Labas vakaras iš Klaipėdos!
Heute habe ich nicht so wahnsinnig viel erlebt, da ich die meiste Zeit im Auto verbracht habe. Und Autofahren ist hier ja eher ein unspektakuläres Ereignis. Wobei ich meine, zwischen den baltischen Fahrern kleine Unterschiede ausgemacht zu haben. Hier in Litauen fährt man eher etwas forscher. Naja, die Selbstmordrate ist ja hier scheinbar auch höher als anderswo.
Damit aber das Tagebuch heute nicht nur aus zwei kurzen Anekdoten besteht, hier ein kleiner baltischer Sprachkurs. Ich frage das dann zuhause ab:
Gegen 10 Uhr brach ich in Vilnius auf in das ca. 30 Minuten entfernte Trakai. Der ganze Ort hat einiges zu bieten, aber aufgrund meines zweiten Ziels und der insgesamt langen Strecke konzentrierte sich mein Besuch ganz auf die Wasserburg. Also, man möchte sich nicht vorstellen, was da in der Hauptsaison los sein mag. Denn schon Hunderte von Metern vor der Festung winkten Babuschkas die Autos auf ihre Hinterhöfe. Was aber beim heutigen Besucherandrang zwecklos war, denn die zwar kostenpflichtigen, aber bezahlbaren Parkbuchten waren noch lange nicht alle belegt.
Die Burg liegt malerisch mitten in einem See. Sie könnte aus einem Disneyfilm stammen. Ganz klar ist mir auch nicht, wie alt oder neu bestimmte Teile der Burg sind. Einiges sieht aus wie frisch dahingemauert.
Es gibt viele kleine Ausstellungen, man kann sich einen Marathon über Treppen, Stiegen, Wege und Zimmer erlaufen, und erlebt eine wirklich enorm instandgesetzte mittelalterliche Anlage. Sehr sehenswert und hübsch das alles. Wenn man mag, kann man auch mit einem Boot auf dem See rumschippern, entweder mit einem Kapitän auf einem größeren Exemplar oder unter Einsatz seiner Beinmuskulatur auf einem kleineren Exemplar.
Kaunas ließ ich links liegen und begab mich – einen ziemlichen Umweg hinnehmend – zum Berg der Kreuze. Dieser Wallfahrtsort liegt mitten in der litauischen Pampa. Ich wurde mal wieder teilweise über Schotterpisten dahingeführt. Mein armer Ludwig. Ging wahrscheinlich auch anders, aber ich habe den Menüeintrag „Schotterpisten NEIN“ im Navi noch nicht gefunden. Zwischendurch hatte ich ein bisschen Benzinpanik, da partout auf der ganzen Strecke keine Tanke sichtbar war. Ich habe das aber durch einen kleinen Abstecher in eine größere Ortschaft gelöst. Die Dame an der Kasse war zum Plaudern aufgelegt, sprach aber nur Litauisch. Und „Ja, nein, danke, Prost“ hätte mir da nur wenig geholfen.
Was soll ich sagen? Ich erwartete einen mystischen und spirituellen Ort. Aber es war vor allen Dingen eins: gespenstisch. Die Geschichte dieses Kreuzberges ist interessant, eine Art Symbol des Widerstandes der Litauer gegen vor allem die sowjetischen Besatzer und der Katholiken gegen die Kommunisten. Bewundernswert. Aber leider ist für mich diese Ansammlung religiöser Kultobjekte, die im starken Wind auch noch akustisch nach Aufmerksamkeit heischen, ein bisschen zu viel. Die Touristen, die dann laut schnatternd durch die Kreuze stapften, taten ihren Teil dazu. Angegruselt habe ich mich wieder entfernt.
Bis nach Klaipeda, meinem Bestimmungsort für die kommenden beiden Nächte, musste ich dann noch zweieinhalb Stunden fahren. Ich kam gegen 18 Uhr dort an und landete auf einem Hinterhof, wo mir das Navi erklärte, ich habe mein Ziel erreicht. Leider versäumte ich es, ein Foto zu machen. So ein anheimelnder Hinterhof! Da hätte ich gerne gepennert. Nachdem Google Maps sich weigerte, einzusehen, dass es falsch lag, ließ ich den Wagen dort auf dem Hof stehen und fragte mich bei den spärlich hier herumlaufenden Menschen nach dem Hotel durch. Einen Block weiter fand ich es dann, holte den Wagen und checkte ein. Ganz nett, aber Entzückensschreie kann ich zurückhalten.
Ein erster Erkundungsgang ergab, dass es auch in der Sonne inzwischen frisch ist, also bereute ich, meine Jacke im Auto gelassen zu haben. Zum zweiten stellte sich heraus, dass offensichtlich auch anderen zu frisch war, sich draußen herumzutreiben. Es ist wie ausgestorben hier. Sehr nachsaisonal. Und leider auch nicht allzu sehenswert. Ich war am Kastell, an dessen Ufern sich hunderte von Yachten schmiegen, am zentralen Platz und in der Haupteinkaufsstraße. Naja. Nett. Nett und leer und frisch.
Im Hotel wird gerade eine Hochzeit gefeiert, aber eher im kleinen Stil. Ich hätte mich sonst daruntergemischt. Daher ist das Hotel auch gut ausgebucht.
Ja, Ihr Lieben. Morgen wandele ich dann auf den Spuren von Thomas Mann, der oft an der kurischen Nehrung seine Sommerfrische verbrachte. Und versuche, das Ännchen zu finden.
Bis denne! Euer Gerald
Und was bedeutet Vier Winde Kölsch Stil-Bier? Bier übrigens: alus, olu, alus…