Tag 2: Dubai per pedes, per Omnibus und per Schaluppe

Ihr Lieben,

ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll… Mit der Zusammenfassung? Puh, ich bin alle! Und: Wow, was für eine vielschichtige Stadt! Fast gar nicht zu beschreiben. Aber ich versuche es mal.

In der Nacht wurde ich natürlich doch vom Bum-Bum des Nachtclubs geweckt, aber mit meinen fantastischen Ohrstöpseln – hier könnte IHRE Werbung stehen – war das Problem in Nu gelöst. Etwas zermatscht schleppte ich mich dann um 8 Uhr zum Frühstück, das viel besser war, als ich erwartete. Man kann hier morgens schon eine komplette indische Mahlzeit zu sich nehmen (was ich nicht tat), es gibt eine Eierzubereitungsstation (mit Fotos zum Draufzeigen, was ich tat), Obst, Wurst, Käse, Saft, Filterkaffee mit heißer Milch (!)… Also, hier wird wohl jeder fündig.

So gestärkt eilte ich frohen Mutes zur Rezeption, um den Shuttle-Bus zur Dubai Mall, dem Abfahrtsort der Sightseeing-Busse, zu reservieren. Tja, der fiel heute aus, ob ich ein Taxi nehmen wolle? Vor der Hoteltüre steht der Concierge, der eines gerufen hätte, aber das Hotel liegt inmitten einer riesigen (!) Baustelle, und der Verkehr staute sich dermaßen, dass sich nichts bewegte. Ich beschloss, zu Fuß zu einer der Stopps der Sightseeingtourbusse zu laufen. Was für eine depperte Idee! Es war schon um 9 Uhr früh dermaßen heiß, die Sonne brannte mir auf den Schädel, ich war nach einem Kilometer schon durch. Ich suchte die nächstgelegene Metrostation (anderthalb Kilometer weiter), kaufte mir ein Tagesticket (was Unsinn war, denn ich machte nur diese eine Fahrt – das wusste ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht) und quetschte mich in eine völlig überfüllte selbstfahrende Metro. Ich sichtete eine Menge Menschen mit UN-Bändchen, die für ein gutes Klima auf der entprechenden Konferenz sorgen sollen.

An der Station Burj Khalifa/Dubai Mall stieg ich aus und suchte die Bushaltestelle. Das nahm etwas Zeit in Anspruch, ich musste ewig lange Tunnel entlanglaufen bzw. mich auf Roll…. äh, wie heißen Rolltreppen, die plan sind?, äh… Rollwegen transportieren lassen und durch die rieeeesige Mall irren, um auf die Financial Road zu kommen, wo ich meinen schon in Deutschland gebuchten Voucher einlösen sollte.

Das ging relativ unkompliziert und da die blaue Linie zuerst fuhr, bestieg ich den entsprechenden Bus. Die blaue Linie fährt am Burj Al Arab, dem berühmten „Segel-Hotel“, vorbei über die Insel Palm Jumeirah, streift die Marina und fährt in die Stadt zurück. Auch ohne Baustellen auf der Strecke war der Verkehr so dicht, dass wir sehr lange für den Rundweg brauchten. Diese Strecke ist ein Paradies für Architektur-Liebhaber, die auf spektakuläre Hochhäuser abfahren, zu denen ich mich eigentlich nicht zähle. Aber hier haben sich Architekten mal so richtig ausgetobt. In sich gedrehte Türme, schwebende Legosteine, Disneyburgen. Glas, Spiegel, Marmor, Metall, alles blingblingt um die Wette.

Die Begleitkommentare in den Bussen überschlagen sich entsprechend auch mit Eigenlob. Die gesamten VAE, insbesondere aber Dubai, stampfen einen Superlativ nach dem anderen aus dem Boden. Nichts geht hier ohne Weltrekord. Und wenn die Chinesen sich wagen, einen Rekord zu übertreffen, wie z.B. das größte Indoor-Skigebiet, dann wird eben ein noch größeres geplant. Um so anrührender ist es dann, wenn plötzlich eine kleine Moschee aus dem ganzen Glitzer hervorlugt oder man zwischen zwei Wolkenkratzern einen Blick auf Wasser erhascht, auf dem zwar überwiegend Yachten, aber eben auch traditionelle Dhaus dümpeln. Im Hotel Atlantis am Ende der Palminsel übernachten übrigens die A+++-Promis. In der Suite über dem „Schlüsselloch“ gibt es eigene Köche, Butler, Chauffeure stehen bereit. Man sollte aber sein Scheckbuch dabei haben, eine Nacht soll mit umgerechnet 30.000 Euro zu Buche schlagen.

Ich stieg an keinem der Haltepunkte aus, aber ich fahre eventuell die Tage noch am Burj Al Arab vorbei, wo sich auch der empfehlenswerte Souk Madinat befindet, und/oder zur Dubai Marina, wo man mit den anderen Schönen und Reichen eine nette Promenade entlanglaufen können soll. Wie, höre ich da etwa irritiertes Gemurmel? Jaja, Ihr habt ja recht, so reich bin ich ja gar nicht.

Wieder an der Dubai Mall angekommen, hoppelte ich in die rote Buslinie, die das eher historische Dubai bedient. Historisch ist hier ein vielleicht zu großes Wort. Die VAE wurden ja erst 1971 gegründet. Die Maktum-Dynastie ließ sich erst im 19. Jahrhundert am Dubai Creek nieder. Dafür haben sie es aber wahrlich – zumindest finanziell – weit gebracht. Die Herrscherfamilie ist angeblich sehr volksnah und extrem beliebt. Überall begegnet einem das Konterfei des Emirs Muhammad bin Raschid Al Maktum. Gut, das ist in Nordkorea mit dem dortigen Emir ja auch der Fall, aber hier scheinen die Beweggründe dann doch andere zu sein.

Auf der roten Fahrt sprang ich dann auch mal aus dem Bus. Zum Beispiel im Viertel Al Seef, wo es einen Souk gibt, der in einer Ansammlung von historischen und historisch nachempundenen Windturmhäusern, direkt am Dubai Creek untergebracht ist. Sehr malerisch ist es da. Ich hoppte einen Kilometer weiter wieder on und hoppte am Bur Dubai Souk wieder off. LeuteLeuteLeute! Jetzt wurde es anstrengend. „Hello my friend!“, „Boss, Boss, Rolex?“, „Ich erkenne Dich wieder, mein Freund!“, „Give me High Five!“. Das ist nichts für mich, das zehrt an meinen Nerven! Ich hätte ohne die wirklich aufdringliche Belästigung wahrscheinlich den halben Souk leergekauft. So hastete ich nur wie ein verschrecktes Kaninchen dadurch. Das Schlimme ist, dass man auf den meisten Basaren der Welt ja alle Sprachen spricht. Mein rudimentäres Griechisch, mit dem ich abwimmele, ist aber noch nicht vertreten und so hinterlasse ich doch oft fragende Gesichter.

Ich fuhr weiter, um mich dann am Gold- und Gewürz-Souk auf der anderen Seite des Dubai Creek wieder diesem Stress auszusetzen. Im Gold-Souk ist man aber deutlich dezenter, daher kaufte ich mir einen Schädelschutz, um den ich schwer feilschen musste. Aber die Sonne brannte ja immer noch. Irgendwann ging der Händler nicht weiter runter, da wusste ich, die Grenze ist erreicht. Aber er legte dann noch 6 UNGLAUBLICH! kitschige Kühlschrankmagneten drauf!

Ich lief ein wenig von den Hauptverkehrsadern weg. Hier ist dann nicht mehr ganz so viel BlingBling. Spezialisierte Läden, sehr viel mehr Menschen in traditioneller Tracht (gut, das ist in den Souks auch so, aber es gibt eben einen Unterschied zwischen Oktoberfest-Dirndl und altgedientem Filzjanker in Kombi mit Gamsbart, wenn Ihr versteht, was ich meine). Ein solcher Einblick ist auch mal schön und bietet andere Ansichten.

Gegen 16 Uhr stellte sich Bierdurst ein. In einem Emirat. Und dann ging die SIM-Karte mal wieder nicht. Wie finde ich jetzt eine Bar mit Ausschank-Lizenz? Also, ab ins nächstgelegene Hotel. Dort wurde mit einer Rooftop-Bar geworben. Unten in der Lobby schon ein eher mafiöses Setting. Oben angekommen, musste ich feststellen, dass es vielleicht auch Bier gegeben hätte, die Bar aber wohl ein grundsätzlich anderes Geschäftsmodell verfolgte. In einem muslimischen Emirat! Im nächsten Hotel wurde ich dann im ersten Stock bei einem indischen Buffett-Restaurant fündig. Ich durfte auch ohne Essen ein hochpreisiges Getränk zu mir nehmen.

Der Kleine ist so stolz auf sein neues Käppi! Und ein Bier hat er auch bekommen! Was für ein aufregender Tag für unseren Gerry! Guckt mal, wie er sich freut!

Derart gestärkt lief ich zu den Anlegern der Dhaus zurück. Ich wollte mich übersetzen lassen. Ich wurde schon in Al Seef angequasselt, ob ich für 60 oder 120 Dirham eine kleine Rundfahrt machen wollte. Das entspräche 15 oder 30 Euro für 30 bzw. 60 Minuten. Ich lief aber stattdessen zum Ticketschalter, wo ich für umgerechnet 50 Eurocent ein Ticket erwarb. Hömma! Das war toll. Die Sonne ging gerade unter, die Boote tuckerten hin und her, ich scherzte mit einer pakistanischen Reisegruppe, die Vögel kreischten! Und ein Bühnenbild, das einer venezianischen Ansicht gleichkam.

Auf der anderen Seite besuchte ich dann einen MMI. Das ist ein Shop, der Alkohol verkaufen darf. Übrigens seit neuestem nicht nur mehr an Touristen, sondern an jeden, der eine entsprechende Erlaubnis (bei mir der Reisepass) vorweisen kann. Der Laden war brechend voll. Ich mit meinen zwei Weinflaschen für die beiden kommenden Hotelnächte war da ein Leichtgewicht. Zwei Meter vor mir in der Kassenschlange hatten drei junge Männer 4 Kartons mit Whiskey geladen. Ob das jetzt eine wilde Party geben sollte oder die drei für die Gastronomie einkauften? Niemand wird es je erfahren.

Die Tageshitze hatte etwas nachgelassen und so lief ich die drei Kilometer bis zum Hotel zu Fuß. Wie gestern schon vermutet: Dubai ist kein schöner Fußgängerort. Zumal ich wieder über die riesige Baustelle musste. Übrigens, man hatte mir erzählt, dass die erst seit ein paar Wochen steht und in drei Monaten soll alles fertig sein. Da dachte ich kurz an die Kölner Baustellen, brach in Tränen aus, man klopfte mir mitfühlend auf die Schulter, ich bekam Taschentücher gereicht und beruhigte mich dann aber wieder schnell. Et hätt ja immerhin alles immer noch irjendwie jod jejange. Finde gerade das Kotz-Emoji nicht.

Im Hotel angekommen, warf ich mich erst einmal aufs Bett und machte ein unbeabsichtigtes, einstündiges Nickerchen. Ich schnappte mir danach mein Tablet und begab mich wieder in das Hotelrestaurant. Mein Essen sah fast genau so aus, wie das von gestern, schmeckte aber komplett anders. Außerdem bestellte ich zu dem Murgh Chicken auch noch Aloo Paratha. Das Huhn war lecker, die Kartoffel-Paratha hat mein damaliger pakistanischer Mitbewohner Wahaj aber um Klassen besser hinbekommen.

Nach dem Essen begab ich mich zur Rezeption, da ich nur ein Handtuch, meine Dusche aber ohne Vorhang oder Abtrennung alles durchnässt hatte. Man wolle sich kümmern. Ich fuhr nach oben und das Housekeeping stand schon vor der Tür. Wahnsinn! Ich habe wirklich gemischte Gefühle bei dem Kasten, entwickele aber eine gewisse Sympathie. Es sind aber auch alle so nett! Gut, das ist man/frau hier überall. Der Servicegedanke ist hier philosophisch anders unterfüttert als in Köln. Manchmal geht es sogar schon ein bisschen zu devot zu. Übrigens, jetzt kommt der peinliche Teil, wo ein Deutscher sich über den Emirati an sich Gedanken macht.

Service machen die anderen, selbst an Bord der Emirates Airlines. Das sind Spanier, Filipinas, Holländer und Japanerinnen. Service im Hotel sind indisch- oder pakistanischstämmige Herren. Frauen sind im Service eher selten. Laut Statistik stellen sie aber mehr als 60% der Staatsbediensteten. Die VAE sind bei der beruflichen und akademischen Gleichberechtigung wohl ganz weit vorne mit dabei. Man sieht auch sehr wenig verschleierte Frauen in Dubai (wie es auf dem Land aussieht, weiß ich natürlich nicht). Dennoch gibt es andererseits die Todesstrafe bei Ehebruch, männlicher Homosexualität und Apostasie, dem sogenannten Abfall vom rechten Glauben. Das ganze BlingBling, die fallschirmspringende Instagram-Sheika, das „Boomtownige“ kontrastiert stark damit, wie auch mit den Menschenmassen, die sich dem Ruf des Muezzin folgend zur Moschee begeben, während drumherum alles im Shopping-Rausch ist. Es ist ein sehr widersprüchliches Fleckchen Erde.

Jetzt sitze ich auf meinem Zimmer, erzähle Euch von meinem Tag und versuche später herauszufinden, wie ich abends auf den Burj Khalifa komme und was ich sonst noch unternehmen kann und will. Ich hoffe, ich habe wieder den ein oder anderen Co-Unternehmer und freue mich auf Eure Begleitung!

Liebe Grüße, Euer Gerry

P.S.: Der Muffgeruch im Zimmer war heute übrigens wie weggeblasen. Verhext!

P.P.S.: Wer freut sich denn nicht über solche Schmuckstücke?

P.P.P.S.: Habe gerade massive Probleme mit der Konnektivität, daher habe ich ein bisschen geschludert, was die Fotos und den Text angeht.

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