Tag 10: Arendal

Ihr Lieben,

heute früh legten wir nach bewegter Nacht in Arendal an. Begrüßt wurden wir von Anna und Elsa samt Hofstaat, denn die Kinder der örtlichen Tanzschule boten am Pier Ausschnitte aus dem Musical „Frozen“ dar. Das war ganz niedlich. Der Hofstaat bestand dabei zu 99,99 Prozent aus Mädchen, aber das ist in Tanzschulen wohl so.

Um halb 11 brach ich dann zu einer geführten Stadtwanderung auf. Die Reiseführerin Anne heute sprach sehr gut deutsch und sie verzettelte sich auch nicht so in Kleinigkeiten. Dazu ist Arendal eine wirklich hübsche Stadt und bei Superwetter macht das natürlich doppelt Spaß! Anne meinte, Arendal hätte ein absurd hohes Budget für Stadtbepflanzung, aber meiner Meinung nach ist das gut angelegtes Geld, denn auf Diaabenden wird die florale Pracht den ein oder anderen möglicherweise zu einem Besuch anstiften. Apropos Diaabend. Ich werde meine Fotos auf ca. 5.000 Stück reduzieren und freue mich auf Euer Kommen, es gibt Leberwurstschnittchen und zimmerwarmen Kröver Nacktarsch aus Römergläsern.

Arendal war lange eine sehr wohlhabende Stadt, das merkt man noch heute. Es gibt prächtige Häuser und über fast jedes von ihnen etwas zu erzählen. Sobald Ihr norwegisch gelernt habt, solltet Ihr im Internet die Geschichte der Kitty Kallevig nachlesen. Drama pur! Ihr Geist spukt immer noch durch das alte Rathaus. Oder der einer ihrer Nachkommen. Mein norwegisch ist etwas eingerostet. 🙂 Das Rathaus ist das höchste Holzgebäude im „Venedig des Nordens“, wie Arendal sich selbst – wie ungefähr 250 andere Städte ja auch – gerne nennt. Auch sonst hatte Anne viel zu erzählen, über reiche Witwen, über Fischer, die Häuser der Armen, die jetzt die Reichen haben wollen, über Glanz und Gloria und Aufstieg und Untergang. Wirklich toll gemacht.

Nach dem geführten Stadtspaziergang lief ich noch auf eigene Faust los. Ich besuchte Norwegens kleinste Schokoladenfabrik, wo ich einer mürrischen Dame, die mit ihrem Blick Trolle hätte versteinern lassen können (und nicht etwa, weil sie so sonnig war) die teuerste Schokolade ever abkaufte. Vielleicht war sie von der Anwesenheit des Amera-Filmteams, das zeitgleich zugegen war, nicht so angetan, wer weiß.

Danach befuhr ich mit einem Glasaufzug, der erst vor 3 Wochen eröffnet wurde, auf den Aussichtspunkt Føyheia. Die Plattform ist meiner Meinung nach aus Beton und trotzdem hat sie – auch meiner Meinung nach – geschwankt. Also, Blick super, Herzkasper inklusive.

Mittags musste ich dann unbedingt wieder aufs Schiff, denn es gab Labskaus. Als gebürtiger Hamburger konnte ich mir das nicht entgehen lassen. War auch mal wieder lecker, für sich selbst alleine macht man das ja nicht mal eben.

Danach wieder ab in den Ort, Kaffee am Hafen trinken und danach herumschlendern. Das Schöne an Dänemark und Norwegen ist, dass man alles, auch die kleinsten Beträge, mit Kreditkarte zahlt. Man muss also keine drei Geldbeutel mit den verschiedenen Arten von Kronen mit sich herumschleppen. Apropos kleine Geldbeträge: ich besuchte auch noch eine Apotheke, um dort eine Hautcreme zu erstehen, da ich meine vergessen hatte. Als die freundliche PTA die Tube über den Scanner zog, täuschte ich einen Ohnmachtsanfall vor, was sie veranlasste, einen Rabattknopf zu drücken. Das fand ich sehr freundlich. Statt 28 Euro nur noch 17 für Bepanthensalbe.

Am Abend dann ein weiteres Bord-Highlight: das reservierungspflichtige „Pichler’s“. Auf der ersten Reise waren umgehend alle Plätze für das Restaurant des Phoenix-Küchengenerals vergeben, aber ich alter Fuchs reservierte dann auf der ersten Reise für die zweite.

Ich erwähnte, dass ich nichts gegen einen weiteren Esser am Tisch hätte, da ich ja wusste, wie beliebt Plätze in diesem Restaurant sind. Aber seit gestern lebte ich dann doch in Angst. Denn ungefragt pöbelte mich ein Mann an, wie schrecklich das Schiff sei und prahlte damit, dass er wegen des widerlichen Essens eine Kellnerin zur Sau gemacht habe. Ich war leider, leider sprachlos, was mir ja nicht oft passiert. Als er erwähnte, dass wenigstens die Kabinen „ganz ordentlich“ seien, knödelte ich zumindest heraus, dass die komplette Katastrophe damit ja abgewendet sei. Abends erzählte mir ein anderer Passagier, dass er eine ähnliche Begegnung mit diesem Benimm-Alien hatte.

Aber ich war dann gottseidank alleine an einem Tisch, Myriaden von Kellnerinnen und Kellnern wuselten um die Gäste herum und das Essen war ein Traum. Ganz zum Schluss ließ ich mir einen Digestif empfehlen. Der Restaurantleiter holte die Karte und empfahl mir Vogelbeere. Die sei in diesem Zustand nicht mehr giftig. Ach so. Ich merkte an, dass ich jetzt keine ganze Flasche Schnaps schaffen würde. Oh, ich argloser Wicht, es war der Preis für ein Glas. Nun denn, her damit. Es war ein guter Schnaps, aber ich mache jetzt mal einen Haken hinter hochpreisigen und giftigen Beeren. (Erika, erinnerst Du Dich noch an den 40 Jahre alten Brandy in Lissabon?)

Im Informationsbuch auf der Kabine wurde erwähnt, dass man im Pichler’s gerne Abendgarderobe sähe. Nunja, ich quälte mich in meinen „FrackundFummel“, wäre aber auch in Jeans und T-Shirt nicht völlig aus der Rolle gefallen. Man ist hier familiär und locker und deswegen machten sich zwar alle über den Fast-Nackedei mit Prachtwampe auf dem Lidodeck heute lustig, aber man ließ ihn einfach gewähren.

Als Showprogramm stand irischer Steptanz auf dem Programm. So etwas hatte ich noch nie live gesehen und nahm es mir eigentlich vor. Aber nach dem schönen Essen und dann dem Sonnenuntergang auf dem Promenadendeck bei der Ausfahrt durch die vor Arendal versprengten Inseln – ich hatte fast Pipi inne Augen – war mir nach einem eher ruhigen Ausklang und ich verirrte mich in die Pianobar, wo das Duo aus Harry’s Bar plötzlich ganz andere Töne anschlug. Musik, die ihnen viel besser steht. Beim Ententanz, der aus unerfindlichen Gründen von allen Künstlern irgendwann gespielt wird, floh ich dann aber wieder in die Panoramabar.

Oslo, unser Hafen morgen, wird oft „größtes Dorf Skandinaviens“ genannt. Wieso? Nun, das hoffe ich morgen zu erfahren. Seid Ihr dabei?

Liebe Grüße, Euer Gerry

Tag 9: Esbjerg / Ribe

Ihr Lieben!

Mein Test war negativ, ich durfte an Land. Ist das nicht positiv?

Über den gestrigen Abend möchte ich noch berichten, dass ich natürlich wieder etwas nervös war, was meine Tischgesellschaft für die nächsten zehn Tage angehen würde. Ich beschloss, den gleichen Tisch aufzusuchen, an dem ich die letzten Abende war. Zumindest kannte ich dort den supersympathischen Service schon. Und… sogar „mein“ Platz war noch frei. Ich bat, mich dazugesellen zu dürfen und war sofort wieder ein einer lustigen und quirligen Runde. M. und G. sind seit 61 und A. und U. seit 60 Jahren verheiratet. Komplettiert wird das Ganze durch ein nettes Paar (?) aus dem Saar- und Rheinland. Alles wieder quasi Weltreisende. Also, Ihr könnt ja sagen, was Ihr wollt, aber Menschen, die rumgekommen sind, sind irgendwie fast immer tiefenentspannt und angenehm.

Das Essen war wie immer perfekt. Ich glaube ja, kochen zu können, aber von diesem Level bin ich weit entfernt. Gestern Mittag hatte ich eine kleine Unterhaltung mit dem Maître de hôtel, glaube ich, ich kenne mich da nicht so aus. Aber alles aus ihm sprach „Qualität, Qualität, Qualität!“. Naja, ein klein wenig predige ich das ja auch in meinen Kochetüden.

In meiner Lieblingsbar (es waren auf den anderen Decks Zaubergeige, SpaßohneEnde und TanzindieSee angesagt) konnte ich dann den Rummelverkehr Richtung Skagerrak und Hamburg beobachten. Ein bisschen wie auf der A1 bei Ferienbeginn. Ein Schiff reihte sich an das andere und die ganze See war nach Sonnenuntergang durch kleine Lichter erleuchtet. Jau, ich bin definitiv ein Kind des Meeres. Das müssen die Hamburger Gene sein. Soooo schön!

Am Morgen ging es dann früh raus. „Ribe mit Freizeit“, tendern um 8 Uhr 15. Leider bei starker Bewölkung. Unsere Fremdenführerin hatte nach eigenem Bekunden seit Jahren keine deutsche Gruppe mehr geführt und rang ständig nach den richtigen Vokabeln. Sie tat mir etwas leid, aber es war sehr anstrengend, ihr zuzuhören. Ich musste mich nachher absondern und alleine die Stadt erkunden. Ribe ist die älteste Stadt Dänemarks; schon die Wikinger hatten hier einen Marktplatz. Berühmt ist der Dom, der portalseitig rechts einen Kirchturm und links einen Bürgerturm hat. Letzterer ersetzte einen während einer Weihnachtsfeier eingestürzten anderen Kirchturm. Den Kirchturm konnte man erklimmen, was ich dann auch tat. Gottseidank war wieder ein Reanimationsteam oben, und so konnte ich die wunderbare Aussicht genießen. Während des Aufstiegs war es übrigens Schlag 11 Uhr und ich befand mich auf Höhe der Glocke. Mich traf dann auch fast der Schlag, als sie direkt neben mir dröhnte.

Die Innenstadt von Ribe ist sehr hübsch, mit vielen gut erhaltenen Gebäuden aus allen möglichen Epochen. Vor der romantischen Stadtansicht rund um das Rathaus werden gerne Hochzeiten gefeiert, so auch heute. Nach drei Stunden Stadterkundung ging es dann zurück zum Boot.

Nach einer kurzen Pause erlief ich dann Esbjerg. Das ist eine verhältnismäßig neue Stadt, da Dänemark nach dem Verlust Altonas im deutsch-dänischen Krieg einen neuen Hafen brauchte. Esbjerg rühmt sich jetzt einiger architektonischer Perlen um 1900 herum, der längsten Fußgängerzone Dänemarks und der Monumentalskulptur „Der Mensch am Meer“. Nichts wirklich spektakuläres, aber im Licht der inzwischen durchgekommenen Sonne ganz nett.

Um 17 Uhr lichtete die Amera wieder Anker und nahm Fahrt nach Arendal in Norwegen auf. Ja, jetzt erstmal wieder Norwegen, und bevor es zurück nach Dänemark geht, gibt es sogar noch einen Stopp in Schweden. Hier noch einmal die Route:

Große Freude bereitete übrigens die Ansage von der Brücke, dass wir nachts bei der Fahrt durch den Skaggerak bewegte See haben würden, wir möchten doch bitte alles in den Kabinen sichern. Yeah! Ich wurde zwar von heftigem Geschaukel wach, aber mir wurde nicht mehr übel. 🤗

Bis morgen? Das würde mich freuen.

Liebe Grüße, Euer Gerald

Der Mensch am Meer von Sven Wiig Hansen

Tag 8 und Tag 1: INTERMEZZO Bremerhaven

Ihr Lieben!

Es war eine wunderbare Norwegenreise! Tschüss!
Ach, und danke für die tolle Begleitung! Sorry, dass ich so kurz angebunden bin, bin in Eile, muss nach Dänemark.

Euer Gerald

Ihr Lieben!!

Heute starte ich zu einer Kreuzfahrt „Rund um Dänemark“! Heißa! Ihr müsst entschuldigen, dass die Verabschiedung von der letzten Reise (Tag 8) so ruppig ausfiel, denn ich war so mit Vorfreude beschäftigt! Und bin jetzt ohne Bahnstreik schon vor Ort!
Ich fände es super, wenn Ihr mich wieder so nett durch Mitlesen, Kommentare, WhatsApps, Mails und dergleichen dabei begleiten würdet.

Ich hatte ja jetzt nun doch meinen „Stammtisch“ gefunden, an dem ich die letzten Tage beim Abendessen saß. Ein Ehepaar aus der Bremer Gegend, ein Ehepaar aus dem Ruhrpott und ein Mutter-Tochter-Gespann aus Hamburg. Diese kleine Gemeinschaft war sehr unterhaltsam und leider fahren alle nicht mit auf der Anschlussreise. Wir hatten einen vergnüglichen und netten letzten Abend zusammen. Alle verband die Leidenschaft zum Reisen. Und alle hatten sehr lustige bis gruselige Anekdoten von ihren Trips parat.
Es gibt ja ein Single-Kennenlern-Event auf solchen Reisen, aber den entsprechenden Termin auf der Norwegenfahrt hatte ich wegen Seekrankheit versäumt. Ich habe aber festgestellt, dass man immer in eine gute Unterhaltung reinrutschen kann, wenn man sich einfach einen Platz zuweisen lässt. Heute Abend in der Panoramabar lernte ich so ein älteres Ehepaar kennen, das schon überall, aber wirklich überall war. Die beiden haben spannende Geschichten aus dem Sudan, dem Jemen und anderen eher exotischen Reisezielen zum Besten gegeben. Das war sehr kurzweilig. Weit in den 80ern, sehr sympathisch und aufgeschlossen wie nix. Sie haben auch immer „junger Mann“ zu mir gesagt, das gab natürlich einen Extrasympathiebonus!

Heute dann Ausschiffung der Norweger und Einschiffung der Dänen in Bremerhaven. Und für mich Kabinenwechsel. Man wollte mich ja quasi mit Sänften und unter Palmwedelschwingen in die neue Kabine spedieren. Das haben wir dann aber doch etwas zivilisierter gestemmt. Die neue Kabine hat ein Fenster, eine Badewanne und wirkt größer und freundlicher. Aber dieser kleine Luxus schlägt ganz schön zu Buche. Eine Innenkabine war halt für diese Reise nicht mehr frei, aber so habe ich mal einen direkten Vergleich.

Und die dänische Testpflicht? Ein Brief auf der Kabine informierte mich, dass ich heute in die Ambulanz kommen und mich – im Falle einer Ausflugsbuchung – kostenfrei testen lassen könne. Die hatte ich und das tat ich dann auch.

Da der Umzug gegen 11 Uhr und der Test gegen 15 Uhr stattfinden sollte, und das Terminal Bremerhaven jottwedeh von der Stadt entfernt ist, beschloss ich, das Boot nicht zu verlassen, sondern einen Urlaubstag vom Urlaub einzulegen. Einfach mal so (fast) gar nix machen. Koffer ein-und wieder auspacken, zu Mittag essen, Wattestäbchen bis zur Stirnhöhle reinschieben lassen, dösen und die Sonne auf das Haupt scheinen lassen.

Kurz dachte ich am Nachmittag darüber nach, den neu ankommenden Passagieren ein „Hah, Ihr Neulinge! Was wisst Ihr denn schon von dem harten Leben an Bord?“ entgegenzuschleudern, aber sie waren deutlich in der Überzahl. Zudem erschien es mir doch etwas albern.

Stattdessen flätzte ich mich auf dem Lidodeck und beobachtete dort einfach nur den Einmarsch der Neuen, die als erstes mit Sekt und Kuchen getränkt und gefüttert wurden. Damit sofort klar war, wohin die Reise geht. Richtung Vøllårei nämlich.

Ganz vergessen hatte ich, dass diese Reise von einem ARD-Filmteam begleitet wird, das für eine neue Staffel „Verrückt nach Meer“ dreht. Daher erwarte ich in Kürze Anrufe aus Holly-resp. Bollywood. Wobei ich noch darüber nachdenken muss, womit ich in Front der Kamera glänzen könnte. Steppen oder Turmspringen vielleicht.

Eine Notfallübung gab es natürlich auch wieder. Dabei ist schon die erste Dame kollabiert. Ich glaube, dass der Bordarzt aufgrund des Altersdurchschnitts der Passagiere gut beschäftigt ist. Anders ausgedrückt: Wer jünger ist als ich, gehört zur Crew. 🤗

Das Schiff ist auf dieser Reise noch voller als letzte Woche. Und da die Crewvorstellung auf dem Lidodeck stattfand, war es da hübsch gedrängt. Hm.

Gleich geht’s zum Abendessen und morgen früh landen wir in Esbjerg an. Ich werde einen Ausflug nach Ribe machen. Es sei denn, mein Test fällt positiv aus, dann werden die nächsten Tagebuch-Einträge sehr interessant. „Heute wieder alle sichtbaren Schrauben in der Kabine gezählt. Wieder ein anderes Ergebnis. Ich werde noch verrückt hier!“

Also, drückt mir die Daumen und bis hoffentlich morgen an Land.

Euer Gerry

Tag 7: Mandal

Ihr Lieben,

gestern waren wir zu weit weg von der Küste für eine Internetverbindung, so buchte ich Datenvolumen via Satellit. Zu meinem Erstaunen wurde mir nach ein paar Minuten mitgeteilt, ich möge ein weiteres Datenpaket buchen. Da hatte ich noch keinen Buchstaben getippt. Und ich möchte andeuten, dass das nicht eben preiswert ist. Ich ab zur Rezeption, der Mitarbeiter versuchte, mir zu helfen, und schwupps hatte ich wieder ein nicht funktionierendes Datenpaket gebucht. Meine innere Kreditkarte glühte. Aber heute morgen waren alle diese Buchungen von meinem Bordkonto verschwunden. Ein Hoch auf diesen Rezeptionisten. Ansonsten glänzen die eher matt hinter ihrem Tresen.

Mandal ist die südlichste Stadt Norwegens und ist bekannt für den schönsten Strand des Landes sowie die hübschen Häuser. Nach Anlandung mit dem Tenderboot kraxelte ich zuerst auf den Utsiktspunkt (bitte u als ü aussprechen*) Uranienborg, wo ich nach einer erforderlichen, aber schnellen Reanimation einen wunderbaren Fernblick genießen konnte.

Mein nächster Besuch galt der evangelischen Kirche, die mit 1800 Sitzplätzen als größte Holzkirche Norwegens gilt. Leider waren Christo und Jeanne-Claude vor mir da, und sie war vollkommen plastikverhüllt. Das Betreten der Kirche war verboten, aber da ich kein Norwegisch kann, wusste ich das ja nicht. Jeg visste virkelig ikke! Auch dieser kurze Blick ins Innere hat sich nicht wirklich gelohnt.

Ich streifte durch die sehr hübsche Innenstadt und erstand ein für meine Verhältnisse farbenfrohes Hemd, das ich zuhause wahrscheinlich kopfschüttelnd unter Verwirrungen in die hinterste Schrankecke verbannen werde.

Wir hatten nicht viel Zeit, da wir nur knapp 3 Stunden auf Reede lagen. Aber die Stippvisite hat sich gelohnt, es ist ein sehr netter Ort! Um 11:30 Uhr gab es dann die Biergarten-Party auf dem Lidodeck. Das Pendant zum gestern angesprochenen Oktoberfest. Mit Freibier bis 12 Uhr. Leute, da boxte werauchimmer im Kettenhemd, animiert durch einen DJ am Mischpult. Mir war nach „An der Nordseeküste“ und „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ ganz anders und ich beschloss, für mein Bier auf Deck 7 zu zahlen. Wenn die Hunnen die Gemütlichkeit hochleben lassen, klingt das für mich zumeist eher nach Blitzkrieg.

Der Rest des Tages stand dann wieder voll im Zeichen der Völlerei und des Entertainments. Den gedeckten Apfelkuchen mit Eis und Sahne sowie die nächtliche Gulaschsuppe verkniff ich mir. Den Abschiedscocktail für die Norwegenreise nahm ich hingegen gerne an, obwohl ich gezwungen wurde, dazu herzzerreißende Arien und Duette aus den beliebtesten Musicals der letzten 500 Jahre über mich ergehen zu lassen. Aber ehrlich, besser als humbahumbatäterä ist das allemal. Garniert wurde die Veranstaltung mit einem Good-Bye-Defilee der Crew vom Käpt’n bis zum Kellner. So etwas hat ja immer ein bisschen was Ergreifendes.

Man informierte mich mit der Bootspost, dass man mich morgen in meine neue Kabine umziehen würde. Ich könne alles so lassen, das Housekeeping würde sich darum kümmern. Da mir aber leicht konolialistisch zumute ist, wenn jemand meine Wäsche über die Gänge tragen soll, packe ich dann doch lieber alles zusammen.

Morgen Bremerhaven, Ein- und Ausschiffung neuer und alter Passagiere. Mein Plan ist, zu faulenzen und vielleicht auch einen Urlaubstag in meinem Tagebuch einzulegen, bevor es Donnerstag weiter nach Esbjerg in Dänemark geht.

Liebe Grüße, Euer Gerry

*) das ist besonders wichtig, wenn man Hurra ruft, wie mir erzählt wurde… falls das nicht unter Reiseleitergarn fällt…

Tag 6: Bergen

Ihr Lieben,

heute also Bergen. Mit etwa 270.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt Norwegens. Zum Vergleich: das wäre bei uns Hamburg mit ca. 1,8 Millionen. Ich überlasse jedem, die Verhältnisse auf die Gesamteinwohnerzahl umzurechnen, da ich seeeehr schlecht in Mathe war. 😵

Schon ab halb sieben in der Früh hörte man die Durchsagen bzgl. Bergen und unserem Liegeplatz von der Brücke auf den Fluren. Denn sobald ein Kreuzfahrtschiff einen bestimmten Punkt in Bergen passiert hat, soll es gemäß lokaler Bestimmungen gefälligst nicht so auffallen. Eine Regelung, die ich mir vor einigen Jahren bei der Einfahrt der Artania in die Lagune von Venedig gewünscht hätte. Da grölten die meisten beim traditionellen Oktoberfest (das es auf fast jedem Schiff irgendwie gibt und das auch gerne im Mai oder Februar stattfinden kann) auf Deck „Rupfdizupf, die Lederhosen runter“ (oder etwas ähnlich Geistreiches), der Venezianer stand am Ufer und befürchtete das Schlimmste (die Hunnen sind wieder da) und eine Minderheit an Bord wäre vor Scham gerne in der Lagune versunken. Aber ich schweife ab.

Gebucht hatte ich einen Stadtrundgang. Sinnigerweise fand der dann erst am späten Nachmittag statt. Hm. Ich beschloss, trotz starker Bewölkung und dichten Nebels, mit der Fløibahn auf den Hausberg Bergens, den Fløyen, zu fahren, dort zu wandern und per pedes wieder ins Tal zu laufen. Ich entwickele mich noch zum Bahn-Nerd. Aber eher unfreiwillig.

Oben angekommen… Ist es ein Zitat aus der „Feuerzangenbowle“? „Sehen Sie, Sie sehen nichts!“. Ich lief durch den Trollwald, um den See herum, klönschnatterte mit den Enten dort und machte mich dann an den Abstieg. Das war alles trotz mangelnder Aussicht sehr nett. Aber unten angekommen war ich trotz der Kälte völlig fix und fertig. Ich testete daher, ob eine Stunde in der Horizontalen die Beine entlastet. Die Ergebnisse dieser Forschung werden demnächst im Journal of modern medical research veröffentlicht, aber ich kann jetzt schon verraten, ja, tut es.

Der Stadtrundgang begann erst einmal damit, dass die Hälfte der Teilnehmer ihre Empfangsgeräte aka Ohrstöpsel für die Erläuterungen des Guides vergaß. Dann funktionierten diese nicht so, wie die Träger es sich wünschten. Das lag aber, so viel sei verraten, ausnahmslos nicht an den Geräten. Eine Mitreisende neben mir seufzte „Schon die halbe Zeit rum…“ und ich ergänzte „… „und schon so viel gelernt!“. Das fanden aber nur wir beide komisch.

Die Führung war sehr interessant, aber leider verzettelte sich unser Guide manchmal in Details, die sich niemand hätte merken können. „Elisabeth Margarethe Johanna Gulbrandsdottar, die Königinmutter von Hakle, dem Viertelvorzwölftem, spuckte am 13. Dezember 1242 auf diesen Stein, was zu den Smörebrodkriegen führte.“. Diese Detailversessenheit führte dazu, dass wir den Besuch der Fischhalle verpassten und zum Schiff zurück galoppieren mussten.

Da aber wenigstens der Nebel sich verzogen und seine Geschwister, die Wolken, mitgenommen hatte, kamen wir in den Genuss eines tollen Stadtspazierganges mit dennoch sehr interessanten Fakten. Unbestritten war unser Führer ein sehr belesener und gebildeter Mann. Die Hanseviertel mit strikten Regeln, das Leben in Bergen zwischen 1200 und heute, architektonische Besonderheiten, all das war schon spannend. Dazu norwegische Geschichte eingesprengselt. Sehenswert sind die Festung mit der Håkonhalle, Bryggen mit den Hansekontoren, die „deutsche Kirche“ und natürlich der Hafen.

Vor dem Schiff war bei der Rückkehr ein Stand aufgebaut, an dem man norwegische Spezialitäten hätte erstehen können, aber wir kamen ja ohnehin schon fast zu spät zur Einschiffung. Gerne hätte ich den oft erwähnten braunen Käse erstanden. Aber nächste Woche in Schweden möchte ich unbedingt Surströmming kaufen. Sehr zur Freude meiner nächsten Gäste. 🤗

Auf dem weiteren Weg nach Mandal, unserem nächsten Ziel, passierten wir noch eine Miniaturausgabe der Golden Gate-Brücke. Norwegen hat echt viel zu bieten. Ich glaube, während ich dies bei einem Seabreeze-Cocktail in der Panoramabar schreibe, fahren wir durch Schärengebiet. Lauter kleine Inseln statt der Fjorde. Auch ein sehr schöner Anblick.

Den Ausklang fand der Abend in der Showlounge, wo ein Pianist Stücke von Edvard Grieg vortrug, dem wohl größten Sohn Bergens, zumindest auf dem Gebiet der Komposition. Ich hätte gerne sein Haus in Troldhaugen, jetzt ein Museum, besichtigt. Leider keine Zeit, ein Nachteil an Kreuzfahrten. Das Schiff bleibt wegen Sonderwünschen nicht mal eben eine Nacht länger. Schade eigentlich. Warum eigentlich?

Morgen sind wir in Mandal, der südlichsten Stadt Norwegens. Gehen wir zusammen auf Tour dort?

Liebe Grüße, Euer Gerald

Das Ungeheuer vom Fløyen-See, erste Sichtung seit hunderten von Jahren. Man beachte die furchteinflößenden Rückenflossen.

Tag 5: Flåm

Ihr Lieben,

heute kreuzten wir durch Sogne- und Aurlandsfjord bis Flån, wo wir wieder auf Reede lagen. Ich verbrachte diese 4 Stunden zumeist auf Deck und genoss die wunderbare Natur. Angesichts sich ständig in Bewegung befindlicher Kieferknochen um mich herum wurde mir dann klar, dass man sich hier rund um die Uhr vollstopfen könnte. Kaum sind die Early-Bird-, regulären und Langschläfer-Frühstücke vorbei, bei denen man ellenlange Menükarten in die Hand gedrückt bekommt, geht es nahtlos über zur Zwischenmahlzeit auf dem Lidodeck. Heute Grillhähnchen. Mit den abgenagten Knochen in der Hand kann man sich dann umgehend in eines der gefühlten 10 Restaurants zum Mittagessen niederlassen. Von dort aus eilt man dann mit flatternder Serviette im Ausschnitt zur Kuchentheke, dann zum Nachmittagssnack, gefolgt von Abendessen und Mitternachtssnack. Um dem etwas entgegenzusetzen, gibt es für 15 Minuten Dehnübungen mit Susi am Tag. Die mache ich natürlich mit Begeisterung mit, wohingegen ich kaum etwas esse. 🤥

Am Mittag sammelte ich mich zu meinem Ausflug mit der Flåm-Bahn. Flåm ist unter anderem wegen dieser Bahn ein Touristenmagnet. Flå heißt laut Ausflugsprogramm übrigens „kleine Ebene zwischen steilen Bergen“. Ich mag diese knappen Namen, die trotzdem so viel Bedeutung haben. Gerald heißt ja, aber das wusstet Ihr bestimmt schon, „der, der nie isst, immer Dehnübungen macht und dessen Kleidung dennoch immer kleiner wird“.

Unglaublich viele Mitreisende wollten diesen Ausflug machen und so knubbelte es sich mal wieder. Die Fahrt ist nett und hält einiges an Besonderheiten parat, die aber eher für Zugfans interessant sind. Tunnelkehren, Steigungsverhältnis, Antriebstechnik etc. Ansonsten bietet die Strecke Ausblicke auf Täler, Berge, Natur und… ja, kaum mehr vorhandene Wasserfälle. Ein Extrastop der Flåm-Bahn ist der berühmte Kjosfossen. Man hat sich ein kleines Spektakel einfallen lassen: Unterhalb der tosenden Wassermassen tanzt eine Huldra und lockt unschuldige Männer mit ihrem sphärischen Gesang in ihren Berg und den sicheren Tod.

Nun. Die Hejaholalü-Gesänge kommen vom Band und die rotgewandete Huldra (es sind mehrere, um den Eindruck zu erwecken, sie könne sich quasi teleportieren) erscheint vor einem trockengefallenen Sturzbach ein wenig hilflos. Hejaholalü.

Am Ende der Strecke kann man sich auf ca. 865 Metern Höhe ein paar Minuten am Bahnhof Myrdal die Beine vertreten und fährt dann die gleiche Strecke wieder zurück. Wieder mit dem vollen Sagengestaltprogramm. Nach der Bahnfahrt wurden 5 Passagiere vermisst, Huldra hatte also sagenhaften Erfolg.

Den Tipps zu Flåm konnte man entnehmen, dass hier eine Brauerei ansässig ist, die preisgekrönte Biere herstellt. Ægir Bier. Das gönnte ich mir nach einer kurzen Ortsbesichtigung. Also, ich weiß, warum Bier in Norwegen Öl heißt. Es ist nicht nur preisgekrönt, sondern auch preisintensiv. Aber das war mir ja bekannt. Und es war wirklich lecker!

Preisintensiv ist hier übrigens auch Porto für Postkarten. Ich dachte zuerst, ich hätte mich massiv verhört. Ich hatte nicht und ertrug eine kurze Litanei des Ladenbesitzers über das schlimme norwegische Postwesen.

Zurückgetendert, noch ein bisschen geölt und dann ab zum Abendessen. Da ich weder Grillhähnchen noch Kuchen hatte, war ich hungrig. Ausklingen ließ ich den Tag wieder in der Panoramabar ohne Programm.

Abends tollten noch ein paar Jugendliche mit Jetskis ums Schiff und boten riskant aussehende Stunts dar. Zuhause am Rhein hätte ich an Rabauken gedacht, hier im Fjord im Urlaub dachte ich an unbeschwerte Jugend. Hm. Standpunkte sollten von Zeit zu Zeit überdacht werden.

Ich weiß, manchmal motze ich ein bisschen, aber es ist eine tolle Reise, unter anderem auch, weil Ihr mitfahrt. Morgen, wenn Ihr möchtet, laufen wir zusammen durch Norwegens zweitgrößte Stadt Bergen. Seid Ihr dabei?

Liebe Grüße aus der Panoramabar, Euer Gerald

Wer hier keinen versteinerten Affentroll sieht….

Tag 4: Åndelsnes und Molde

Ihr Lieben,

Sternennacht gab es gestern leider nicht so wie erhofft, wahrscheinlich war der Mond zu hell, der hier übrigens sehr mythisch am Himmel steht. Wahrscheinlich habe ich aber auch zu viel von Trollen und dergleichen gehört. Also besuchte ich noch kurz die 50er-Jahre-Party in Harry’s Bar. Leute, da ging die Luzie ab. Zwei Musiker imitierten – durchaus gelungen – eine ganze Band und das Publikum legte dazu eine kesse Sohle aufs Parkett. Bei „Rote Lippen soll man küssen…“ warf ich dann allerdings das Handtuch.

Um 8 Uhr 45 startete mein Tenderboot zur Bahnfahrt mit der Raumabahn. Am Hafen trafen wir Thorsten, der uns von Åndelsnes bis Bjorli mit eben dieser Bahn und zurück mit dem Bus begleiten sollte. Een Balina. Bisschen schnoddrig, aber nett. Alles an dieser Bahn wird irgendwie mit spektakulär attributiert. Die Soundso-Brücke, der Tralala-Tunnel, der Dingensgedöns-Berg. Alles spektakulär und einzigartig. Das Problem ist aber, dass man die Brücke so nicht sieht, über die man fährt. Den Berg, durch dessen Tunnel man fährt, ebensowenig. Erst recht nicht den Tunnel selbst, denn da ist finster drin.
Aber man fährt an einer schönen Landschaft mit vielen Bergen und Felswänden, pittoresken Häusern und einer Menge von Wasserfällen vorbei.
Mit dem Bus zurück gibt es dann ein paar Fotostops, so dass man zumindest dann ein paar Erinnerungen auf Zelluloid festhal… äh… mit dem Handy verewigen  kann.
Und wir erfuhren ein bisschen über Land, Leute, Geologie und außergewöhnliche Vorkommnisse, wie z.B. das virale Lachssterben im Rauma-Fluss oder die Resultate verbotener Fallschirmsprünge von der Trollwand. Übrigens, wenn man genau hinschaut, sieht man tatsächlich in jeder Ecke einen versteinerten Troll.

Trolle dann übrigens auch im Bus. Die Maske über dem Kehlkopf oder der Stirn. Renitente Rentner halt. Bekommen angeblich schlecht Luft, sitzen aber jeden Abend mit Fluppe im völlig zugequalmten Raucherzimmer bei Harry’s Bar. Am meisten regt mich auf, dass die nicht merken, wie lächerlich sie sind.

Mittags, nach der Rückkehr zum Schiff, das um 12 Uhr Anker lichtete, habe ich dann ein Restaurant besucht, da ich morgens auf Frühstück verzichtet hatte. Man fährt in den Fjorden an so schönen Landschaften vorbei, dass man versucht ist, alle paar Minuten aufzuspringen und an Deck zu rennen. Aber dann würde man verhungern. Naja, würde zugegebenermaßen bei mir etwas dauern.

Um 15 Uhr legten wir in Molde an. Es war nett, mal nicht auf Reede – also im Wasser -, sondern an eine Mole zu liegen, da hatte man mal Gelegenheit, ein Anlagemanöver mitzubekommen.

Um 15:45 Uhr brach ich zu einer Stadtrundfahrt mit anschließendem Aussichtspunkt- und Museumsbesuch auf. Was soll ich sagen? Die Stadtrundfahrt war extrem schnell abgehakt. Für Norwegen ist Molde eine Großstadt. Allerdings mit weniger Sehenswürdigkeiten als Holzheim bei Neuss. Wobei das – soweit ich weiß – keinen Flughafen und kein Stadion hat.

Aber die Weiterfahrt zum Moldener Hausberg Varden hat sich dann gelohnt. Ein wunderbares Panorama mit hunderten von Gipfeln und den Fjord.

Wir fuhren weiter zum Romsdal-Museum, wo es Nachbauten von regionalen Häusern aus den letzten paar Jahrhunderten zu bestaunen gab. Eine wirklich nette Anlage. Ich klinkte mich nach einer Besichtigung in eigenem Tempo aus der Gruppe aus und erlief Molde für mich noch einmal allein. Ein in positivem Sinne beschaulicher Ort.

Einige Mitglieder dieser Ausflugsgruppe haben sich von ihrer guten Erziehung (falls denn jemals genossen) endgültig verabschiedet. Lautes Geschwatze, während der Guide versuchte, etwas zu erklären. Ermahnungen und Gezische anderer Mitreisender wurden mit indigniertem Geschnaube zur Kenntnis genommen, blieben aber folgenlos. Es wurde munter weiter krakeelt. Wahrscheinlich Volk, das sich ständig über die Jugend echauffiert.

Aber damit ich nicht nur über Mitreisende mosere: Ich sitze immer woanders und lerne auf die Art viele andere kennen, die sehr sympathisch sind. Es fallen halt immer diese speziellen 5 Prozent so auf. Wie bei mir im Beruf. 🤗

Nach einem kurzen Aufenthalt auf der „Schönen Aussicht“ traf ich mich zum Abendessen durch Zufall mit schon bekannten Gesichtern. Und das sind ganz famose Personen. Eigentlich hätte eine feste Tischordnung, die es eben auf dieser Reise nicht gibt, was zwar zu vielen Begegnungen führt, dennoch Vorteile.

Den Abend ließ ich dann bei Pianomusik in der Panoramabar ausklingen. Inzwischen mein Lieblingsort für abends. Zwar verpasste ich deswegen die „James-Bond-Akrobatikshow“, aber wer weiß, wofür das wieder gut ist.

Morgen landen wir in Flåm an. Da fahre ich wieder Bahn. Gespenstisch, oder? Ich hoffe, Ihr seid dabei.

Liebe Grüße, Euer Gerald

Tag 3: Geiranger

Ihr Lieben,

nach einer diesmal ruhigen und durchgeschlafenen Nacht nahm ich ein leichtes Frühstück ohne Räucherfisch ein und begab mich an Deck, denn wir fuhren in die Vorfjorde zum Geiranger Fjord ein. Was für eine Landschaft! So etwas schönes sieht man selten! Wir hatten allerdings auch – wie niemand an diesem Tag müde wurde zu betonen – ein Kaiserwetter, das man wohl hier ebenfalls so nicht oft hat. Kühl und sonnig mit nur einem Hauch von Wölkchen.

Die schroffen, aber mit viel Grün bewachsenen Felsen umrahmen das Schiff, und wenn man an einem Seitenarm vorbeikommt, scheint es, als ob eine Geisterhand riesige Kulissen verschieben würde. Ab und zu konnte man ein versteinertes Trollgesicht erkennen und recht oft ergoss sich eine Kaskade Wasser in den Fjord. Und überall pittoresk eingestreut Spielzeugboote und -häuser. Während der Fahrt war es einigermaßen kalt, aber dadurch war die Luft klar und rein. Es war ein so faszinierendes Gesamtkunstwerk, dass sich viel Volk auf den Decks knubbelte. Ich blieb auch so lange wie möglich auf dem obersten Deck, um ja nix zu verpassen.

Bei der Einfahrt in den Geiranger Fjord spielte auf Höhe der „Sieben Schwestern“, einigen berühmten, aber zur Zeit nicht besonders viel Wasser führenden Wasserfällen, die Bordanlage Edvard Griegs „Morgenstimmung“ und die Crew servierte Sekt. Man lässt sich wirklich viel für ein Gänsehautfeeling einfallen bei Phönix. Also, ein Naturspektakel, bei dem man wieder an einen guten Schöpfer glauben möchte. Wenn man sich dann allerdings wieder umdreht und seine Mitreisenden beobachtet, ist dieser Spuk, diese Halluzination schnell wieder vorbei.

In Geiranger lagen wir auf Reede, da schon zwei Schiffe im Hafen lagen. Zu den Ausflügen wurde daher getendert, sprich: man fuhr uns mit den Rettungsbooten zur Mole. Da der Lotse sich stark verspätet hatte, ging es erst um 15 Uhr für mich los. Ich hatte „Höhepunkte von Geiranger“ gebucht. Mit so einer Art Ausflug kann man ja nichts falsch machen. Da insgesamt 6 Busladungen abgefertigt und getendert werden wollten, herrschte starker Andrang in der Showlounge, die als Treffpunkt vereinbart war. Wer mal gesittete deutsche Wohlstandstouristen kennenlernen wollte, war hier übrigens fehl am Platz. Nicht wegen deutsch und Wohlstand…

Wir fuhren mit Bus Nr. 6 und Mario vom Phönix-Team als Begleitung mit unserem Fahrer Sverge (?) und unserem örtlichen Guide Mykkel zuerst zum Geiranger Fjordsenter, wo wir uns einen kurzen Film über die Fjorde im Laufe der Jahreszeiten sowie eine mehr oder weniger interessante Ausstellung über das Leben in den Fjorden in vergangenen Zeiten ansahen.

Unser nächster Halt war der auf ca. 1500 Meter liegende Aussichtspunkt Dalsnibba, der spektakuläre Ausblicke auf den Fjord sowie die blauen Gletscher bot. Unser Mykkel, für den wir die erste Tour seit 18 Monaten waren, war etwas irritiert davon, dass kein Schnee lag und dass das Wetter so untypisch war. Hm, Klimawandelleugnung ist schon schwer angesichts weltweiter ähnlicher Beobachtungen. Immerhin aber gehört Geiranger zum UNESCO-Weltnaturerbe und es gibt immer strengere Regeln, um den Ort zu besuchen. Ab 2027 dürfen nur noch Schiffe mit alternativen Antrieben in den Fjord. Auch dieser Besuch hat sich gelohnt!

Auf dem Weg zurück zum Schiff ging es zunächst nach Flydalsjyvet, DEM klassischen Postkartenmotiv Norwegens. Hier auch schöne Ausblicke, wieder auf das Fjordbecken bei Geiranger.

Für unseren letzten Stopp, die Adlerkehre – wo zur Verwunderung unseres Guides keine Adler zu sehen waren -, fuhren wir am Hafen vorbei und die andere Seite der Fjordhänge hoch. Übrigens durch sehr viele Haarnadelkurven, so dass es dem ein oder anderen Passagier mulmig wurde. Aber meisterhaft gemeistert von unserem Fahrer! Von diesem Ausblickspunkt aus hätte man die sieben Schwestern noch einmal sehen können, aber sie waren ja – wie erwähnt – wasserarm und die Sonne stand auch falsch.

Und dann ging es auch schon wieder zurück zum Schiff mit unserem Tenderboot. Das war ein sehr schöner Ausflug. Ich bin umgehend zum Fjordfan mutiert und möchte nun hier meinen Lebensabend verbringen. Oder würde, wenn es nicht so kalt und abgelegen im Winter wäre. Und nicht so einsam. Und wenn ich norwegisch könnte. Und wenn Alkohol hier nicht so teuer wäre. Und….

Am Abend musste ich erst einmal – beim Schreiben dieses Eintrags – mein Wanderbier vertilgen (Hallo, Elke!) und bin dann entspannt essen gegangen. Als Showattraktion war ein Buddy-Holly-Abend geplant. Aber da ich bei Abba schon die Hände in die Luft schmeißen sollte, dies als so ziemlich einziger nicht getan und deswegen von allen (!) böse angeguckt wurde (isch schwör, ey!), hatte ich Angst, dass ich heute Rock’n’Roll tanzen müsse und ersparte mir das. Irgendwie werde ich nicht gerne animiert. Schade eigentlich.

Stattdessen werde ich mich wieder in die Panoramabar begeben und nachher noch einen Blick vom Oberdeck auf den Sternenhimmel werfen.

Morgen sind Åndelsnes und Molde angesagt, beide Häfen mit Ausflugsprogramm. Seid Ihr dabei?

Liebe Grüße,

Euer Gerry

Tag 2: Nordsee ist Mordsee

Ihr Lieben,

der Titel von Hark Bohms Film passt wie die Faust aufs Auge. In der Nacht wurde der Wind immer stärker, die See immer unruhiger. Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan. Schließlich bin ich es ja nicht gewohnt, dass mein Bett dermaßen schaukelt. Zudem rutschten Dinge vom Schreibtisch, im Bad fielen Sachen um, sodass ich immer ein bisschen mit Aufräumen beschäftigt war. Völlig derangiert ging ich zum Frühstück, und bestellte eine Fischplatte sowie Rührei. Ich hätte mich besser für etwas anderes entschieden, warum erfahrt ihr gleich.

Ich machte einen kleinen Spaziergang auf dem Promenadendeck, um aufkommende Übelkeit zu verdrängen. Es ging auf und ab. Um 10 Uhr besuchte ich die Showlounge, um einem Vortrag über Trolle, Elfen und Ungeheuer zu lauschen. Ein wenig unstrukturiert, aber mit lustigen Fotos. Leider tat es mir nicht besonders gut, auf eine hin- und herschwingende Leinwand zu schauen. Und dann stieß ich noch den Räucherfisch von morgens auf. Da war es dann vorbei. Mir war sooo übel. Und dass mir, der ich immer so mit meiner Seefestigkeit prahle. Schäm. Ich begab mich umgehend in die Kabine und dort in die Horizontale. Immer noch ging es auf und ab. Ich bereitete mich auf den Tod vor.

Gegen 13 Uhr ließ der starke Seegang nach und ich traute mich, mich aufzurichten. Als ich an Deck kam, schien die Sonne. Wunderbar.
Ich setzte mich in die Sonne, trank einen Kaffee, legte mich dann auf einen Liegestuhl, wo ich es aber nicht lange aushielt, denn der Wind war immer noch extrem stark.

Es war Zeit für eine Schiffsinspektion. Es gibt altbackenere und etwas modernere Ecken. Geschmackssache. Viele Bars und Restaurants, eine Boutique, eine Bibliothek, außen weitere Bars und einen zur Zeit wasserlosen Pool (wegen des zu starken Seegangs). Es werden Spiele angeboten, wie Minigolf und Shuffleboard und es gibt ein Kino, das auch als Kochshowroom genutzt wird

Abends gab es dann Gelegenheit, sich vor der Galashow und dem Galadinner mit dem Kapitän fotografieren zu lassen. Das ist ja so gar nicht meins. Dafür aber ein Selfie in halbwegs aufgeräumter Kabine.

Die Show (ABBA lebt) war dann kurz, mit gewagten Kostümen, einer ebenso gewagten Choreographie, aber mit tollen Livestimmen.

Ach, gestern war ja auch noch was. Gestern Abend war ich noch in der Panoramabar, einen Rosé schlürfen. Dort gab es annehmbare Klaviermusik von einem begabten Pianisten. Gestört wurde der Genuss nur durch einen Gast, der unaufhörlich in seinem Cocktail rührte. Wirklich ohne Pause. Ich war kurz davor, ihm seinen Strohhalm zu entreißen und ihm damit auf die Finger zu klopfen. Auf der Kabine fand ich bei der Rückkehr eine Flasche Sekt vor, gespendet von Phoenixreisen. Nice.

Die Vorhersage für Geiranger morgen ist sehr gut, sonnig bei 18° C. Ich freue mich schon sehr darauf. Und auf Eure virtuelle Begleitung.

Euer Gerald

Lazarus weilt wieder unter uns!

1. Tag: Einschiffung

Ihr Lieben,

nach einer eher kurzen Nacht (der einjährige Pavarotti nebenan übte ab 5 Uhr seine Fortissimo-Koleraturen und seine hörbar überforderte Gesangslehrerin kritisierte ihn lautstark, was dazu führte, dass sich andere Bewohner der Etage ab 6 Uhr 30 laut türenschlagend zum Frühstücksraum begaben) inspizierte ich das Frühstücksbuffet (das ging schnell, da sehr übersichtlich) und begab mich dann erneut in die Stadt, denn ich hatte meine Reiseapotheke nicht ordentlich aufgefüllt, meinen Rasierer daheim vergessen und beschloss zudem, mir einen Barbierbesuch zu gönnen; mein letzter Friseur war ein bisschen schlampert mit den Übergängen gewesen. Also, wer jetzt schöner ist als ich, trägt ’ne Perücke! Zum ersten Mal in meinem Leben wurden mir auch die Ohren abgeflämmt. Von Selbstversuchen zuhause rate ich ab.

Die Stadt war sehr gut besucht. Die Schlangen vor den Museen verknoteten sich mit denen vor den Hafenrundfahrten und denen vor den vielen Fischbuden. Wie mir schon öfter aufgefallen war, wenn ich im Norden Urlaub machte, klönsnacken die Nordlichter gerne. Das finde ich ganz entzückend. Immer nur zwei, drei Sätze: „Riecht n büschn streng inner Stadt, nech? Is aba auch n komischen Wetter, wa?“.

Am Hafen gibt es ein ganz nett gemachtes Outlet, das habe ich mir auch noch angesehen. Hübsche kleine Läden, darunter viele bekannte Marken.

Im Hotel trank ich dann noch einen Kaffee, packte meine Sachen wieder ein und beschloss, zu Fuß zum Kreuzfahrtterminal zu gehen, da ich ja die Schiffe von meinem Hotel aus ganz in der Nähe sehen konnte. Was für eine – gelinde gesagt – saudämliche Idee. Es dauerte nämlich ewig, der Fußweg war stellenweise falsch beschildert, so dass ich 20 Minuten lang unnötig umherirrte, und dann fing es auch noch an zu regnen, wobei mir mein Schirm nicht half, da es auch noch stark stürmte. Und wir erinnern uns: mein Gepäck wiegt mehrere Tonnen!

Naja, irgendwann erreichte ich, etwas nass, das Kreuzfahrtterminal. Es war schon ganz schön voll, und es waren erschreckend viele Menschen mit sofort ins Auge springenden Eigenschaften anwesend, wenn Ihr wisst, was ich meine.

Die eigentliche Abwicklung der Einschiffung ging dann aber zügig vonstatten. Kaum in der Kabine angekommen, brachte man mir auch schon mein Gepäck, dass ich vor dem Kreuzfahrtterminal schon abgeben konnte.

Auf der Norwegenreise habe ich eine Innenkabine mit der Nummer 718. Für Menschen mit klaustrophobischen Neigungen bestimmt nicht geeignet. An Platz allerdings mangelt es nicht, und ich denke ich werde mich gut damit arrangieren können. Später auf der Dänemarkreise habe ich eine Außenkabine mit Fenster, dann kann ich ja noch einmal berichten, ob das wirklich einen großen Unterschied macht. Ein Fenster kostet auch mal eben schlappe 800 Euro mehr für die erste Fahrt.

Kurz ausgepackt, das Schiff erkundet, den kostenfreien Begrüßungssekt entgegengenommen, dann ging es auch schon zur obligatorischen Rettungsübung. Die war allerdings unspektakulär. Allerdings lernten wir den Kapitän kennen, der uns versicherte, dass wir in Norwegen prächtiges Wetter haben würden, wenn wir erst einmal durch die kabbelige Nordsee durch und übermorgen am Geirangerfjord angekommen wären.

Das Ablegen erfolgte pünktlich, unter Abspielen einer zu Herzen gehenden Melodie, die extra für dieses Schiff komponiert wurde. Leider bei dem allermiserabelsten Wetter, dass man sich vorstellen kann.

Zur Verabschiedung des Schiffes standen mehrere tausend Menschen am Kai, warfen ihre Hüte in die Luft und riefen „Huzzah!“

Zum Abendessen ging ich in das Hauptrestaurant des Schiffes. Obwohl ich extra spät ging, war es sehr voll. Man buxierte mich zu einem Achtertisch, wo man sich angeregt über Reisen unterhielt. Das Essen war wie immer auf diesen Reisen phantastisch! Und der Tischwein ist auch sehr trinkbar.

Jetzt sitze ich in der Kabine, schreibe dies und werde von links nach rechts geschleudert, weil wir stampfen und rollen. Aber da ich bekanntlicherweise zu Übertreibungen neige, müsst Ihr Euch nicht sorgen. 🤗

Jetzt muss ich mir noch eine Bar suchen, in der keine Schlager oder Elvis-Schmachtfetzen gespielt werden, und dann kann der Abend ausklingen.

Morgen ist Seetag und es gibt ein volles Bordprogramm. Vom Shuffleboarden über Kino bis zum ABBA-Revival.

Ich hoffe, wir sehen uns morgen wieder.

Liebe Grüße, Euer Gerald

Heute Mittag, vor dem Sturm, saß die Frisur noch…