Tag 7: Mandal

Ihr Lieben,

gestern waren wir zu weit weg von der Küste für eine Internetverbindung, so buchte ich Datenvolumen via Satellit. Zu meinem Erstaunen wurde mir nach ein paar Minuten mitgeteilt, ich möge ein weiteres Datenpaket buchen. Da hatte ich noch keinen Buchstaben getippt. Und ich möchte andeuten, dass das nicht eben preiswert ist. Ich ab zur Rezeption, der Mitarbeiter versuchte, mir zu helfen, und schwupps hatte ich wieder ein nicht funktionierendes Datenpaket gebucht. Meine innere Kreditkarte glühte. Aber heute morgen waren alle diese Buchungen von meinem Bordkonto verschwunden. Ein Hoch auf diesen Rezeptionisten. Ansonsten glänzen die eher matt hinter ihrem Tresen.

Mandal ist die südlichste Stadt Norwegens und ist bekannt für den schönsten Strand des Landes sowie die hübschen Häuser. Nach Anlandung mit dem Tenderboot kraxelte ich zuerst auf den Utsiktspunkt (bitte u als ü aussprechen*) Uranienborg, wo ich nach einer erforderlichen, aber schnellen Reanimation einen wunderbaren Fernblick genießen konnte.

Mein nächster Besuch galt der evangelischen Kirche, die mit 1800 Sitzplätzen als größte Holzkirche Norwegens gilt. Leider waren Christo und Jeanne-Claude vor mir da, und sie war vollkommen plastikverhüllt. Das Betreten der Kirche war verboten, aber da ich kein Norwegisch kann, wusste ich das ja nicht. Jeg visste virkelig ikke! Auch dieser kurze Blick ins Innere hat sich nicht wirklich gelohnt.

Ich streifte durch die sehr hübsche Innenstadt und erstand ein für meine Verhältnisse farbenfrohes Hemd, das ich zuhause wahrscheinlich kopfschüttelnd unter Verwirrungen in die hinterste Schrankecke verbannen werde.

Wir hatten nicht viel Zeit, da wir nur knapp 3 Stunden auf Reede lagen. Aber die Stippvisite hat sich gelohnt, es ist ein sehr netter Ort! Um 11:30 Uhr gab es dann die Biergarten-Party auf dem Lidodeck. Das Pendant zum gestern angesprochenen Oktoberfest. Mit Freibier bis 12 Uhr. Leute, da boxte werauchimmer im Kettenhemd, animiert durch einen DJ am Mischpult. Mir war nach „An der Nordseeküste“ und „Ein Prosit der Gemütlichkeit“ ganz anders und ich beschloss, für mein Bier auf Deck 7 zu zahlen. Wenn die Hunnen die Gemütlichkeit hochleben lassen, klingt das für mich zumeist eher nach Blitzkrieg.

Der Rest des Tages stand dann wieder voll im Zeichen der Völlerei und des Entertainments. Den gedeckten Apfelkuchen mit Eis und Sahne sowie die nächtliche Gulaschsuppe verkniff ich mir. Den Abschiedscocktail für die Norwegenreise nahm ich hingegen gerne an, obwohl ich gezwungen wurde, dazu herzzerreißende Arien und Duette aus den beliebtesten Musicals der letzten 500 Jahre über mich ergehen zu lassen. Aber ehrlich, besser als humbahumbatäterä ist das allemal. Garniert wurde die Veranstaltung mit einem Good-Bye-Defilee der Crew vom Käpt’n bis zum Kellner. So etwas hat ja immer ein bisschen was Ergreifendes.

Man informierte mich mit der Bootspost, dass man mich morgen in meine neue Kabine umziehen würde. Ich könne alles so lassen, das Housekeeping würde sich darum kümmern. Da mir aber leicht konolialistisch zumute ist, wenn jemand meine Wäsche über die Gänge tragen soll, packe ich dann doch lieber alles zusammen.

Morgen Bremerhaven, Ein- und Ausschiffung neuer und alter Passagiere. Mein Plan ist, zu faulenzen und vielleicht auch einen Urlaubstag in meinem Tagebuch einzulegen, bevor es Donnerstag weiter nach Esbjerg in Dänemark geht.

Liebe Grüße, Euer Gerry

*) das ist besonders wichtig, wenn man Hurra ruft, wie mir erzählt wurde… falls das nicht unter Reiseleitergarn fällt…

Tag 6: Bergen

Ihr Lieben,

heute also Bergen. Mit etwa 270.000 Einwohnern zweitgrößte Stadt Norwegens. Zum Vergleich: das wäre bei uns Hamburg mit ca. 1,8 Millionen. Ich überlasse jedem, die Verhältnisse auf die Gesamteinwohnerzahl umzurechnen, da ich seeeehr schlecht in Mathe war. 😵

Schon ab halb sieben in der Früh hörte man die Durchsagen bzgl. Bergen und unserem Liegeplatz von der Brücke auf den Fluren. Denn sobald ein Kreuzfahrtschiff einen bestimmten Punkt in Bergen passiert hat, soll es gemäß lokaler Bestimmungen gefälligst nicht so auffallen. Eine Regelung, die ich mir vor einigen Jahren bei der Einfahrt der Artania in die Lagune von Venedig gewünscht hätte. Da grölten die meisten beim traditionellen Oktoberfest (das es auf fast jedem Schiff irgendwie gibt und das auch gerne im Mai oder Februar stattfinden kann) auf Deck „Rupfdizupf, die Lederhosen runter“ (oder etwas ähnlich Geistreiches), der Venezianer stand am Ufer und befürchtete das Schlimmste (die Hunnen sind wieder da) und eine Minderheit an Bord wäre vor Scham gerne in der Lagune versunken. Aber ich schweife ab.

Gebucht hatte ich einen Stadtrundgang. Sinnigerweise fand der dann erst am späten Nachmittag statt. Hm. Ich beschloss, trotz starker Bewölkung und dichten Nebels, mit der Fløibahn auf den Hausberg Bergens, den Fløyen, zu fahren, dort zu wandern und per pedes wieder ins Tal zu laufen. Ich entwickele mich noch zum Bahn-Nerd. Aber eher unfreiwillig.

Oben angekommen… Ist es ein Zitat aus der „Feuerzangenbowle“? „Sehen Sie, Sie sehen nichts!“. Ich lief durch den Trollwald, um den See herum, klönschnatterte mit den Enten dort und machte mich dann an den Abstieg. Das war alles trotz mangelnder Aussicht sehr nett. Aber unten angekommen war ich trotz der Kälte völlig fix und fertig. Ich testete daher, ob eine Stunde in der Horizontalen die Beine entlastet. Die Ergebnisse dieser Forschung werden demnächst im Journal of modern medical research veröffentlicht, aber ich kann jetzt schon verraten, ja, tut es.

Der Stadtrundgang begann erst einmal damit, dass die Hälfte der Teilnehmer ihre Empfangsgeräte aka Ohrstöpsel für die Erläuterungen des Guides vergaß. Dann funktionierten diese nicht so, wie die Träger es sich wünschten. Das lag aber, so viel sei verraten, ausnahmslos nicht an den Geräten. Eine Mitreisende neben mir seufzte „Schon die halbe Zeit rum…“ und ich ergänzte „… „und schon so viel gelernt!“. Das fanden aber nur wir beide komisch.

Die Führung war sehr interessant, aber leider verzettelte sich unser Guide manchmal in Details, die sich niemand hätte merken können. „Elisabeth Margarethe Johanna Gulbrandsdottar, die Königinmutter von Hakle, dem Viertelvorzwölftem, spuckte am 13. Dezember 1242 auf diesen Stein, was zu den Smörebrodkriegen führte.“. Diese Detailversessenheit führte dazu, dass wir den Besuch der Fischhalle verpassten und zum Schiff zurück galoppieren mussten.

Da aber wenigstens der Nebel sich verzogen und seine Geschwister, die Wolken, mitgenommen hatte, kamen wir in den Genuss eines tollen Stadtspazierganges mit dennoch sehr interessanten Fakten. Unbestritten war unser Führer ein sehr belesener und gebildeter Mann. Die Hanseviertel mit strikten Regeln, das Leben in Bergen zwischen 1200 und heute, architektonische Besonderheiten, all das war schon spannend. Dazu norwegische Geschichte eingesprengselt. Sehenswert sind die Festung mit der Håkonhalle, Bryggen mit den Hansekontoren, die „deutsche Kirche“ und natürlich der Hafen.

Vor dem Schiff war bei der Rückkehr ein Stand aufgebaut, an dem man norwegische Spezialitäten hätte erstehen können, aber wir kamen ja ohnehin schon fast zu spät zur Einschiffung. Gerne hätte ich den oft erwähnten braunen Käse erstanden. Aber nächste Woche in Schweden möchte ich unbedingt Surströmming kaufen. Sehr zur Freude meiner nächsten Gäste. 🤗

Auf dem weiteren Weg nach Mandal, unserem nächsten Ziel, passierten wir noch eine Miniaturausgabe der Golden Gate-Brücke. Norwegen hat echt viel zu bieten. Ich glaube, während ich dies bei einem Seabreeze-Cocktail in der Panoramabar schreibe, fahren wir durch Schärengebiet. Lauter kleine Inseln statt der Fjorde. Auch ein sehr schöner Anblick.

Den Ausklang fand der Abend in der Showlounge, wo ein Pianist Stücke von Edvard Grieg vortrug, dem wohl größten Sohn Bergens, zumindest auf dem Gebiet der Komposition. Ich hätte gerne sein Haus in Troldhaugen, jetzt ein Museum, besichtigt. Leider keine Zeit, ein Nachteil an Kreuzfahrten. Das Schiff bleibt wegen Sonderwünschen nicht mal eben eine Nacht länger. Schade eigentlich. Warum eigentlich?

Morgen sind wir in Mandal, der südlichsten Stadt Norwegens. Gehen wir zusammen auf Tour dort?

Liebe Grüße, Euer Gerald

Das Ungeheuer vom Fløyen-See, erste Sichtung seit hunderten von Jahren. Man beachte die furchteinflößenden Rückenflossen.

Tag 5: Flåm

Ihr Lieben,

heute kreuzten wir durch Sogne- und Aurlandsfjord bis Flån, wo wir wieder auf Reede lagen. Ich verbrachte diese 4 Stunden zumeist auf Deck und genoss die wunderbare Natur. Angesichts sich ständig in Bewegung befindlicher Kieferknochen um mich herum wurde mir dann klar, dass man sich hier rund um die Uhr vollstopfen könnte. Kaum sind die Early-Bird-, regulären und Langschläfer-Frühstücke vorbei, bei denen man ellenlange Menükarten in die Hand gedrückt bekommt, geht es nahtlos über zur Zwischenmahlzeit auf dem Lidodeck. Heute Grillhähnchen. Mit den abgenagten Knochen in der Hand kann man sich dann umgehend in eines der gefühlten 10 Restaurants zum Mittagessen niederlassen. Von dort aus eilt man dann mit flatternder Serviette im Ausschnitt zur Kuchentheke, dann zum Nachmittagssnack, gefolgt von Abendessen und Mitternachtssnack. Um dem etwas entgegenzusetzen, gibt es für 15 Minuten Dehnübungen mit Susi am Tag. Die mache ich natürlich mit Begeisterung mit, wohingegen ich kaum etwas esse. 🤥

Am Mittag sammelte ich mich zu meinem Ausflug mit der Flåm-Bahn. Flåm ist unter anderem wegen dieser Bahn ein Touristenmagnet. Flå heißt laut Ausflugsprogramm übrigens „kleine Ebene zwischen steilen Bergen“. Ich mag diese knappen Namen, die trotzdem so viel Bedeutung haben. Gerald heißt ja, aber das wusstet Ihr bestimmt schon, „der, der nie isst, immer Dehnübungen macht und dessen Kleidung dennoch immer kleiner wird“.

Unglaublich viele Mitreisende wollten diesen Ausflug machen und so knubbelte es sich mal wieder. Die Fahrt ist nett und hält einiges an Besonderheiten parat, die aber eher für Zugfans interessant sind. Tunnelkehren, Steigungsverhältnis, Antriebstechnik etc. Ansonsten bietet die Strecke Ausblicke auf Täler, Berge, Natur und… ja, kaum mehr vorhandene Wasserfälle. Ein Extrastop der Flåm-Bahn ist der berühmte Kjosfossen. Man hat sich ein kleines Spektakel einfallen lassen: Unterhalb der tosenden Wassermassen tanzt eine Huldra und lockt unschuldige Männer mit ihrem sphärischen Gesang in ihren Berg und den sicheren Tod.

Nun. Die Hejaholalü-Gesänge kommen vom Band und die rotgewandete Huldra (es sind mehrere, um den Eindruck zu erwecken, sie könne sich quasi teleportieren) erscheint vor einem trockengefallenen Sturzbach ein wenig hilflos. Hejaholalü.

Am Ende der Strecke kann man sich auf ca. 865 Metern Höhe ein paar Minuten am Bahnhof Myrdal die Beine vertreten und fährt dann die gleiche Strecke wieder zurück. Wieder mit dem vollen Sagengestaltprogramm. Nach der Bahnfahrt wurden 5 Passagiere vermisst, Huldra hatte also sagenhaften Erfolg.

Den Tipps zu Flåm konnte man entnehmen, dass hier eine Brauerei ansässig ist, die preisgekrönte Biere herstellt. Ægir Bier. Das gönnte ich mir nach einer kurzen Ortsbesichtigung. Also, ich weiß, warum Bier in Norwegen Öl heißt. Es ist nicht nur preisgekrönt, sondern auch preisintensiv. Aber das war mir ja bekannt. Und es war wirklich lecker!

Preisintensiv ist hier übrigens auch Porto für Postkarten. Ich dachte zuerst, ich hätte mich massiv verhört. Ich hatte nicht und ertrug eine kurze Litanei des Ladenbesitzers über das schlimme norwegische Postwesen.

Zurückgetendert, noch ein bisschen geölt und dann ab zum Abendessen. Da ich weder Grillhähnchen noch Kuchen hatte, war ich hungrig. Ausklingen ließ ich den Tag wieder in der Panoramabar ohne Programm.

Abends tollten noch ein paar Jugendliche mit Jetskis ums Schiff und boten riskant aussehende Stunts dar. Zuhause am Rhein hätte ich an Rabauken gedacht, hier im Fjord im Urlaub dachte ich an unbeschwerte Jugend. Hm. Standpunkte sollten von Zeit zu Zeit überdacht werden.

Ich weiß, manchmal motze ich ein bisschen, aber es ist eine tolle Reise, unter anderem auch, weil Ihr mitfahrt. Morgen, wenn Ihr möchtet, laufen wir zusammen durch Norwegens zweitgrößte Stadt Bergen. Seid Ihr dabei?

Liebe Grüße aus der Panoramabar, Euer Gerald

Wer hier keinen versteinerten Affentroll sieht….

Tag 4: Åndelsnes und Molde

Ihr Lieben,

Sternennacht gab es gestern leider nicht so wie erhofft, wahrscheinlich war der Mond zu hell, der hier übrigens sehr mythisch am Himmel steht. Wahrscheinlich habe ich aber auch zu viel von Trollen und dergleichen gehört. Also besuchte ich noch kurz die 50er-Jahre-Party in Harry’s Bar. Leute, da ging die Luzie ab. Zwei Musiker imitierten – durchaus gelungen – eine ganze Band und das Publikum legte dazu eine kesse Sohle aufs Parkett. Bei „Rote Lippen soll man küssen…“ warf ich dann allerdings das Handtuch.

Um 8 Uhr 45 startete mein Tenderboot zur Bahnfahrt mit der Raumabahn. Am Hafen trafen wir Thorsten, der uns von Åndelsnes bis Bjorli mit eben dieser Bahn und zurück mit dem Bus begleiten sollte. Een Balina. Bisschen schnoddrig, aber nett. Alles an dieser Bahn wird irgendwie mit spektakulär attributiert. Die Soundso-Brücke, der Tralala-Tunnel, der Dingensgedöns-Berg. Alles spektakulär und einzigartig. Das Problem ist aber, dass man die Brücke so nicht sieht, über die man fährt. Den Berg, durch dessen Tunnel man fährt, ebensowenig. Erst recht nicht den Tunnel selbst, denn da ist finster drin.
Aber man fährt an einer schönen Landschaft mit vielen Bergen und Felswänden, pittoresken Häusern und einer Menge von Wasserfällen vorbei.
Mit dem Bus zurück gibt es dann ein paar Fotostops, so dass man zumindest dann ein paar Erinnerungen auf Zelluloid festhal… äh… mit dem Handy verewigen  kann.
Und wir erfuhren ein bisschen über Land, Leute, Geologie und außergewöhnliche Vorkommnisse, wie z.B. das virale Lachssterben im Rauma-Fluss oder die Resultate verbotener Fallschirmsprünge von der Trollwand. Übrigens, wenn man genau hinschaut, sieht man tatsächlich in jeder Ecke einen versteinerten Troll.

Trolle dann übrigens auch im Bus. Die Maske über dem Kehlkopf oder der Stirn. Renitente Rentner halt. Bekommen angeblich schlecht Luft, sitzen aber jeden Abend mit Fluppe im völlig zugequalmten Raucherzimmer bei Harry’s Bar. Am meisten regt mich auf, dass die nicht merken, wie lächerlich sie sind.

Mittags, nach der Rückkehr zum Schiff, das um 12 Uhr Anker lichtete, habe ich dann ein Restaurant besucht, da ich morgens auf Frühstück verzichtet hatte. Man fährt in den Fjorden an so schönen Landschaften vorbei, dass man versucht ist, alle paar Minuten aufzuspringen und an Deck zu rennen. Aber dann würde man verhungern. Naja, würde zugegebenermaßen bei mir etwas dauern.

Um 15 Uhr legten wir in Molde an. Es war nett, mal nicht auf Reede – also im Wasser -, sondern an eine Mole zu liegen, da hatte man mal Gelegenheit, ein Anlagemanöver mitzubekommen.

Um 15:45 Uhr brach ich zu einer Stadtrundfahrt mit anschließendem Aussichtspunkt- und Museumsbesuch auf. Was soll ich sagen? Die Stadtrundfahrt war extrem schnell abgehakt. Für Norwegen ist Molde eine Großstadt. Allerdings mit weniger Sehenswürdigkeiten als Holzheim bei Neuss. Wobei das – soweit ich weiß – keinen Flughafen und kein Stadion hat.

Aber die Weiterfahrt zum Moldener Hausberg Varden hat sich dann gelohnt. Ein wunderbares Panorama mit hunderten von Gipfeln und den Fjord.

Wir fuhren weiter zum Romsdal-Museum, wo es Nachbauten von regionalen Häusern aus den letzten paar Jahrhunderten zu bestaunen gab. Eine wirklich nette Anlage. Ich klinkte mich nach einer Besichtigung in eigenem Tempo aus der Gruppe aus und erlief Molde für mich noch einmal allein. Ein in positivem Sinne beschaulicher Ort.

Einige Mitglieder dieser Ausflugsgruppe haben sich von ihrer guten Erziehung (falls denn jemals genossen) endgültig verabschiedet. Lautes Geschwatze, während der Guide versuchte, etwas zu erklären. Ermahnungen und Gezische anderer Mitreisender wurden mit indigniertem Geschnaube zur Kenntnis genommen, blieben aber folgenlos. Es wurde munter weiter krakeelt. Wahrscheinlich Volk, das sich ständig über die Jugend echauffiert.

Aber damit ich nicht nur über Mitreisende mosere: Ich sitze immer woanders und lerne auf die Art viele andere kennen, die sehr sympathisch sind. Es fallen halt immer diese speziellen 5 Prozent so auf. Wie bei mir im Beruf. 🤗

Nach einem kurzen Aufenthalt auf der „Schönen Aussicht“ traf ich mich zum Abendessen durch Zufall mit schon bekannten Gesichtern. Und das sind ganz famose Personen. Eigentlich hätte eine feste Tischordnung, die es eben auf dieser Reise nicht gibt, was zwar zu vielen Begegnungen führt, dennoch Vorteile.

Den Abend ließ ich dann bei Pianomusik in der Panoramabar ausklingen. Inzwischen mein Lieblingsort für abends. Zwar verpasste ich deswegen die „James-Bond-Akrobatikshow“, aber wer weiß, wofür das wieder gut ist.

Morgen landen wir in Flåm an. Da fahre ich wieder Bahn. Gespenstisch, oder? Ich hoffe, Ihr seid dabei.

Liebe Grüße, Euer Gerald

Tag 3: Geiranger

Ihr Lieben,

nach einer diesmal ruhigen und durchgeschlafenen Nacht nahm ich ein leichtes Frühstück ohne Räucherfisch ein und begab mich an Deck, denn wir fuhren in die Vorfjorde zum Geiranger Fjord ein. Was für eine Landschaft! So etwas schönes sieht man selten! Wir hatten allerdings auch – wie niemand an diesem Tag müde wurde zu betonen – ein Kaiserwetter, das man wohl hier ebenfalls so nicht oft hat. Kühl und sonnig mit nur einem Hauch von Wölkchen.

Die schroffen, aber mit viel Grün bewachsenen Felsen umrahmen das Schiff, und wenn man an einem Seitenarm vorbeikommt, scheint es, als ob eine Geisterhand riesige Kulissen verschieben würde. Ab und zu konnte man ein versteinertes Trollgesicht erkennen und recht oft ergoss sich eine Kaskade Wasser in den Fjord. Und überall pittoresk eingestreut Spielzeugboote und -häuser. Während der Fahrt war es einigermaßen kalt, aber dadurch war die Luft klar und rein. Es war ein so faszinierendes Gesamtkunstwerk, dass sich viel Volk auf den Decks knubbelte. Ich blieb auch so lange wie möglich auf dem obersten Deck, um ja nix zu verpassen.

Bei der Einfahrt in den Geiranger Fjord spielte auf Höhe der „Sieben Schwestern“, einigen berühmten, aber zur Zeit nicht besonders viel Wasser führenden Wasserfällen, die Bordanlage Edvard Griegs „Morgenstimmung“ und die Crew servierte Sekt. Man lässt sich wirklich viel für ein Gänsehautfeeling einfallen bei Phönix. Also, ein Naturspektakel, bei dem man wieder an einen guten Schöpfer glauben möchte. Wenn man sich dann allerdings wieder umdreht und seine Mitreisenden beobachtet, ist dieser Spuk, diese Halluzination schnell wieder vorbei.

In Geiranger lagen wir auf Reede, da schon zwei Schiffe im Hafen lagen. Zu den Ausflügen wurde daher getendert, sprich: man fuhr uns mit den Rettungsbooten zur Mole. Da der Lotse sich stark verspätet hatte, ging es erst um 15 Uhr für mich los. Ich hatte „Höhepunkte von Geiranger“ gebucht. Mit so einer Art Ausflug kann man ja nichts falsch machen. Da insgesamt 6 Busladungen abgefertigt und getendert werden wollten, herrschte starker Andrang in der Showlounge, die als Treffpunkt vereinbart war. Wer mal gesittete deutsche Wohlstandstouristen kennenlernen wollte, war hier übrigens fehl am Platz. Nicht wegen deutsch und Wohlstand…

Wir fuhren mit Bus Nr. 6 und Mario vom Phönix-Team als Begleitung mit unserem Fahrer Sverge (?) und unserem örtlichen Guide Mykkel zuerst zum Geiranger Fjordsenter, wo wir uns einen kurzen Film über die Fjorde im Laufe der Jahreszeiten sowie eine mehr oder weniger interessante Ausstellung über das Leben in den Fjorden in vergangenen Zeiten ansahen.

Unser nächster Halt war der auf ca. 1500 Meter liegende Aussichtspunkt Dalsnibba, der spektakuläre Ausblicke auf den Fjord sowie die blauen Gletscher bot. Unser Mykkel, für den wir die erste Tour seit 18 Monaten waren, war etwas irritiert davon, dass kein Schnee lag und dass das Wetter so untypisch war. Hm, Klimawandelleugnung ist schon schwer angesichts weltweiter ähnlicher Beobachtungen. Immerhin aber gehört Geiranger zum UNESCO-Weltnaturerbe und es gibt immer strengere Regeln, um den Ort zu besuchen. Ab 2027 dürfen nur noch Schiffe mit alternativen Antrieben in den Fjord. Auch dieser Besuch hat sich gelohnt!

Auf dem Weg zurück zum Schiff ging es zunächst nach Flydalsjyvet, DEM klassischen Postkartenmotiv Norwegens. Hier auch schöne Ausblicke, wieder auf das Fjordbecken bei Geiranger.

Für unseren letzten Stopp, die Adlerkehre – wo zur Verwunderung unseres Guides keine Adler zu sehen waren -, fuhren wir am Hafen vorbei und die andere Seite der Fjordhänge hoch. Übrigens durch sehr viele Haarnadelkurven, so dass es dem ein oder anderen Passagier mulmig wurde. Aber meisterhaft gemeistert von unserem Fahrer! Von diesem Ausblickspunkt aus hätte man die sieben Schwestern noch einmal sehen können, aber sie waren ja – wie erwähnt – wasserarm und die Sonne stand auch falsch.

Und dann ging es auch schon wieder zurück zum Schiff mit unserem Tenderboot. Das war ein sehr schöner Ausflug. Ich bin umgehend zum Fjordfan mutiert und möchte nun hier meinen Lebensabend verbringen. Oder würde, wenn es nicht so kalt und abgelegen im Winter wäre. Und nicht so einsam. Und wenn ich norwegisch könnte. Und wenn Alkohol hier nicht so teuer wäre. Und….

Am Abend musste ich erst einmal – beim Schreiben dieses Eintrags – mein Wanderbier vertilgen (Hallo, Elke!) und bin dann entspannt essen gegangen. Als Showattraktion war ein Buddy-Holly-Abend geplant. Aber da ich bei Abba schon die Hände in die Luft schmeißen sollte, dies als so ziemlich einziger nicht getan und deswegen von allen (!) böse angeguckt wurde (isch schwör, ey!), hatte ich Angst, dass ich heute Rock’n’Roll tanzen müsse und ersparte mir das. Irgendwie werde ich nicht gerne animiert. Schade eigentlich.

Stattdessen werde ich mich wieder in die Panoramabar begeben und nachher noch einen Blick vom Oberdeck auf den Sternenhimmel werfen.

Morgen sind Åndelsnes und Molde angesagt, beide Häfen mit Ausflugsprogramm. Seid Ihr dabei?

Liebe Grüße,

Euer Gerry

Tag 2: Nordsee ist Mordsee

Ihr Lieben,

der Titel von Hark Bohms Film passt wie die Faust aufs Auge. In der Nacht wurde der Wind immer stärker, die See immer unruhiger. Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan. Schließlich bin ich es ja nicht gewohnt, dass mein Bett dermaßen schaukelt. Zudem rutschten Dinge vom Schreibtisch, im Bad fielen Sachen um, sodass ich immer ein bisschen mit Aufräumen beschäftigt war. Völlig derangiert ging ich zum Frühstück, und bestellte eine Fischplatte sowie Rührei. Ich hätte mich besser für etwas anderes entschieden, warum erfahrt ihr gleich.

Ich machte einen kleinen Spaziergang auf dem Promenadendeck, um aufkommende Übelkeit zu verdrängen. Es ging auf und ab. Um 10 Uhr besuchte ich die Showlounge, um einem Vortrag über Trolle, Elfen und Ungeheuer zu lauschen. Ein wenig unstrukturiert, aber mit lustigen Fotos. Leider tat es mir nicht besonders gut, auf eine hin- und herschwingende Leinwand zu schauen. Und dann stieß ich noch den Räucherfisch von morgens auf. Da war es dann vorbei. Mir war sooo übel. Und dass mir, der ich immer so mit meiner Seefestigkeit prahle. Schäm. Ich begab mich umgehend in die Kabine und dort in die Horizontale. Immer noch ging es auf und ab. Ich bereitete mich auf den Tod vor.

Gegen 13 Uhr ließ der starke Seegang nach und ich traute mich, mich aufzurichten. Als ich an Deck kam, schien die Sonne. Wunderbar.
Ich setzte mich in die Sonne, trank einen Kaffee, legte mich dann auf einen Liegestuhl, wo ich es aber nicht lange aushielt, denn der Wind war immer noch extrem stark.

Es war Zeit für eine Schiffsinspektion. Es gibt altbackenere und etwas modernere Ecken. Geschmackssache. Viele Bars und Restaurants, eine Boutique, eine Bibliothek, außen weitere Bars und einen zur Zeit wasserlosen Pool (wegen des zu starken Seegangs). Es werden Spiele angeboten, wie Minigolf und Shuffleboard und es gibt ein Kino, das auch als Kochshowroom genutzt wird

Abends gab es dann Gelegenheit, sich vor der Galashow und dem Galadinner mit dem Kapitän fotografieren zu lassen. Das ist ja so gar nicht meins. Dafür aber ein Selfie in halbwegs aufgeräumter Kabine.

Die Show (ABBA lebt) war dann kurz, mit gewagten Kostümen, einer ebenso gewagten Choreographie, aber mit tollen Livestimmen.

Ach, gestern war ja auch noch was. Gestern Abend war ich noch in der Panoramabar, einen Rosé schlürfen. Dort gab es annehmbare Klaviermusik von einem begabten Pianisten. Gestört wurde der Genuss nur durch einen Gast, der unaufhörlich in seinem Cocktail rührte. Wirklich ohne Pause. Ich war kurz davor, ihm seinen Strohhalm zu entreißen und ihm damit auf die Finger zu klopfen. Auf der Kabine fand ich bei der Rückkehr eine Flasche Sekt vor, gespendet von Phoenixreisen. Nice.

Die Vorhersage für Geiranger morgen ist sehr gut, sonnig bei 18° C. Ich freue mich schon sehr darauf. Und auf Eure virtuelle Begleitung.

Euer Gerald

Lazarus weilt wieder unter uns!

1. Tag: Einschiffung

Ihr Lieben,

nach einer eher kurzen Nacht (der einjährige Pavarotti nebenan übte ab 5 Uhr seine Fortissimo-Koleraturen und seine hörbar überforderte Gesangslehrerin kritisierte ihn lautstark, was dazu führte, dass sich andere Bewohner der Etage ab 6 Uhr 30 laut türenschlagend zum Frühstücksraum begaben) inspizierte ich das Frühstücksbuffet (das ging schnell, da sehr übersichtlich) und begab mich dann erneut in die Stadt, denn ich hatte meine Reiseapotheke nicht ordentlich aufgefüllt, meinen Rasierer daheim vergessen und beschloss zudem, mir einen Barbierbesuch zu gönnen; mein letzter Friseur war ein bisschen schlampert mit den Übergängen gewesen. Also, wer jetzt schöner ist als ich, trägt ’ne Perücke! Zum ersten Mal in meinem Leben wurden mir auch die Ohren abgeflämmt. Von Selbstversuchen zuhause rate ich ab.

Die Stadt war sehr gut besucht. Die Schlangen vor den Museen verknoteten sich mit denen vor den Hafenrundfahrten und denen vor den vielen Fischbuden. Wie mir schon öfter aufgefallen war, wenn ich im Norden Urlaub machte, klönsnacken die Nordlichter gerne. Das finde ich ganz entzückend. Immer nur zwei, drei Sätze: „Riecht n büschn streng inner Stadt, nech? Is aba auch n komischen Wetter, wa?“.

Am Hafen gibt es ein ganz nett gemachtes Outlet, das habe ich mir auch noch angesehen. Hübsche kleine Läden, darunter viele bekannte Marken.

Im Hotel trank ich dann noch einen Kaffee, packte meine Sachen wieder ein und beschloss, zu Fuß zum Kreuzfahrtterminal zu gehen, da ich ja die Schiffe von meinem Hotel aus ganz in der Nähe sehen konnte. Was für eine – gelinde gesagt – saudämliche Idee. Es dauerte nämlich ewig, der Fußweg war stellenweise falsch beschildert, so dass ich 20 Minuten lang unnötig umherirrte, und dann fing es auch noch an zu regnen, wobei mir mein Schirm nicht half, da es auch noch stark stürmte. Und wir erinnern uns: mein Gepäck wiegt mehrere Tonnen!

Naja, irgendwann erreichte ich, etwas nass, das Kreuzfahrtterminal. Es war schon ganz schön voll, und es waren erschreckend viele Menschen mit sofort ins Auge springenden Eigenschaften anwesend, wenn Ihr wisst, was ich meine.

Die eigentliche Abwicklung der Einschiffung ging dann aber zügig vonstatten. Kaum in der Kabine angekommen, brachte man mir auch schon mein Gepäck, dass ich vor dem Kreuzfahrtterminal schon abgeben konnte.

Auf der Norwegenreise habe ich eine Innenkabine mit der Nummer 718. Für Menschen mit klaustrophobischen Neigungen bestimmt nicht geeignet. An Platz allerdings mangelt es nicht, und ich denke ich werde mich gut damit arrangieren können. Später auf der Dänemarkreise habe ich eine Außenkabine mit Fenster, dann kann ich ja noch einmal berichten, ob das wirklich einen großen Unterschied macht. Ein Fenster kostet auch mal eben schlappe 800 Euro mehr für die erste Fahrt.

Kurz ausgepackt, das Schiff erkundet, den kostenfreien Begrüßungssekt entgegengenommen, dann ging es auch schon zur obligatorischen Rettungsübung. Die war allerdings unspektakulär. Allerdings lernten wir den Kapitän kennen, der uns versicherte, dass wir in Norwegen prächtiges Wetter haben würden, wenn wir erst einmal durch die kabbelige Nordsee durch und übermorgen am Geirangerfjord angekommen wären.

Das Ablegen erfolgte pünktlich, unter Abspielen einer zu Herzen gehenden Melodie, die extra für dieses Schiff komponiert wurde. Leider bei dem allermiserabelsten Wetter, dass man sich vorstellen kann.

Zur Verabschiedung des Schiffes standen mehrere tausend Menschen am Kai, warfen ihre Hüte in die Luft und riefen „Huzzah!“

Zum Abendessen ging ich in das Hauptrestaurant des Schiffes. Obwohl ich extra spät ging, war es sehr voll. Man buxierte mich zu einem Achtertisch, wo man sich angeregt über Reisen unterhielt. Das Essen war wie immer auf diesen Reisen phantastisch! Und der Tischwein ist auch sehr trinkbar.

Jetzt sitze ich in der Kabine, schreibe dies und werde von links nach rechts geschleudert, weil wir stampfen und rollen. Aber da ich bekanntlicherweise zu Übertreibungen neige, müsst Ihr Euch nicht sorgen. 🤗

Jetzt muss ich mir noch eine Bar suchen, in der keine Schlager oder Elvis-Schmachtfetzen gespielt werden, und dann kann der Abend ausklingen.

Morgen ist Seetag und es gibt ein volles Bordprogramm. Vom Shuffleboarden über Kino bis zum ABBA-Revival.

Ich hoffe, wir sehen uns morgen wieder.

Liebe Grüße, Euer Gerald

Heute Mittag, vor dem Sturm, saß die Frisur noch…

Anreisetag: Reisen in Zeiten von Chaos-Claus

Ihr Lieben,

fast kann ich mir vorstellen, dass ich auf der gesamten Kreuzfahrt nicht mehr so viel erleben werde wie heute.

Aber von vorn: Als die Lokführergewerkschaft Streiks ankündigte, war mir sofort klar, dass ich nicht am Abreisetag des Schiffes nach Bremerhaven fahren würde. Also buchte ich mir ein Hotelzimmer dort. Da meine Einschiffung erst am späten Nachmittag erfolgen soll, direkt mit Late-Check-Out. Die Bahnfahrten wurden gebucht, ebenso wie die schon auf der Internetseite von Phönix angebotenen Ausflüge in Norwegen und Dänemark. Leider war der Besuch der legendären Eisbar schon ausgebucht, aber ich habe mich für eine ganze Reihe interessanter Dinge eintragen können. Die Autokorrektur hat übrigens aus Eisbar Eisbär gemacht. Legendärer Eisbär?

Die letzte Arbeitswoche war dann noch mal ein wenig herausfordernd, aber ab vergangenem Freitag begann ich dann mit den letzten Abreisevorbereitungen. Unter anderem musste ich mir einen Anzug kaufen sowie diverse Oberteile. Aus einem geheimnisvollen Grund waren die bereits vorhandenen Kleidungsstücke in meinem Schrank alle geschrumpft. Merkwürdig. Eine große Regenjacke musste auch noch her, denn, ojeh, „Geiranger 8 Grad und Regen“, und da will ich auch noch auf einen Berg rauf. Zwiebeltechnik ist angesagt.

Sonntag dann wurden alle Geräte auf Funktionstüchtigkeit geprüft, SIM- und Speicherkarten ausgetauscht, Offlinekarten von Skandinavien heruntergeladen und die ersten Sachen rausgelegt. Montag packte ich zuende und mein Koffer kam auf ein Kampfgewicht von 728 Kilogramm. Mein Handgepäck lag nur wenige Gramm darunter. Das wird noch eine Rolle spielen!

Heute dann früh raus. Mails checken. DB: „Ihr Zug fährt nicht“. Große Überraschung! Sitzplatz für einen anderen Zug gebucht und mit einer Stunde Kulanz zuhause aufgebrochen. Mit den Tonnen an Gepäck.

Der Bus kam noch, aber dann an der S-Bahn-Station Trimbornstraße: nix, aber auch mal so gar nix! Der Aufzug dort war defekt, also hier schon mal treppauftreppab. Ab zur U-Bahn Kalk-Post. Rolltreppe defekt, Treppe. Dort Ohrenkrebs bekommen wegen eines völlig talentfreien Akkordeonisten. Mit der 9 bis Heumarkt. Runter zur Linie 5. „Die Linie 5 fährt erst wieder in 30 Minuten.“ Wieder hoch zur Straße und im Schweinsgalopp durch die Altstadt, über Kopfsteinpflaster und durch Baustellen. Am Bahnsteig dann Menschenmassen, die aber gottseisgedankt alle auf den Flixtrain warteten. Aus dem abfahrenden Flixtrain sprang dann noch ein Mann, was zu übelsten Beschimpfungen seitens des Gleispersonals führte. Mann, kannten die Wörter! Meine Bahn wurde dankenswerterweise erst in Köln eingesetzt und war quasi leer.

Vollkommen nassgeschwitzt und mit einem Blutdruck in Höhe meines o.g. Koffergewichtes ließ ich mich dann in den Sitz sinken.

Die weitere Fahrt an sich war dann unspektakulär, die Regionalbahn nach Bremerhaven und der Bus zum Havenhostel fuhren nach Plan. Allerdings erblickte ich im Bus einen Phönix-Rucksack. Diese erkennt man überall auf der Welt sofort, weil sie in einer grauenhaften Farbe glänzen. Ich glaube, es soll eine Art mintgrün sein. Ob der Herr, der ihn trug, wohl nach Norwegen will?

Das Hostel ist ganz nett, wenn auch ein wenig spartanisch. Aber es hat eine große Wiese, auf der ich mich erst einmal mit einem Brötchen und einer Dose Bier aus dem nahegelegenen Edeka niederließ. Dann erkundete ich den Hafeneingang, ging die Bürgermeister-Smidt-Straße entlang, zuerst durch einen Klon des belgischen Viertels in Köln (nur mit mehr Galerien), um dann in die Einkaufsstraßen zu gelangen, die auch nur Klons anderer Einkaufsstraßen sind. Rechter Hand zur City liegt die Weser, dort schaute ich mir das Klimahaus, das deutsche Auswandererhaus und die alten Klappbrücken an. Auf dem Weg zurück lief ich noch bei der Großen Kirche vorbei, die ebenfalls nach Bürgermeister Smidt benannt ist. Ob der Dom zu Köln mal Henriette-Reker-Gedächtniskirche heißen wird? Ich bezweifele es.

Zurück im Hostel blitzkühlte ich mir einen Wein, den ich mir zwitschere, während ich dies schreibe.

Morgen geht es denn richtig los, ich hoffe nur, die Lotsen sind nicht bei Chaos-Claus gewerkschaftlich organisiert. Ein Wermutstropfen ist, dass sich laut eines Berichtes die Landgangbestimmungen für Kreuzfahrer in Dänemark verschärft haben. Reichte bis gestern eine Impfung, muss ab heute ein aktueller Test vorgelegt werden. Na, ich bin sicher, die Reederei stemmt das.

Bis morgen, wenn Ihr mögt, und liebe Grüße aus dem Norden. Euer Gerald

Wirkt das Deo noch? Ach, geht noch.

Prolog: Skandinavien – Endlich wieder reisen!

Ihr Lieben,

meine Urlaubszeit stand schon recht lange fest, immerhin muss ich mich ja mit Kolleginnen und Kollegen absprechen. Und seitdem ging auch das Gehadere los. Was kann man denn wie wo und wann machen? Soll ich mit dem Auto fahren? Oder soll ich eine Flugreise buchen, die ich kurzfristig stornieren kann? Soll ich mit Elke ein paar Tage an die deutsche See fahren? Diese Unwägbarkeit und Unbestimmtheit hat mich ziemlich frustriert. Zugegeben: Ein absolutes Luxusproblem!

Dann bekam ich einen Newsletter von Phönixreisen. Mit denen war ich schon im östlichen Mittelmeer, vor den Küsten Südostafrikas und in Indochina. Kurze Reisen seien im Programm. Norwegen in sieben Tagen. Danach Dänemark und Umgebung (hier Norwegen, Schweden und Deutschland) in neun Tagen. Alles fast schon ausgebucht. Ich fragte an. Man hatte jeweils noch eine kleine Innenkabine für die erste Reise und dann eine Außenkabine für die zweite Tour für mich.

Obwohl es nicht die preiswerteste Art ist, zu verreisen, buchte ich. Wohl wissend, dass auch noch Getränke und Ausflüge auf das Reisebudget aufgeschlagen werden müssen. Aber sobald ich das Wort „verbindlich“ in meiner Antwortmail benutzt hatte, war alles entschieden. Und dann durchströmte mich eine warme Welle der Vorfreude! Endlich wieder auf dem Wasser! Endlich wieder reisen! So muss es sich anfühlen, wenn man sich mal wieder verliebt! 🙂

Ich war seit Monaten ein wenig unentspannt, da ich ja schon meine 5 Wochen Dezemberurlaub 2020 statt in einer Sprachschule in Spanien zuhause im Nieselregen verbringen durfte. Ich wollte keinesfalls dem Ganzen drei ähnliche Wochen im August hinzufügen. Problematisch war, dass mich lange niemand impfen wollte. Nicht alt genug (naja, immerhin), nicht krank genug, nicht nichts genug. Ich sah mich schon mit Cora die Kölner Autobahnringe entlang düsen. Wieder und wieder und wieder. Aber die Lage – wie wir alle wissen – hatte sich recht bald entspannt. Plötzlich riefen mich dutzende Praxen an, sie könnten mich impfen. Eine lange Geschichte, die ich gerne mal bei einem Glas Punsch im Dezember vorm Kamin zum besten gebe. Aber Ende vom Lied: Ohne große Nebenwirkungen war ich plötzlich geimpft und somit reisefähig.

Die beiden Kreuzfahrten werden mich in Norwegen bis an den Geirangerfjord im Norden, auf der Rückreise zum Starthafen Bremerhaven über Flaem und Bergen und dann auf der zweiten Reise u.a. über Oslo, Kopenhagen und Bornholm führen. Sechzehn Nächte und siebzehn Tage bin ich so unterwegs und hoffe, dass der Wettergott mitspielt…. und ja…. auch der Covidgott.

Ich gehe davon aus, dass ich nicht immer eine Internetverbindung haben werde. Also: Wenn Ihr mal nichts von mir lest, dann bin ich wahrscheinlich nicht von Rentieren zum Nordpol verschleppt worden, um dort als Elfe (die ich eigentlich spätestens seit der Postleitzahlenreform ja auch nicht mehr bin) dem Weihnachtsmann dienen zu müssen. Wir sind dann wahrscheinlich einfach in einem Funkloch. Und… ähm… wenn dann doch… äh… käme doch bestimmt jemand, um mich zu befreien! Oder? Bringt vorsichtshalber zwei Schlitten mit, es soll dort Lebkuchen geben.

Ich hoffe, Ihr guckt dann ab dem 24. August ab und zu mal hier rein, ich würde mich über Euren Besuch sehr freuen! Und ich hoffe zudem, Ihr habt dann auch ein bisschen Freude an meinen kleinen Schilderungen.

Heia! Skol! Hej! Ja. Bis dann!