tapas. Aber das Wetter und meine schmerzenden Beine von der gestrigen Wanderung halten mich im Haus.

Einkäufe: Also, was es hier alles tolles gibt! Ich kann mich hier dumm und dusselig fressen (bitte unkommentiert lassen!). Das Obst ist eine Wucht. Es gibt einheimische Orangen, die teurer sind als die importierten, aber eher gelblich-grün-schrumpelig daherkommen. Die würde man in Deutschland nicht kaufen. Sie sind köstlich. Man erhält überall Arroz Negro oder Paella, Tortillas und Empanadas, Meeresfrüchtesalat und Croquetas. Käse in hunderten Sorten, genau wie Schinken und Chorizo. Nur das Brot… das ist hier nicht so der Hit. Man muss suchen, bevor man eines bekommt, dessen Konsistenz nicht an Schaumstoff erinnert. Und das hat dann einen Namen wie z.B. „el Meclenburgo“.

Wein ist natürlich auch ein Thema. Klar, Spanien ist Weinland. Aber irgendwie bin ich doch von den erhältlichen Produkten nicht so wirklich überzeugt. Ich kann mich ja schlechterdings nicht durch das ganze Sortiment saufen (Kommentare: s.o.). Zweimal habe ich einen Mutkauf getätigt, beide Male ein Reinfall. So bleibe ich beim Marques de Caceres hängen, das ist zwar nicht mein Liebling, aber ich weiß, dass ich ihn trinken kann und darüber nicht verarmen werde.

Morgen fängt der Tag ein bisschen später an, denn wir machen mit der Klasse eine Exkursion in das Museo Benito Perez Galdós, dem berühmten Schriftsteller zum Gedenken in seinem Geburtshaus errichtet. Und das öffnet erst um 10 Uhr.

Am Wochenende will ich dann in den Süden, um mal etwas Sonne zu tanken.

Ihr Lieben, morgen mehr, wenn es Euch gelüsten sollte.

¡Buenas noches y que duermen bién!

Euer Gerald