Nilkreuzfahrt, Tag 1: Assuan

Ihr Lieben,

das Schiff ist schön! Natürlich ist die Kabine nicht riesig, aber man kann es gut zwei Wochen aushalten. Es riecht leider ein bisschen nach Schiffsöl und es ist sehr hellhörig, aber an das erste gewöhnt man sich vielleicht, und für, oder besser gegen das zweite gibt es Ohrstöpsel.

Das Frühstücksbuffet ist ausreichend, es gibt Obst, frische Eierspeisen und der Kaffee ist trinkbar; mehr braucht man ja eigentlich nicht. Geschlafen habe ich nicht so gut, nur etwa drei Stunden. Da wir aber morgen sehr früh aufstehen müssen, ist es ja nicht schlecht wenn ich heute Abend früh müde bin. Während des Essens zogen Karawanen von Touristen und Lebensmittellieferanten an uns vorbei. Ist so, wenn 5 Schiffe gleichzeitig hintereinander vertäut am Ufer liegen. Geschätzt liegen hier 28.207 Schiffe mit je 75 Passagieren. Die verbrauchen eine Menge Tomaten und Zwiebeln!

Nach dem Frühstück erkundeten Rolf, Otto und ich ein wenig die Umgebung des Schiffes. Man kann leider keine 5 m weit gehen, ohne dass man bedrängt wird, eine Feluken-Fahrt zu machen, eine Pferdedroschke zu mieten oder zum Basar geleitet zu werden. Das ist schon arg lästig. Eine durchgehende Uferpromenade gibt es irgendwie nicht. Schon morgens ist es hier brüllend heiß, so dass wir auf unserem Spaziergang vom Fluss zur anderen Seite wechselten, um im Schatten zu sein. Haben wir ein paar schöne allererste Eindrücke von Assuan und dem Nil gewonnen. Auf dem Rückweg erlebten wir einmal das heimische Temperament, als – wohl bei einem Streit um ein Taxi – eine Handvoll Menschen einen Streit anfingen, der sich dann zu einer Massenkundgebung ausweitete. Wir zogen es vor, nicht zu fragen, ob wir behilflich sein könnten.

Vor dem Mittagessen versammelten wir uns auf dem Oberdeck, hier kann man sehr gut verweilen. Das Mittagessen wurde sehr früh angesetzt, damit wir alle um 13 Uhr zum fakultativen Ausflug bereit waren. Da ich erst zwischen 9 und 10 Uhr gefrühstückt hatte, habe ich mich beim Mittagessen zurückgehalten.

Ziel des ersten Ausflugs war der Steinbruch mit dem sogenannten unvollendeten (beziehungsweise misslungenen) Obelisken. Wenn ich es richtig verstanden habe, ein von Königin Hatschepsut in Auftrag gegebener, 30 Meter langer Monolith, der bei der „Aushebung“ barst und daher unbrauchbar war. Heute kann man an den Ausgrabungen sehen, wie ägyptische Steinmetze gearbeitet haben: man hat mit weichem Stein Granit aus dem Gebirge durch pure Muskelkraft freigestellt. Schon eine Meisterleistung und definitiv nicht mein Job.

Zweiter Stopp war der neue Staudamm, der den Nil zum Nassersee staut. Der Stausee ist so riesig, dass er bis in den Sudan reicht. Wir reden über durchchnittlich 150 Kubikkilometer Wasser! Früher konnte die im Turbinenwerk gewonnene Elektrizität ganz Ägypten versorgen, heute reicht es für 10% der Grundversorgung. Wir sind über diesen neuen Hochdamm gefahren und konnten auch einen Blick auf die alte Staumauer werfen. Von userem Reiseleiter Achmed erfuhren wir viel über die Politik der Entstehungszeit und wie viel Einfluss das Land hat, das die Hoheit über das Wasser besitzt. Das zieht sich bis in die heutige Zeit, in der Äthiopien theoretisch in der Lage wäre, Ägypten das Wasser abzudrehen. Die stationieren dafür Truppen in Somalia (mit dem Wissen, die arabische Liga hinter sich zu haben). Über die internationalen Verwicklungen in diesem Zusammenhang kann man wahrscheinlich Buchreihen schreiben. Auf jeden Fall ein kolossales Bauwerk mit tollen Ausblicken auf den Nassersee. Eine architektonische Besonderheit dann das Monument der ägyptisch-russischen Freundschaft, das aus 5 Pfeilern besteht, und von oben betrachtet einer Lotusblume gleicht.

Ausflugshöhepunkt war der Besuch des Philae-Tempels, auf einer vorgelagerten Insel vor Assuan, zu der wir mit einem Boot transportiert wurden. Das ist ein wirklich schöner Tempel, hat aber furchtbar viele Gravuren, von denen wir gefühlt jede erklärt bekommen haben. Götter, Pharaonen, Symbole, Kartuschen; das ist bis zu einem bestimmten Punkt noch ganz interessant, wird aber sehr schnell ermüdend. Am Abend war ich dann auch entsprechend überinformiert und erschöpft. Auch hier Händler, die sich sehr gefreut hätten, wenn ich Eure Mitbringsel bei ihnen besorgt hätte. Ja, und Ihr hättet Euch bestimmt auch mega gefreut! So schön waren die angebotenen Preziosen! Erstaunlich war übrigens noch, dass, sobald Katzen auftauchten, alle Touristengruppen vergaßen, dass es hier um Götter, Gräber und Schriftgelehrte geht und miaulauteimitierend um die possierlichen Tierchen umherschlichen. Skurril!

In 30 Minuten ging es dann wieder Richtung temporärer Heimat. Auf dem Sonnendeck haben wir die Erfahrungen des Tages bei einem Getränk ausgetauscht, das dauerte bei einigen von uns ein bisschen, so dass wir nahtlos zum Abendessen gehen konnten. Das war erfreulich lecker. Den Absacker des Tages nahmen wir wieder auf dem Sonnendeck. Ohne Sonne natürlich.

Morgen wird es für mich problematisch. Wir sollen um 3:30 Uhr aufstehen, um um 4:30 Uhr Richtung Abu Simbel zu fahren. Kurzerhand mal einfach die Zeit ein bisschen nach vorne verlegt. PUH! Aber Abu Simbel ist ja ein Muss.

Sehen wir uns vor den Tempeln? Würde mich freuen. Ich erkläre dann auch gerne jede einzelne Schnitzerei!

Liebe Grüße, Euer Gerry

P.S.: Unser Reiseleiter behauptete, die Theorie, dass die Pharaonen Aliens gewesen wären, könne nicht aufrecht erhalten werden. Ich aber habe einen aztekischen Alien-Gott in den Felsschnitzereien hier entdeckt. Ich denke, ich bin einer großen Sache auf der Spur! Von welcher außerirdischen Macht wird unsere Reiseleitung gesteuert?

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