KunstKulturWeinundBier

Ihr Lieben,

neinneinnein, meine Leertaste funktioniert noch, wie man sieht. Ich komme später noch zur BedeutungdiesermysteriösenÜberschrift.

Diese Woche ist unglaublich viel passiert. Ich bin in ein neues Büro gezogen (Domblick und Taubenplage), habe Vorstellungsgespräche geführt, eine neue Brille bekommen, den Stromanbieter gewechselt, ich habe alles für meinen Spanienurlaub im Dezember gebucht, meine Auszeit kommende Woche im Harz geplant und mich mit der Nilkreuzfahrt im November beschäftigt. Und zwischendurch mehreren Menschen erklären müssen, dass ich gar nicht so oft Urlaub mache. Wie kommen die darauf (ist alles nur eine Frage präziser Planung)? :-). Ach, und ich habe Windräder als Taubenabwehr gebastelt und vor den Bürofenstern angebracht.

Okay, „KunstKulturWeinundBier“ ist der Name einer kleinen, aber feinen WhatsApp-Gruppe, die sich dem genannten verschrieben hat, mit mehr oder weniger wechselnden Schwerpunkten, wenn ihr versteht, was ich meine… So versuchen wir, an jedem ersten Donnerstag im Monat, eine kulturelle Veranstaltung oder eine Ausstellung zu besuchen, um dann im Lokal das Erlebte zusammen zu verarbeiten. 🙂 Diesmal haben wir es wegen der Kunsttage Rhein-Erft auf heute verschoben, die haben sich doch glatt geweigert, wegen uns früher anzufangen. Und das, obwohl wir schon so oft da waren und eigentlich auch immer etwas erwerben.

Getroffen haben wir uns erst einmal beim Italiener, um etwas zu essen. Da war es ganz lecker, aber die Preise zur Zeit in der Gastronomie sind schon gruselig. So habe ich für vier (sic!) Garnelen mit Haselnusskrümeln mal eben 18 Euro gelatzt. Ich wusste um den Preis, hatte mir aber eine größere Portion versprochen. Naja, Glas Wein 7,30 Euro, Nudeln mit Ragú 18,50 Euro. Aber lecker und in schöner Runde kann man das ja mal machen! Musikalische Untermalung hatten wir kostenfrei durch eine plötzlich auftauchende Brass-Band.

Dieses Mal war die Ausstellung besonders vielseitig und ansprechend, mir haben ganz viele Werke verschiedener Künstlerinnen und Künstler sehr gefallen. Die Messlatte für eine Erlaubnis zur Teilnahme sind auch extrem hoch. Gut, das merkt man jetzt nicht bei JEDEM Aussteller. Mir war aber sofort klar, dass mein Plan, mal nichts zu kaufen (wohin auch mit all dem Zeug???), nicht aufgehen würde. Wir sahen Fabelwesen, Klecksereien, Glaskunst, langweilige Moore-Imitationen, ausdrucksstarke Großformate, die mir Sorgen um den psychischen Zustand des Künstler bescherten, wir erfuhren komplette Lebensgeschichten mit lückenloser Aufzählung des Werkverzeichnisses, wir staunten über die Kunst der Schülys der Donatus-Förderschule (sie sind jedes Jahr vertreten und machen großartige Sachen!), wir rätselten, manchmal verstanden wir, wir glucksten und wir hatten auch durchaus ernste Gespräche.

Ich habe ein sehr schönes Bild erstanden, der Entscheidungsprozess hat gefühlt ein Erdzeitalter gedauert, aber jetzt zuhause, da freue ich mich, dass ich mich durchgerungen habe. Und darüber, dass es bei einem Bild blieb, zu dem es dann auch beim Kauf noch eine wirklich nette Anekdote zur Entstehung gab.

Wir ließen den Nachmittag in einer Brauweiler Schenke ausklingen, dessen Wirt ein sympathischer Kauz ist und in dessen Gastwirtschaft auch Bilder verkauft werden. Sowas.

Brauweiler Kunsttage, wie ich sie nenne: Immer einen Besuch wert, erst recht mit lieben Freundinnen und Freunden. Morgen könnt ihr noch hin.

Liebe Grüße, Euer

P.S.: Hier meine kleinen Neuerwerbungen:

Bericht aus Bonn

Ihr Lieben,

alte Knacker wie ich erinnern sich noch an die Fernsehsendung „Bericht aus Bonn“, ich mit den Moderatoren Nowotny und später Lueg. Jeden Freitag kam das. Mein Bericht aus Bonn ist dann halt vom Sonntag und ist auch wenig politisch.

Das Wochenende habe ich dazu genutzt, Papiere zu sortieren (ungelogen geht ein 30cm-Stapel in den Schredder), Wäsche zu waschen, das Gefrierelement abzutauen und all das, was man eben so gerne mag. Sonntag dann beschloss ich, einen kleinen Ausflug zu machen, anstatt die Abstellkammer und die Küchenschränke auszumisten. Nach einem leckeren Omelett gings dann Richtung Bahnhof Deutz, wo ich mich in den ersten Zug mit einem interessanten Nahziel werfen wollte. Das war dann einer Koblenz über Bonn. Und da ich bei dem letzten Treffen der Namibia-Connection schon beschlossen hatte, mich mal ausführlicher umzuschauen, stieg ich da kurzerhand aus.

Über den Münsterplatz, mit einer Stippvisite von Kirchenschiff und Krypta, ging es durch die Altstadtsträßchen über den Marktplatz zum Beethovenhaus. Dort löste ich für den Preis eines Kleinwagens eine Eintrittskarte, um auf den Spuren des ollen Ludwig zu wandeln. Das Haus ist erstaunlich groß, mit einem schönen Hinterhof, aber etwas lieblos eingerichtet. Unspannend museal würde ich das nennen. Interessante Ausstellungsstücke findet man dennoch.

Die gesammelten Eindrücke musste ich dann vor dem historischen Rathaus erst einmal bei einem Bier verarbeiten. Ich gebe es mal zu, es war jetzt keine Spitzenidee, in der Mittagshitze durch Bonn zu latschen, ich war nach zwei Stunden schon völlig hinüber. Dermaßen gestärkt fuhr ich dann mit der Straßenbahn in die Rheinauen.

Die Rheinauen sind wirklich nett. Ich war versucht, mir ein Tretboot zu mieten, aber knapp 10 Euro für eine halbe Stunde war mir dann doch zu üppig. Das muss man dann mal zu viert machen. Ich guckte mir stattdessen den Blindengarten, den japanischen Garten sowie ein paar Skulpturen an. In einem Ausflugsrestaurant stärkte ich mich ein weiteres Mal und fuhr dann wieder nach Hause.

Ein kurzer, netter Ausflug, um die ehemalige Bundeshauptstadt mal besser kennenzulernen. Bonn konnte nach dem Krieg einiges besser als Köln, und das hat sich bis in die Neuzeit gehalten. Natürlich stößt man auch hier nicht ständig kleine Schreie der Verzückung aus, aber es ist ein sehr hübsches Städtchen mit netten Fußgängerzonen, schönen Parks und einer ansprechenden Außengastronomie.

So, allen noch einen schönen Restsonntag und bis denne, gelle? Euer

Das Unbekannte im Bekannten entdecken: Ein ungeplanter Tagesausflug nach Köln

Ihr Lieben,

das war wieder einmal ein schönes Wochenende, auch wenn nicht alles nach Plan verlief. Samstag kam Elke schon nachmittags vorbei, wir wollten am Rhein ein wenig spazieren gehen und im Fischerhaus etwas essen und trinken. Die Portionen dort sind ja riesig, wir haben nicht alles geschafft. Kurz hatte ich überlegt, mein Holsteiner Schnitzel in XXL zu bestellen, aber der Service riet mir dringend davon ab. Gottseidank, sag ich da nur. Die Sonnenblumenfelder in Poll haben ihre beste Zeit leider schon hinter sich, aber der Spaziergang war dennoch schön. Rechtzeitig vor dem Gewitter haben wir es dann auch noch nach Hause geschafft.

Sonntag dann war ich am späten Nachmittag mit Rolf verabredet, der ja nach Barcelona auswandert. Da dachte ich, ich nutze den Tag, um mit der Regionalbahn nach Bad Honnef zu fahren, wo ich nach meinem Kenntnisstand noch nicht war. Am Deutzer Bahnhof fand ich dann aber bürgerkriegsähnliche Zustände vor. Die Bahn kam zwar pünktlich, war aber schon brechend voll. Die in Deutz Zusteigenden bemühten sich nach Leibeskräften (!), auch noch in den Zug zu passen. Und da kennt der Deutsche ja nix! Ich wartete noch 5 Minuten auf eine Bahn ins Siegerland, aber da sah das nicht anders aus.

Der Tagesausflug war schon im Ansatz gescheitert. Da ich aber nun schon in Deutz war, verlegte ich ihn halt nach Köln. Ich lief die Hohenzollernbrücke rauf und runter und fuhr zwischendurch auf die Aussichtsplattform des KölnTriangle (5 Euro und 30 Sekunden Liftfahrt für 28 Etagen). Der Ausblick von dort ist fantastisch!

Mir fiel ein, dass es an der Bastei ein Mettbrötchenfestival geben sollte. Durch einen ellenlangen Flohmarkt am Rheinufer lief ich dorthin, kaufte bei einem Wurstmacher ein und fand an der Bastei… nix! Da war immer noch Flohmarkt, kein Mett in Sichtweite. Ich traf aber auf ein paar andere Menschen, die ebenfalls enttäuscht waren, dass die Veranstaltung noch nicht einmal abgesagt wurde. Ich lief zurück in die Innenstadt und strollte ziellos durch die Altstadt, stolperte am Hänneschen-Theater in ein kleines Fest und entdeckte Gassen und Hinterhöfe, in denen ich wahrscheinlich noch nie war. Da ich den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte, versuchte ich ein Plätzchen vor einem Restaurant am Rhein oder am Alter Markt zu finden. Leider waren alle Terrassen total verqualmt. Ist rauchen wieder hip? Ich dachte, die Leute haben alle kein Geld mehr! Ich suchte ein abgelegenes Systemrestaurant auf, wo ich eine wagenradgroße Pizza bekam, die wirklich gar nicht schlecht war.

Dann war es auch schon soweit, Rolf zu treffen. Wir pichelten uns in den Abend hinein. Ich hatte einen kleinen sentimentalen Anfall, als mir klar wurde, dass er jetzt wirklich wegzieht. Naja, wir sehen uns Ende Oktober auf dem Nil wieder und bei meiner Spanienrundreise im Dezember werde ich auch Halt in Barcelona machen. Das war trotz der Abschiedsstimmung ein schöner Ausklang. Weniger schön war, dass dann 50 Minuten (!!!) keine Bahn mehr für mich fuhr, was mir einen sehr langen Spaziergang nach Hause bescherte. Ich muss jetzt mal abschweifen und mosern: Die KVB hat beschlossen, dass meine Straßenbahnlinie tagsüber im 20- bis 50-Minutentakt oder eben auch gar nicht fährt. Selbst abends nach der Arbeit warte ich manchmal bis zu 45 Minuten! Da wünscht man sich gelegentlich doch seine Cora zurück. SO jedenfalls geht Verkehrswende nicht.

Alles in allem war es trotz des ungeplanten Verlaufs ein schönes Wochenende. Auch als hundertjähriger Bewohner Kölns kann man noch eine Menge entdecken. Zwischendurch habe ich auch immer wieder bekannte Gesichter gesehen und einen kleinen Plausch gehalten. Köln ist halt auch ein Dorf.

Liebe Grüße und allen einen guten Wochenstart, Euer

P.S.: Der Bericht ging erst heute online, weil – auch nicht geplant – ich gestern zuhause keine Internetverbindung hatte und zu faul war, das technisch anders zu regeln 🙂

Wir haben sie gerettet und gehen davon aus, dass sie noch ihren Enkeln von diesem Aperol-Bad erzählen wird.

Wochenendgeschichten

Ihr Lieben,

manchmal gibt es so Tage… Samstagmorgen bin ich nach seltsamen Träumen hochgeschreckt und dachte, es wäre schon Mittag. Aber es war erst 9 Uhr. Wow. ich machte mir Kaffee und Rührei, las die Nachrichten und erhielt um etwa 11 Uhr die Mail, dass eine Weinlieferung in der Packstation sei. Diesmal sogar in der richtigen. Vorgestern erhielt ich nämlich eine Nachricht, dass ich eine andere Bestellung in einer Packstation abholen könne, die sich leider 20.000 Meilen unter dem Meer (Idee: J. Verne) befindet.

Ich meine Mietwagen-App aufgemacht und zu meiner großen Freude gesehen, dass der Kilometer heute nur 1 ct. kostet. Na, das kann man ja mal ausnutzen. So holte ich den Wein ab, machte einen Großeinkauf und begab mich sogar zum Baumarkt, um einen Absperrhahn zu kaufen, um einen defekten in der Küche zu ersetzen. Insgesamt habe ich dann, weil man bei der Firma fürs Tanken mit Guthaben belohnt wird, für das Auto alles in allem nur etwa 3 Euro bezahlt (Mietgebühr und Parkzeit mit eingerechnet). Aber an einem Samstag zum Baumarkt zu fahren erwies sich im Nachhinein als ziemlich dumm. Auf dem Parkplatz spielten sich Szenen wie aus dem wilden Westen ab. Fehlte nur, das geschossen wurde.

Im Baumarkt erstaunlich viele Berater. Die vom Sanitär schickten mich zu Eisenwaren, die zu Werkzeugen und die zum Sanitär. Aber immerhin gab es welche. Zuhause stellte sich dann aber heraus, dass man mir das falsche Teil verkauft hatte.

Am Abend buk ich dann noch ein paar sehr einfache Nussstangen: Hefeteig aus dem Kühlregal auf einem Backblech ausbreiten, mit dem Mixer weiche Butter, Zucker und die schokolierten Nüsse vom Albert-Süd zermantschen, draufschmieren und ab in den Ofen. Kam aber gut beim Männertreffen der Diepolders an.

Das war dann am Sonntagnachmittag bei den ältesten Neffen in Grevenbroich und sehr nett. Hier zeigte sich nur mal wieder, das man ohne Auto logistische Probleme hat, mein Bro musste mich am Bahnhof abholen, da der nächste Bus erst gefühlt zum Tag der deutschen Einheit erwartet wurde.

Alles in allem aber ein beschauliches Wochenende, das jetzt mit Wein und Huhn aus der Röhre ausklingt.

Allen morgen einen guten Wochenstart!

Liebe Grüße, Euer

Reisen in autolosen Zeiten: Ahrweiler

Ihr Lieben,

ich versuche erneut, ohne Auto zurechtzukommen. Das hat vor Cora auch jahrelang funktioniert. Seit einer Woche fahre ich daher wieder ÖPNV und habe mir seitdem jeden Tag mein geliebtes Gefährt… ja, meine Gefährtin, wie Rosinante es für den Herrn aus La Mancha war, zurückgewünscht.

Sollte die Mär stimmen, dass man den Knoblauchgeruch des Gegenübers nicht wahrnimmt, wenn man selbst ausreichend von dieser tollen Knolle genossen hat, dann dürfte ich mich in Zukunft nur einmal im Jahr duschen, um die Hygieneverweigerer in Bussen und Bahnen nicht mehr zu bemerken. Und neben der körperlichen gibt es ja auch noch die psychische Hygiene. Was bringt einen Menschen dazu, sich eine überfüllte Straßenbahn als Abladeplatz seiner Weltenschwermut auszusuchen? ÖPNV ist nicht einfach, auch wenn sie mal fährt. Denn das ist ja das dritte Ärgernis: Wieso bin ich mit dem Auto doppelt so schnell in der Stadt, selbst wenn die Bahn mal pünktlich ist und warum dauert es zehnmal so lang, wenn man auch mal 45 Minuten auf eine Bahn wartet?

Heute gab es dann die Herausforderung der besonderen Art. Ohne Cora fuhr ich nach Ahrweiler, um meine liebe Freundin Ike zu besuchen. Und es hat alles geklappt! Gut, ich musste in dem nur zu 10% gefüllten Zug Richtung Remagen einmal den Platz wechseln, weil eine junge Frau glaubte, sie müsse sich direkt mir gegenüber setzen und ihre von Schuhen befreiten Käsequanten direkt auf den Sitz neben mir parkieren. Was stimmt mit diesen Personen nicht????

In Remagen musste ich etwas auf den Anschlusszug warten und erquickte meine stressgeplagte Seele mit einem Piccolöchen. Auch dieser Zug war pünktlich und ich war seit langem mal wieder zufrieden mit der deutschen Bahn. Ein kurzer Fußweg trennte mich von meiner Unterkunft und die ist klein, aber fein. Mit meiner Vermieterin, die ich bis dato nur per WhatsApp kannte, hatte ich dann noch ein kurzes Telefonat und dann war ich in meinem Zweitagespalast. Ein winzige, aber erstaunlich effektiv eingerichtete kleine Wohlfühloase mitten in Ahrweiler! Der Weg zum Bett erfordert akrobatisches Geschick, aber das habe ich ja in den Genen. Niemand stolpert schöner als ich. Im Ernst: Per WhatsApp kamen Tipps, in der Wohnung lagen Prospekte und Hinweise, was man alles unternehmen kann… Ich bin jetzt schon begeistert von der Unterkunft.

Ich musste einkaufen: Wein, Milch, Wasser, Knabberzeug. Dazu lief ich im Nieselregen zum Ahrweiler Edeka. Die haben, sehr löblich!, Weine auch gekühlt im Angebot. Ich kaufte eine eiskalte Flasche Blanc de Noir der Ahrweiler Winzergenossenschaft. Im Nieselregen zurück zum Appartment, wo mich dann Ike telefonisch erreichte. Wir gaben uns 30 Minuten Zeit zum Frischmachen und dann fuhren wir gemeinsam nach Grafschaft zu Brogsitter, wo wir schnell fündig wurden und unsere Weinkäufe erledigten. Die brachten wir dann zu Ike, wo wir auf dem Balkon einen Auxerrois schlürften, den ich beigesteuert hatte.

Die Pizzeria La Perla wartete auf uns. Ike hatte einen Tisch reserviert und wir liefen hinunter ins Dorf. Leider hat es immer noch gefisselt und wir hatten daher einen Tisch drinnen. Ike Steak und Pommes, ich Schnecken und Pizza Mafiosa. Der Laden bumsvoll! Schnecken prima, Pizza gut, Steak zäh. Und Ike hatte es bestellt, weil ihr Patenkind es so toll fand. Wir haben uns nicht beschwert, sondern nur gesagt, dass das Essen gut war, das Steak aber leider nicht so dolle. Warum ich das so episch ausbreite? Man hat sich entschuldigt und einen Rechnungsabzug vorgenommen. Hut ab! Ich mag diesen Laden!

Wir nahmen den Absacker in der Marktschenke. Absacker? Ja, daraus wurde nichts. Denn wir lernten ein paar Ahrtaler kennen, mit denen wir ins Gespräch kamen. Nicht, dass Ike nicht sowieso dauernd hier und da grüßte, aber diese Frauen kannte sie auch noch nicht. Und alle hatten einen sehr pragmatischen Blick auf die Katastrophe, ohne die Verfehlungen der Bundes- und Landesregierungen herunterzuspielen. Aber in einer Zeit der Krakeelerei und Beleidigungen habe ich mal einen vernünftigen Blick auf die Situation vor Ort erfahren dürfen, von Menschen, die hier leben. Diese Menschen könnten vielleicht mit ihrem Wunsch nach mehr Hilfe mehr erreichen, als Parolenkreischer. Es wird aber wie immer sein: Die Lauten werden von der Politik ignoriert, die Leisen nicht gehört.

Das Ahrtal braucht viel mehr Aufschwung. Jetzt sollen aber erst einmal die Straßen wieder aufgerissen werden, um die Abflüsse zu sanieren, dann erneut, um Glasfaser zu verlegen, dann noch einmal, um…. das weiß ich schon gar nicht mehr…. Sandra aus der Gruppe meinte, sie glaube, es dauere 10 Jahre, um Ahrweiler wieder auf die Beine zu bekommen.

Ist das jetzt Erholung? Nieselregen, Problemdiskussionen, Käsefußalarm? Ja, ich bin gottseidank mal wieder weg aus der Fabrik, habe meine liebe Ike getroffen, kann mich auf weitere Freundinnen und Freunde freuen und auf viel Wein und gutes Essen! Bei mir gehören die Ahrweine unter die Top3 Deutschlands!

Nach einer langen Ausschlafnacht kippte ich mir ein paar Tassen Kaffee in den Kopf und lief durch den Ort. Ike hatte mich angerufen und darum gebeten, Brot zu kaufen. Das tat ich dann und war positiv überrascht, was für nette Bäckereien es hier gibt. In einem anderen Laden erwarb ich sehr günstig Schraubverschlussflaschen für zukünftige Schnapsproduktionen. Der Rundgang durch den Ort zeigte, dass der Wiederaufbau zwar stattfindet, aber viel zu langsam. Mit viel zu viel Leerstand.

Ich entschied mich, mit der Ahrtal-Bimmelbahn zu fahren. Hej, die war so schön leer und ich bekomme jetzt die absoluten Hightlights des Ahrtals zu sehen! Yeah! … Äh … Hmpft… Die Fahrt nach Bad Neuenahr war trist und langweilig. In Bad Neuenahr mussten wir dann 20 Minuten zusehen, wie sich dort andere Touristen in den Bimmelzug quetschten und dann einzeln abkassiert wurden. Und dann fuhren wir fast die gleiche Strecke zurück. Nur, dass in Bad Neuenahr so viele Menschen zustiegen, dass wir wie gequetschte Sardinen in der Dose zusammengepfercht waren.

Ein älteres Ehepaar, das ganz vorne saß, krakeelte, dass man ja ohne Knieschaden gar nicht mehr herauskäme. Durchweg, die ganze Fahrt lang! Hinten saßen Menschen, die in einer slawischen Sprache herumlamentierten. Laut, ohne Punkt und Komma. Neben mir saß eine Mutter mit ihrem liebreizenden Kind. Sie ließ ihre Brust herausploppen und säugte ihren Benji. Das fand ich jetzt schon nicht prickelnd. Benji musste aber ab da herumrülpsen und ich dachte den Rest der Fahrt nur daran, dass ich, wenn Benji mich ankotzen würde, dann leider auch kotzen müsse. Fazit: Tut es Euch nicht an! Langweilig, gefährlich, stickig bis muffig und – erwähnte ich es schon? – langweilig!

Ich trank einen Kaffee in meiner Ferienbutze und sortierte meine Gedanken für den Nachmittag. Denn nun hieß es, noch mehr liebe Freunde zu treffen. Ich lief zu Ikes Behausung und kam nur Minuten nach Erikas und Udos Eintreffen an. Eine halbe Stunde später vervollständigten Tita und Frank die Runde. Ike hatte kleine Snacks angekündigt, es wäre allerdings genug für ein komplettes Abendbrot gewesen. Es war sehr schön, mal wieder zusammen zu sein.

Um 19 Uhr war der Tisch beim Körtgen bestellt. Ich erwähnte bereits, dass ich da schon immer hinwollte. Ich mache es kurz. Man hatte mir gesagt, dass das Essen da auch nichts mehr tauge und das Körtgen maßlos überschätzt sei. Ich weiß es jetzt besser, denn ich war ja heute da. Das Essen ist mehr als gut! Ich hatte Nudeln mit Pfifferlingen und die Dessertvariation des Hauses. Perfekt! Die Weine von Körtgen sind etwas bodenständiger als die von Brogsitter, aber ich mag beide gerne trinken. 🙂 Überraschung des Abends war aber, dass Ike die gesamte Rechnung übernahm, im Nachgang zu ihrem Geburtstag. Da hätte ich ja auch Schampus…., nee, Spaß!

Tita und Frank fuhren noch nach Hause, während Ike, Erika, Udo und ich noch einen Absacker am Markt nahmen. Wir konnten bis Mitternacht draußen sitzen, bis wir gebeten wurden, zu gehen. Die Sperrstunde war erreicht. Ehrlich? Ich habe Mitleid mit den Anwohnern! Die meisten anderen Kneipengäste hatten vergessen, dass es ein gesellschaftlich akzeptiertes Level an Lautstärke im Freien gibt.

Das war ein wunderbarer Tag und ich kletterte dankbar die mehr als tödlichen Stufen zu meinem Bett hoch.

Sonntag dann räumte ich ein bisschen in der Butze auf (Hotels haben auch Vorteile!) und begab mich samt Gepäck wieder zu Ikes Wohnung. Zu viert spazierten wir in den Weinbergen um das Calvarienkloster herum, ich zündete in der Grabkammer der seligen Blandine ein Kerzchen an, und genossen das gute Wetter, die frische Luft und die schönen Ausblicke. Nach der Wanderung fuhren wir noch in den Altenwegshof, wo es deftige Küche zu sehr fairen Preisen gibt. Das unter Lindenbäumen mit Blick auf die Ahrtal Mountains! Sehr schön da, daher auch später bumsvoll. Diesmal auf die Kappe von Erika. Danach trennten wir uns alle, die Bad-Münstereifelaner traten wieder in die Pedale (Respekt!) und Ike brachte mich zum Bahnhof Remagen. Denn hin nach Ahrweiler kann man mit dem Zug, zurück nur mit einem unzuverlässigen Schienenersatzverkehr. Ich frage mal so lose in die Runde: WIESO??? Die Züge müssen doch sowieso die Strecke zurück fahren, wieso nimmt man dann nicht Passagiere mit? Oder werden die Züge in Walporzheim alle entsorgt? Die Logik dahinter wird mir für immer verschlossen bleiben.

Auf jeden Fall war das ein wunderbares Wochenende, wir hatten uns in kompletter Formation ewig nicht gesehen. Und mit dem Wetter hatten wir ja auch Glück. Und die Rückfahrt verlief auch unproblematisch, außer das der Zug brechend voll war. Also, es geht irgendwie auch ohne Auto. Nämlich, wenn jemand anderes fährt. Hihi.

Liebe Grüße, noch einen schönen Sonntagabend, Euer

Überbrückung der Wartezeit in Remagen

Mit dem Esel Mk 1,50, Pferd kostet extra

Ihr Lieben,

die Vorhersage fürs Wetter ist ja mal wieder mau, ab heute Abend sind mal wieder Gewitter und für morgen Regen angesagt. Da ich mich zuhause nicht zwischen Terrasse putzen und Wäsche waschen entscheiden konnte, kurvte ich mit Cora Richtung Drachenfelsbahn. Ich wohne schon so lange im Rheinland, aber ich war erst zweimal am Drachenfels. Einmal während des G7-Vorsitzes Deutschlands in 2007, wo ich eine Gruppe von Gästen des Umweltministeriums mitbetreute, die an einem Abend ihrer Konferenz auf dem Petersberg im Gipfelrestaurant zu speisen gedachten. Da habe ich dann wenig vom Drachenfels an sich gehabt. Das zweite Mal auf einer Wanderung 2021 im totalen Nebel. Man sah die Hand vor Augen nicht.

Heute war es bei der Ankunft zwar etwas diesig, aber man hatte beste Sicht. Nachdem ich ein wenig mit dem modernen Parkscheinticket gekämpft hatte, konnte ich dort auch einer polnischen Familie weiterhelfen, der Kreditkarten nicht anerkannt wurden. Ich habe das Ticket dann für sie bezahlt und sie gaben mir das in bar wieder. Touristenfreundlich ist das auf jeden Fall schon einmal weniger, dass man nur eine Bezahlmethode hat.

Die Drachenfelsbahn war bis auf den letzten Platz gefüllt und hoch ging es über die Mittelstation bis zur Bergstation, wo die Menschenmasse sich über die Aussichtsplattform ergoss. Ein babylonisches Stimmgewirr erfüllte die Luft, Kinder- und Elterngeschrei („Kathleen-Saphirette, ich sage es nicht noch einmal…“), Hundegebell („Wuschel, ich sage es nicht noch einmal…“), Vogelgezwitscher. Ich machte mich auf zur Turmruine. Ich frage mich ernsthaft, wie die ganze Burg ausgesehen haben muss, denn eigentlich stehen die Überreste auf einem Nadelfelsen. Vielleicht war die Festung recht klein oder wand sich spiralförmig um den Berg.

Etwa 700 Meter von der Ruine entfernt befindet sich das Schloss Drachenburg. Man konnte sich bei der Namensgebung vielleicht nicht entscheiden, was es letztendlich sein sollte. Da war ich jedenfalls noch nie in meinem Leben und ich lief zu Fuß hinunter. Mir begegnete dann ein kleiner Tross aus Eseln, die faule, dicke Kinder hinauftrugen. Naja, wenigstens keine Erwachsenen. Eintritt bezahlt und gestaunt. Das Gemäuer ist wirklich ein Kleinod. Auch innen sehr sehenswert. Zur Ersteigung des Nordturms musste man Schlange stehen, der Einlass war durch eine Ampel geregelt. Demonstrationen, dass die Ampel weg muss gab es aber keine. Nach 47.219 Stufen hat man auch eine super Aussicht über das Bonner Rheintal. Lohnt auf jeden Fall!

Ich lief den Rundweg entlang und wollte so wieder in den Ort Königswinter gelangen. Hustepiepen, ich musste wieder hochlaufen und an dem Schlossburgpalastgemäuerfestungsbau hinaus. Wenigstens kam ich noch an der spektaku… äh… interessan… äh… also, da konnte man noch ein paar Steine sehen, Meer der Felsen genannt und immerhin für Geologen vielleicht besuchenswert. Ich nahm für die restliche Teilstrecke wieder die Bahn hinunter zum Parkplatz.

Das ist ein sehr schöner Tagesausflug, aber insgesamt nicht billig. Für das Parken habe ich 5 Euro bezahlt, die Zahnradbahn schlägt mit 12 Euro zu Buche und der Schlosseintritt mit 8 Euro. Wenn man jetzt zu zweit ist und drei Kinder dabei hat, von denen auch noch, sagen wir mal, jedes drei Weizenbier trinkt und zwei Portionen Pommes verschlingt… dann kommt schon ein stattliches Sümmchen zusammen.

Liebe Grüße, Euer

Berlin, Berlin… du bist so wundersam, Berlin…

Ihr Lieben,

ist eine 4-Nächte-Reise nach Berlin noch ein Schnipsel? Ich weiß es nicht. Aber die ersten beiden Abende bin ich gar nicht zum Schreiben gekommen, weil wir zwei so lange unterwegs waren und dann noch auf dem Balkon geplaudert haben und die Tage danach war ich auch etwas faul, so dass es heute einmal alles auf einmal gibt.

„wir zwei“? Ja, Erika flog Freitag mit mir hin, denn wir hatten schon im November 2023 Karten für ein Konzert auf der Waldbühne gekauft. Zu der Zeit buchten wir auch die Hinflüge und Hotelzimmer und Erika die Bahnrückfahrt für Sonntag. Ich ließ mir damals noch offen, wie lange ich in Berlin bleibe, denn ich hatte die Idee, Mitreisende von der Namibiafahrt im letzten Jahr zu treffen. Es kristallisierte sich dann irgendwann im Frühjahr heraus, dass das klappt und so buchte ich einen Rückflug für den heutigen Dienstag. Das war noch simpel. Ich rief unser schon gebuchtes Hotel an, ich wolle zwei Nächte verlängern. Das glockenhelle Gelächter der Rezeptionistin hörte man bis ins Allgäu. Kurz: Ich hatte leider die Fußball-EM nicht auf dem Schirm. Es war sehr schwer, ein Zimmer zu finden, das nicht 75 Kilometer außerhalb Berlins lag und dennoch bezahlbar war. Es klappte aber dann doch irgendwie 🙂 Dazu später mehr.

Erika und ich planten, am Freitagmorgen noch zu arbeiten und nachmittags abzufliegen. Deswegen überhaupt die Entscheidung für den Flieger. Eurowings machte uns dann aber einen Strich durch die Rechnung, indem sie Wochen später den Flug ganz ohne Skrupel auf vormittags verlegten. Hm. Also zwangsweise einen Tag Urlaub genommen. Da Erika und ich bezüglich der Zuverlässigkeit der Deutschen Bahn gebrannte Kinder sind, verabredeten wir, dass sie so reist, dass sie mindestens einen Zugausfall, besser zwei, problemlos überbrücken könnte, und machten zweieinhalb Stunden vor Abflug einen Treffpunkt am Flughafen aus. Rätselhafterweise kam nichts dazwischen, so dass wir am Flughafen (da ebenfalls keine Warterei am Check-in oder im Sicherheitsbereich) zwei Stunden an der einzigen Gastrobude im Terminal 2 herumlungerten. Dann die Durchsage, dass der Flug sich verspäte. Nach weiteren 45 Minuten dann Boarding, das sich hinzog wie nix. Passagierzahl und Gepäck stimmten nicht überein, hieß es.

Der Flieger war bumsvoll, vor allem österreichische Fußballfans fielen durch ihren markanten Dialekt auf. Um uns herum ausgerechnet die, die wir schon in Terminal 1 beim Rudelsaufen beobachten konnten. Der Kapitän verkündete, jetzt stimmten die Zahlen, aber leider würden wir noch 40 Minuten auf unseren Time Slot warten müssen, woraufhin die österreichischen Bubis (sie waren seeeehr jung) eine Bacardí-Flasche auspackten. Ich ahnte übles! Gottseidank wurde sie ihnen von einem beherzten Steward abgenommen und vorne verstaut (wahrscheinlich beim Kapitän, der sich über dieses zusätzliche Frühstück freute). Irgendwann sind wir dann in Berlin-Brandenburg gelandet und haben ewig gebraucht, um in die Stadt zu kommen. Wir hätten prima auch einen Zug buchen können, andere waren in der Reisezeit wahrscheinlich schon in New York.

Unser Hotel liegt sehr schön in der Nähe zur Friedrichstraße und Erika hatte sogar ein Balkonzimmer ergattert. Ich war auf der Tagungsraumetage und hatte als gerechten Ausgleich für Notfälle eine Kapelle um die Ecke. Ich nehme es vorweg, ich benötigte sie nicht. Die Zimmer sind seeeehr zweckmäßig, aber für wenige Nächte völlig ausreichend. Leider regnete es Bindfäden. Draußen, nicht in den Zimmern. So kauften wir an der Rezeption erst einmal einen Sekt und beratschlagten dann, was zu tun sei. Unsere Abendfahrt auf der Spree, die wir schon zuhause gebucht hatten, war uns am Morgen von der Reederei abgesagt worden. Wir waren jetzt nicht allzu böse, denn es gab auch eine Gewitterwarnung.

Wir liefen stattdessen im Regen zu den Hackeschen Höfen, die immer einen Besuch wert sind. Am Hackeschen Markt tranken wir dann unter einem Schirm im Platzregen Berliner Weiße. Wir hatten sie beide etwas leckerer in Erinnerung. Muss die so leicht muffig….? Links polnische, rechts niederländische Fans, einige davon schon recht stramm. In einer Regenpause beschlossen wir, es in einem italienischen Restaurant in den Heckmann-Höfen zu versuchen. Der war innen ausgebucht und die Stühle draußen waren zu nass zum Sitzen. Wir zogen weiter zum nächsten Italiener. Dort fielen wir unangenehm auf, weil ich erst vom Tisch draußen nach Drinnen wechseln wollte (zu viele Raucher), dann saßen wir auf einmal neben einem Tisch, an dem eine seeeehr kinderreiche Gruppe Platz nahm, die sehr lebensfroh war, was wir ganz toll fanden, aber leider konnten wir uns nicht unterhalten. Wieder den Tisch gewechselt. Aber ab da war es schön. Das Essen war gut, die Weine passabel und der Service war so nett, dass er noch ein paar Punkte gut machte. Und da haben wir uns dann festgequatscht. Als die Stühle hochgestellt wurden, sind wir noch auf Erikas Balkon umgezogen und haben dort weiter geplaudert, während auf den Straßen gegrölt, gelacht und gefeiert wurde. Berlin im EM-Fieber!

Das Frühstück am nächsten Tag ließ kaum Wünsche offen und wir liefen im Regen zu Unter bzw. in die, oder muss es in die unter heißen…? Ich rede von den Linden! Dann zum Brandenburger Tor, anschließend zum Reichstag. Als es etwas aufklarte, pesten wir zum Schiffsanleger Reichstagufer, um eine große Spreefahrt zu machen. Tja, leider ausverkauft. Eine Reederei weiter hatte man Plätze, aber nur für die kleine Spreefahrt. Kurzerhand hüpften wir an Bord. Das war dann sehr nett. Leider dauerte der Spaß nur eine Stunde. Wir beschlossen das Altstadtviertel um St. Nikolai zu kapern. Das ist hübsch und übersichtlich. Am Ufer der Spree aßen wir dann gutbürgerlich zu Mittag. Hier in Berlin ist die Spargelsaison noch lange nicht vorbei, das sieht man auch an den Markt- und Obstständen, und so hatte ich schon wieder mal Spargel. Diese Saison habe ich wirklich ausgenutzt. Lecker waren auch Erikas Königsberger Klopse. Nach dem Mittagessen liefen wir die Spree entlang, wieder bis zu unserem Hotel, wo wir uns vor unserem großen Konzert noch eine Stunde ausruhen wollten.

Dann ging es auf zur Waldbühne, unserem Berlin-Highlight Nummer 1, wo wir schon sehr früh aufschlagen wollten, da wir aus unseren früheren Besuchen wussten, dass der Einlass ewig dauert. Im Vorfeld eines solchen Besuches muss man sich mit den Einlassmodalitäten vertraut machen. Bei unserem letzten Besuch auf der Waldbühne hatten wir es nach stundenlangem Anstehen fast geschafft, dann wurden wir zur Taschenabgabe zurückgeschickt, weil unsere mitgebrachten Rucksäcke nicht der erlaubten Größe entsprachen. Dass es überhaupt eine erlaubte Größe gibt, das wussten wir damals gar nicht. Seid vorgewarnt, alles größer DIN A4 findet nicht das Wohlgefallen des Einlasspersonals. Was waren wir diesmal überrascht, dass wir quasi ohne Wartezeit aufs Gelände gelangten. Jetzt hatten wir noch ausreichend Zeit bis zum Beginn des Konzerts. Also erst einmal Erdbeerbowle organisiert. Der 1-Liter-Becher schlägt mit 20 Euro zu Buche! Ohne Pfand.

Pünktlich um 20:15 Uhr begann das Konzert. Ich nehme es vorweg, es war größtenteils grandios. Zuerst Mussorgskys „Nacht auf dem kahlen Berge“, sehr schön!, gefolgt von Prokoffiews 1. Klavierkonzert, gespielt von Yuja Wang. Möglicherweise hat sie es absolut virtuos gespielt, als Laie konnte ich das allerdings nicht erkennen. Ich gebe es offen zu, ich bin vielleicht ein Banause, aber ich mag Stücke, bei denen man erkennt, ob jemand sich verspielt hat oder nicht. Es gab eine Improvisation (?) und einen Chopin-Walzer als Zugabe, das war dann wieder ganz nett. Nach der Pause: Ravel satt, gipfelnd in seinem berühmten Bolero. Eigentlich ja ausgelutscht, aber so toll aufgeführt, schon genial! Danach eine weitere mir unbekannte Zugabe, könnte Schostakowitsch gewesen sein, sowie dem traditionellen Stück von Lincke, „Berliner Luft“. Das Publikum tobte! Auch, weil Erika so unglaublich laut und partiturgerecht gepfiffen hat; sie erhielt Szenenapplaus! Für ausgewählte Freunde gibt es hierzu einen Videobeweis. Mit dem Wetter hatten wir auch Glück, denn zu Beginn regnete es etwas, was mich dazu verleitete, für mehrere 1000 € zwei Regenponchos zu erwerben. Immerhin mit dem Aufdruck „Waldbühne“. Die brauchten wir dann nicht.

Die Rückkehr ins Hotel war dann eine Herausforderung, denn nun wollten 22.290 Besucher des Konzerts wieder in die Berliner Innenstadt. Das hat in den Vorjahren immer super geklappt. Und obwohl ich die Berliner Verkehrsbetriebe hoch schätze (als KVB-Geschädigter keine Kunst), an diesem Abend hat es leider nicht ganz so gut funktioniert. Am Bahnhof Friedrichstraße versorgten wir uns noch mit Laugengebäck und enterten dann wieder Erikas Balkon, um ihrem Abschiedsabend einen würdigen Rahmen zu verleihen. Das war schon ein sehr schöner Tag!

Meinen ersten Solotag startete ich nach dem Frühstück mit einer großen Spreefahrt, weil mir das Bötchenfahren gestern so gut gefallen hatte. Erika saß da schon längst im Flix-Train. Teile der Strecke waren auf dieser Bootsfahrt nicht ganz so idyllisch, viel Hafen- und Industriegebiet links und rechts, aber insgesamt war sie wieder sehr schön und entspannend. Gestern gab es eine zweisprachige Lautsprecherdurchsage, deren englischer Part Erika und mich sehr erheitert hat, da extrem „posh“ eingesprochen; selbst die deutschen Wörter wurden „veroxfordt“. Diesmal war es nur auf Deutsch, dafür aber mit völlig unterschiedlichen Informationen im Gegensatz zu gestern. So kam dann auf dem bekannten Teil der Spree auch keine Langeweile auf.

Nach der Fahrt war ich hungrig. Das Mittagessen war aber leider eine Katastrophe. Ein Etepetete-Italiener am Spree-Ufer kredenzte mir eine völlig überteuerte und dafür versalzene Fischsuppe, die ich fast unangetastet ließ. Man interessierte sich leider nicht dafür, warum dem so war, ich nehme an, dass das der Erfahrung geschuldet ist. Italofritzen heißt die Bude, Ihr solltet sie meiden!

Es wurde Zeit, umzuziehen. Mein zweites Hotel in Berlin liegt im Grunewald am See. Es dauerte ein wenig, dorthin zu kommen, weil von der S-Bahn Station Heerstraße zwar ein Bus dorthin fährt, dieser aber nur stündlich. Und finden muss man die entsprechende Haltestelle auch noch. Etwa zwei Dutzend diskutierende Einheimische brachten mich dann zur richtigen Stelle. Berliner können durchaus freundlich sein!

Es wird wieder einmal Zeit, über Navigationssysteme zu lästern. Ich zeige euch einmal den Weg, den Google Maps vorschlug, und dann den Weg, den ich tatsächlich nahm.

Das Hotel ist total schön, klein, etwas verwinkelt, es liegt direkt an einem See, von dem ich nicht weiß, welcher es ist. Google Maps behauptet, es sei die Havel. Aber das mag ich irgendwie nicht glauben. Leider hat das Hotelrestaurant am Abend zu, es herrsche Personalmangel, wie mir beschieden wurde. Ich könne aber zu einem Restaurantschiff 20 Minuten Fußweg von hier latschen, das Essen dort wäre nicht schlecht. Ich mache erst einmal eine kleine Pause auf dem Zimmerbalkon, fing dort endlich schon einmal mein Tagebuch an, und lief dann gegen kurz vor 6 Uhr Richtung „Alte Liebe“. Am Wasser entlang, durch Waldgebiet, freundlich grüßende Menschen… Das tat mal gut. Die Luft ist klar, es gibt ein Zwitscherkonzert ohnegleichen und ich beschloss, hier will ich leben! Ja, Ihr Lieben, manchmal habe ich so Anfälle. Sind aber harmlos.

Ich ergatterte auf dem Ponton einen Sitzplatz direkt an der Reling zur See und wartete auf den Service. Der wuselte hinter mir links und rechts und nahm mich nicht zur Kenntnis. Ich räusperte mir einen „Guten Abend“ heraus, woraufhin sich die Bedienung umdrehte und rief: „Huch, ich habe sie gar nicht bemerkt! Dabei sind sie doch wirklich nicht zu übersehen!“. Ich guckte entgeistert (nehme ich zumindest an), sie legte nach: „So viele Kilo Gemütlichkeit!“. Hrmpft! Wir waren dann per Du. War sie aber mit allen. Skurril. Was soll ich sagen, das Bier war kalt, der Fisch nicht totgebraten, der Absackerwein besser als alle anderen in Berlin. Und die Kellnerin war superlustig, so dass ich ihr verzieh (sie hatte ja auch iwie recht).

Ich trudelte glücklich wieder gen Hotel, wollte weiter Tagebuch schreiben, fiel aber komatös in die Heia, wo ich 11 (!!!!!) Stunden schlief. Das mag ein wenig meinen schlaflosen Nächten der letzten Zeit daheim geschuldet sein (ich rege mich seit Wochen noch mehr als sonst über meinen Arbeitgeber auf). Es tat aber seeeehr gut.

Ihr Lieben, ich schrieb, dass das Frühstück im VCH-Hotel prima war. Das Frühstück hier im Haus am See war der Hammer! Unter einem Sonnenschirm auf der Terrasse, mit Blick auf den See und ins Grüne, bei wunderbarem Wetter, mit Vogelgezwitscher und Wassergeplätscher, ein Traum! Es gab kleine fertige Aufschnittplatten, die in einem gläsernen Kühlschrank angerichtet waren, also sehr hygienisch, der Obstsalat war vorportioniert, ebenso wie der Joghurt. Der Kaffee war wunderbar, das Rührei fluffig. Wenn der Balkon nicht voller Vogelschiss wäre, käme das Hotel auf zehn von zehn Punkten! Man muss halt mögen, dass hier „tote Hose“ ist. Ich denke aber, dass gerade das ein Pluspunkt sein könnte. Ich glaube, ich möchte hier leben… (man darf skurrile Gedanken auch zweimal haben). 🙂

Ich fuhr mit dem Oldtimer-Doppeldeckerbus bis zur nächsten S-Bahn-Haltestelle und von dort aus mit der S-Bahn nach Spandau Rathaus und lief ab da bis zur Zitadelle, wo ich mehrere der kleinen Museen besuchte, den Juliusturm hinaufkraxelte, immerhin 150 Stufen, und ein wenig die Befestigungsanlagen entlang lief. Der Besuch ist seinen Eintritt wert! Vom Turm aus eine sehr schöne Weitsicht, die Kunstausstellung sehenswert, das zeitgeschichtliche Museum interessant!

Danach erkundete ich die Altstadt von Spandau, die ist jetzt eher unspektakulär, bis auf einen kleinen Teilbereich rund um die Marienkirche, Behnitz und Kolk genannt, sowie um die Nikolaikirche herum. Was selbst Spandau von Köln unterscheidet ist, dass es überall noch Märkte und Spezialitätenläden und Restaurants in der Innenstadt gibt. Ich bin ja kein großer Köln-Fan, und es wird nicht besser, wenn ich Berlin zum Vergleich habe. Ja, es darf geshitstormt werden. Es macht mehr Spaß, durch die Stadt zu laufen, es ist sauberer, es ist vielfältiger im kulturellen Angebot (Jamie Cullum tritt demnächst in der Zitadelle auf!!!!) und der Nahverkehr ist ein Traum!

Wohin jetzt? Ich googelte „Schöne Biergärten Berlin“ und entschied mich für das „Bootshaus Stella“ am Lietzensee. Das war für Berliner Verhältnisse ein bisschen teurer und bot nur Selbstbedienung, lag aber nett mitten in Charlottenburg. Ich aß, Frevel!!!, um 13 Uhr dort Weißwurst mit Brezel und labte mich an einem Berliner Kindl (selbst das Bier können Sie besser als die Kölner! Erneuter Shitstorm in 3…2…1…).

Meinen Lunch-Spaziergang unternahm ich dann entlang der East-Side-Gallery. Da war ich zwar schon oft, aber die künstlerisch gestalteten Überreste der Berliner Mauer sind immer wieder sehenswert. Vor dem wohl berühmtesten Gemälde, dem sozialistischen Bruderkuss, versammeln sich seit jeher die meisten Touristen und es macht viel mehr Spaß, diese zu knipsen, als das eigentliche Motiv. Nach Überquerung der Oberbaumbrücke (ist Euch schon aufgefallen, dass es gar keine Zwillingstürme sind?) setzte ich mich in die U-Bahn Richtung Kudamm, besuchte den Neppmarkt am Europaplatz, bestaunte die Fußballisierung der Gedächtniskirche, kaufte aus Solidarität im Karstadt ein paar Shirts (wehe, ein Pfennig davon fließt in die Taschen von diesem Kotzbrocken Benko! Jaja, auch Berggruen, Middelhoff et al. gehören dazu), dann wurde es auch Zeit für Highlight Nummer 2!

Ich erwähnte es weiter oben, ich schulde der Namibia-Reisegruppe Dank, dass ich jetzt in diesem schönen Hotel im Grunewald hocke. Und genau 4 davon traf ich abends auf dem Weinmarkt am Rüdesheimer Platz wieder: Margit und Thomas sowie Sabine und Ulrike. Der Weinmarkt besteht seit etwa 25 Jahren und ist von Frühjahr bis Herbst an sechs Tagen in der Woche geöffnet. Übrigens sehr zum Ärgernis eines Anwohners, der aber erst viel später dort hingezogen ist und das Erscheinungsbild des Weinmarktes durch seine vielfältigen Klagen dennoch drastisch verändern konnte. Es ist aber immer noch ein Erlebnis, ich war auch mit Ruth schon ein- oder zweimal dort. Verschiedene Winzer wechseln sich beim Betrieb eines (!) Weinausschankes ab, man bringt sein eigenes Essen mit und hofft, einen Tisch zu ergattern. Das ist manchmal schwierig, weil eine Handtuchmentalität wie auf Malle vorherrscht. Nur ein bisschen subtiler. Schon morgens wird ein gebrechlicher Verwandter mit Tischdecke und Tupperdosen und Geschirr dort platziert, der dann bis zum Abend den Tisch freihalten muss.

So trafen wir uns auch erst an einem Stehtisch, den ich, da viel zu früh vor Ort, schon zu einem Drittel erobern konnte. Dort trafen wir uns erst einmal zum Aufwärmen und dann – Gloria Dei – wurde hinter uns ein Teiltisch frei, an den wir alle noch passten. Und dann wurde ausgepackt. Salate, Frikadellen, Dips, Brotsorten, Oliven, Käse, Erdbeeren… Das meiste selbstgemacht, alles superlecker! Und das war ein wirklich schönes Treffen, ich bin bis heute dankbar, dass wir damals so viel Glück mit der Reisegruppe hatten! Wir haben auch am Ende des Abends (der ist dann wegen des erwähnten Klägers sehr abrupt) beschlossen, dass die Berliner auch mal zu einem weiteren Treffen nach Köln kommen.

Ulrike brachte mich dann noch mit ihrem VW-Beetle-Cabrio nach Hause (sie hatte den ganzen Abend nur Apfelschorle!), das war dann auch noch mal ein Highlight. Wer kann denn von sich behaupten, mal im Cabrio über den AVUS gedüst zu sein? Jaja, ich weiß, viele. Aber für mich war es trotzdem besonders!

Mein Abreisetag war dann ein wenig chaotisch. Direkt nach dem Frühstück besuchte ich das Jaczo-Denkmal, das nur ein paar Minuten vom Hotel entfernt ist und an einen slawischen Fürsten erinnert, der an dieser Stelle zum Christentum konvertierte. Das in mehreren hundert Jahren vor dem Amtsgericht Neuss zu errichtende Diepolder-Denkmal… da ist das dann genau andersherum. Zuerst überlegte ich, dann zur Pfaueninsel zu fahren, die kenne ich zwar schon, aber die ist sehr hübsch!, aber wegen der doch eher selten verkehrenden Busse nahm ich davon wieder Abstand. Da ich aber ohnehin schon im Oldtimer-Bus in diese Richtung saß, verließ ich diesen am Wannsee. Dort gibt es zur Zeit eine Großbaustelle. Irgendwie war es nicht schön, sich dort aufzuhalten. Die Fähre der Berliner Verkehrsgesellschaft, mit der man eine Stunde hin und her hätte fahren können, hatte gerade abgelegt, also ließ ich Wannsee Wannsee sein und fuhr mit der S-Bahn zum Potsdamer Platz.

Im Sony-Center dann auch wieder Großbaustelle. Das Kinomuseum hatte geschlossen, nette Bars oder Cafés waren nicht in Sicht. Ich beschloss, zum Flughafen zu fahren, wo ich dann natürlich 3 Stunden zu früh aufschlug. Im Food Court entschied ich mich für eine internationale Burgerbraterei, das war ein großer Fehler. War das auch früher schon so eine lieblose, kalte Matschepampe? Ich hatte auf jeden Fall ein bisschen Magen danach.

Der Flieger ging pünktlich, ich hatte Beinfreiheit und einen freien Mittelplatz. Nur der Zeitungsleser hinter mir war nervig, denn er las die Zeitung offensichtlich nicht, sondern erprobte Nahkampftechniken an ihr. Bei einem längeren Flug hätte ich sie ihm aus der Hand gerissen und aus dem Fenster geworfen. 🙂

In Köln dann mal wieder der Dämpfer. Am Bahnhof wartete ich 40 (!!!!) Minuten darauf, in Richtung Stadt zu kommen. Alles verspätet, Zugausfälle und Bundespolizeieinsatz im ICE, den ich sonst genommen hätte. Was für ein Armutszeugnis bei einer Europameisterschaft.

So, Ihr Lieben, diesmal habt Ihr mich nicht live begleitet, ich hoffe aber dennoch, dass meine Eindrücke von der kleinen Berlinfahrt Euch Spaß machen. Ich hoffe, wir lesen uns bald wieder!

Liebe Grüße, Euer Gerry

Ja, bin ich denn in Kuba?

Es gibt nur ein Rezept…

Ihr Lieben,

ich mache es kurz. Das Wetter trübe, die Verkehrsmeldungen lang, Emden von Matjesfans überrollt. Ich räumte ein und auf, sagte per Telefon meinen Vermietern Adieu und fuhr los. Ich hielt nur noch im Hafen, um Matjes zu kaufen und an einem Hofverkauf, wo es Klei-Kartoffeln gab. Darüber hatte ich gelesen, sie seien besonders lecker. Also her damit!

Dann fuhr ich nach Hause und es war tatsächlich etwas nervig. Fast 5 Stunden habe ich gebraucht. Aber es war auch pickepackevoll auf den Autobahnen. Wo kommen all diese Camper und Wohnwagen her? Wahnsinn!

Jetzt hatte ich noch einen guten Teil des Nachmittags zum Rumpröddeln oder aber auch Faulenzen (halb/halb halt), und Ihr dafür ein einfaches Rezept für einen Kartoffelsalat.

Dank an die virtuell Mitreisenden und bis zur nächsten Fahrt in zwei Wochen, dann geht es nach Berlin!

Liebe Grüße, Euer